«Es liegt vor allem an den Reisenden, sich gut auf die Ferien vorzubereiten»

Artikel, 07.07.2015

Die Reisehinweise sind vor der Abreise in die Ferien eine wichtige Informationsquelle. Bei Problemen vor Ort unterstützen die Mitarbeitenden der Helpline EDA Schweizer Staatsangehörige in einer Notlage. Hans Peter Heiniger, Chef der Helpline, fasst die wichtigsten Vorsichtsmassnahmen zusammen, die Reisende diesen Sommer treffen sollten, damit ihre Ferien ohne unnötige Zwischenfälle verlaufen.

Hans Peter Heiniger
Hans Peter Heiniger, Chef der Helpline.

Welche Probleme veranlassen Schweizerinnen und Schweizer am häufigsten, in ihren Ferien die Helpline des EDA zu kontaktieren?

Visaprobleme und vergessene oder gestohlene Pässe und Identitätskarten. Solche Fälle haben wir täglich! Deshalb ist es sehr wichtig, sich vor der Abreise bei der Botschaft des Reiselands zu erkundigen, ob ein Visum erforderlich ist, und den Pass immer im Hotel zu lassen. In den meisten Fällen genügt es, eine Kopie auf sich zu tragen. Dieser Punkt sollte allerdings auf der Internetseite mit den Reisehinweisen des EDA, mit der entsprechenden Botschaft oder mit dem Hotel überprüft werden.

Was raten Sie Personen, die sich melden, weil ihnen der Pass oder die Identitätskarte gestohlen wurde?

Wir empfehlen ihnen, bei der örtlichen Polizei eine Verlustanzeige zu machen und Kontakt mit ihrer Fluggesellschaft aufzunehmen, um abzuklären, ob die Rückreise ohne Identitätsausweis möglich ist. Falls dies nicht der Fall ist, stellt ihnen die Schweizer Vertretung vor Ort – die Botschaft oder das Konsulat – für die Rückreise in die Schweiz einen provisorischen Pass aus.

Welche anderen Fälle sind ebenfalls häufig?

Krankheiten, Spitaleinweisungen, Todesfälle und Inhaftierungen. Hier ist daran zu denken, dass in einem Land wie den USA ein einziger Spitaltag bis zu 10'000 Franken kosten kann! Deshalb ist es wichtig, eine Reiseversicherung abzuschliessen, denn die Grundversicherung der Krankenkasse reicht nicht aus. Ausserdem müssen sich Reisende in einer Arztpraxis erkundigen, welche medizinischen Massnahmen vor der Reise sonst noch notwendig sind, zum Beispiel Impfungen. Schliesslich ist es ratsam, sich über die Gesetze im Zielland zu informieren und sich unbedingt daran zu halten: Das Rauchen von Cannabis oder fehlender Respekt gegenüber dem König können zum Beispiel in Thailand mit Gefängnis bestraft werden. Deshalb liegt es vor allem an den Reisenden, sich gut auf ihre Ferien vorzubereiten, Reiseführer zum Ferienland zu lesen und die Informationen zu nutzen, die das EDA bereitstellt.

Welche Art von Informationen sind das?

Wir haben einerseits die Internetseiten mit Reisehinweisen für 176 Länder. Diese Seiten liefern Informationen zur Sicherheit in den Bereichen Politik und Kriminalität. Sie enthalten eine Einschätzung der möglichen Risiken und Empfehlungen zu Vorsichtsmassnahmen. Wir stellen auch eine Checkliste zur Verfügung, die vor jeder Reise konsultiert durchgegangen werden sollte (siehe nachfolgendes pdf, Anm. Red.), und Videos mit einem Überblick zu den erforderlichen Vorsichtsmassnahmen vor einer Reise. Ausserdem sind wir auf Twitter präsent. Schliesslich können sich Schweizerinnen und Schweizer vor oder während ihrer Reise auf unserer Web-Plattform Itineris registrieren und die kostenlose Anwendung für Smartphones herunterladen.

Was ist der Nutzen von Itineris?

Falls sich die Sicherheitslage in einer Weltregion unerwartet wesentlich verschlechtert, können Personen, die sich auf Itineris registriert haben, vom EDA lokalisiert werden, und sie erhalten ein SMS oder eine E-Mail. Diese Nachrichten können verschiedener Art sein. Manchmal fragen wir nur nach, wie es einer Person geht und ob sie Hilfe braucht. Beim Erdbeben in Nepal im vergangenen April konnten wir zum Beispiel die auf Itineris registrierten Personen rasch lokalisieren und ihre Angehörigen beruhigen. In anderen Fällen können wir die Reisenden bitten, mit der nächsten Schweizer Vertretung Kontakt aufzunehmen oder ihnen mitteilen, dass die Reisehinweise für die Region, in der sie sich befinden, geändert wurden. Das kann vorkommen, wenn ein bewaffneter Konflikt ausbricht. Die Itineris-App ergänzt dieses Angebot mit einem direkten Zugang zu den Reisehinweisen und den Nummern und Adressen der nächsten Schweizer Vertretungen des entsprechenden Ferienlands.  

Auf welchen Quellen basieren die Reisehinweise? Manchmal können die Erfahrungen, die jemand in einem Land macht, ganz anders aussehen als die auf diesen Seiten dargestellte Situation... Wie ist das zu erklären?

Wir arbeiten unabhängig von den Reisebüros und konzentrieren uns auf die Risiken in den Zielländern. Unsere Seiten zeichnen manchmal ein eher düsteres oder beunruhigendes Bild von gewissen Ländern. Unsere Aufgabe besteht nicht darin, die Freundlichkeit der Bevölkerung oder die Schönheit der Strände hervorzuheben, sondern den Schweizer Staatsangehörigen möglichst viele Informationen zu liefern, die dazu beitragen, dass ihre Reise reibungslos verläuft. Unsere Informationsquellen wählen wir nach strengen Massstäben aus: Die wichtigsten sind unsere Botschaften und Konsulate vor Ort.

Zum Sommer 2015...

Ein kleines Flugzeug auf einer Europaskarte
© Keystone

Zur schwierigen Situation in Griechenland: Welche Vorsichtsmassnahmen empfehlen Sie Schweizerinnen und Schweizern, die ihre Ferien in diesem Jahr dort verbringen?

Wir empfehlen den Schweizer Staatsangehörigen, welche die Helpline anrufen, möglichst vieles aus der Schweiz im Voraus zu bezahlen: Rückflug, Hotel, Mietauto, Mahlzeiten... Ausserdem sollten sie mehr Bargeld mitnehmen als normal, aber nur das Nötigste auf sich tragen, da es schwierig sein könnte, Geld bei Banken abzuheben. Die Reisenden müssen sich je nach Entwicklung der Situation vor allem bei ihren Reisebüros informieren.  

Wie sieht es in diesem Sommer mit anderen heiklen Weltregionen aus?

Wir raten unter anderem weiterhin ab von Reisen nach Syrien, Somalia, in den Südsudan und in die vom bewaffneten Konflikt betroffenen Gebiete der Ukraine. Es ist wichtig, dass Reisende die Reisehinweise lesen, bevor sie buchen. Diese enthalten auch Informationen zum Risiko von Entführungen und Terroranschlägen. 

Würden Sie noch nach Tunesien reisen, nachdem sich der Anschlag vom 26. Juni in einer touristischen Region des Landes ereignete?

Bereits seit mehreren Jahren weist das EDA darauf hin, dass die Gefahr von Terroranschlägen im ganzen Land besteht. Terroristische Handlungen sind jedoch leider in der ganzen Welt eine Gefahr, auch in Europa. Reisen ist immer mit gewissen Risiken verbunden. Der Entscheid zu reisen oder nicht liegt immer im Ermessen und der Eigenverantwortung der Reisenden.