23.10.2015

Eröffnungsrede von Botschafter Manuel Sager, Direktor DEZA. Kulturcasino Bern.

Rednerin/Redner: Manuel Sager

Sehr geehrte Damen und Herren,

Ich freue mich sehr, heute hier zu sein und diese Veranstaltung zu eröffnen. Es ist nicht selbstverständlich, dass ich diese Ansprache mit einem Rückblick auf einen erfolgreichen Prozess mit einem positiven Resultat verbinden kann. Noch vor drei Jahren – als wir die Arbeit an der neuen Agenda für nachhaltige Entwicklung in Angriff nahmen – stand in den Sternen, ob es jemals gelingen wird, alle Länder hinter einem derart umfassenden und ambitiösen Projekt zu vereinen. Und noch im Juli dieses Jahres, als ich die Schweizer Delegation an der dritten Entwicklungsfinanzierungskonferenz in Addis Abeba leitete, wo es bereits um die Umsetzung und Finanzierung der SDGs ging, war ungewiss, ob dies tatsächlich gelingen würde.

Aber schliesslich – wie sie alle wissen – haben wir es geschafft! Wir: das sind die 193 UNO-Mitgliedstaaten, aber nicht nur! Wir: das sind auch alle anderen, nicht-staatlichen Akteure, die äusserst aktiv an der Ausgestaltung der Agenda 2030 gearbeitet haben. Und das sind auch Sie, meine Damen und Herren, die sich in diesem nationalen Begleitprozess für den Schweizer Beitrag zur Agenda 2030 engagiert haben!

Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga hat im Rahmen des UNO-Gipfeltreffens in New York Ende September, an dem die neue Agenda verabschiedet wurde, gerade diesen partizipativen Charakter des internationalen und des Schweizer Engagements hervorgehoben und gelobt. Rückblickend wird heute deutlich, dass genau dieser Ansatz ein wichtiger Teil des Erfolgsrezepts war. Ich danke Ihnen allen für Ihren wertvollen Einsatz in den vergangenen Monaten und Jahren. Sie alle haben zum wichtigen Erfolg beigetragen, der in New York von mehr als 150 Staats- und Regierungschefs mit der Verabschiedung der Agenda 2030 gekrönt wurde. Ich freue mich, dass wir diesen gemeinsamen Erfolg im Anschluss an die heutige Veranstaltung anlässlich eines Apéros auch noch etwas feiern können.

Meine Damen und Herren

Wir wollen aber natürlich nicht nur einfach feiern um des Feierns willen. Wir wollen heute auch noch einmal genau hinschauen und zusammen erörtern, ob die Feier auch tatsächlich begründet ist. Worin besteht die vielgelobte Ambition der Agenda 2030 tatsächlich? Welches (Transformations-) Potenzial liegt wirklich in den neuen, universell gültigen Zielen für nachhaltige Entwicklung? Was können wir tun, um die Umsetzung der Agenda zu einem Erfolg zu machen? Denn, es liegt ja auf der Hand: Die richtige und wichtige Arbeit beginnt erst jetzt, ab 2016, wenn wir weltweit mit der Formulierung konkreter Massnahmen beginnen und diese dann auch umsetzen.

Für mich steht und fällt der Erfolg der Agenda 2030 aber auch mit ihrem Mobilisierungspotenzial. Gelingt es uns, das aktuelle positive Momentum in Tatkraft zu übersetzen und die Massen in den kommenden Monaten und Jahren für die Mitarbeit zur Erreichung dieser Ziele zu motivieren? Ich hoffe es! Zumindest wird diese Hoffnung von den positiven Erfahrungen mit den Millenniumsentwicklungszielen (den MDGs) in den vergangenen 15 Jahren genährt. Denn gerade deren weltweite Mobilisierungskraft – letztlich fast noch mehr bei den nicht-staatlichen als bei den staatlichen Akteuren – hat einen guten Teil des Erfolgs der MDGs ausgemacht.

Die folgenden fünf Erfolgsfaktoren sind für mich für die Agenda 2030 (neben der Mobilisierungskraft) von entscheidender Bedeutung:

1.   Der politische Willen: Die Staats- und Regierungschefs, die die Agenda 2030 in New York gemeinsam im Konsens verabschiedet haben, müssen nun auch deren Umsetzung ernst nehmen und vorantreiben.

2.   Die effiziente Übersetzung in den nationalen Kontext: Die globalen Ziele, Unterziele und Indikatoren müssen den jeweiligen nationalen Gegebenheiten angepasst werden. Hierbei werden unweigerlich auch Schwerpunkte gesetzt werden müssen. So gibt es in der Schweiz selbst beispielsweise sicherlich grösseren Handlungsbedarf bei der Umstellung auf nachhaltige Produktions- und Konsummuster als bei der nachhaltigen Nutzung der Meere und Ozeane.

3.   Die Definition konkreter Massnahmen: Jedes Land muss für sich klären – z.B. anhand konkreter Strategien –, in welcher Form es welche Beiträge zur Erreichung der globalen Ziele leistet. Für ein sogenanntes „Geberland“ wie die Schweiz liegt es auf der Hand, dass es zusätzlich zur nationalen Umsetzung auch seine Entwicklungspartnerländer in ihren jeweiligen Umsetzungsbemühungen unterstützt.

4.   Die Finanzierung der Massnahmen: Ich werde immer wieder gefragt, wie sich denn die für die Erreichung der SDGs jährlich erforderlichen 5 bis 7 Billionen US-Dollar finden lassen sollen. Hier verweise ich auf die Addis Abeba Aktionsagenda, welche ein Sammelsurium von Finanzierungsinstrumenten umfasst, die es einzusetzen gilt. Sowohl dieses Dokument als auch ein Blick auf die aktuellen internationalen Finanzflüsse machen deutlich, dass die Entwicklungszusammenarbeit (APD) nur einen kleinen Anteil an der Finanzierung der SDGs ausmachen wird. Sie bleibt in jedem Fall wichtig und wirkungsvoll, vor allem in den ärmsten und fragilen Kontexten. Im Gesamtkontext gesehen werden andere Finanzflüsse und -instrumente künftig jedoch wichtiger, allen voran die Mobilisierung inländischer Ressourcen (z.B. durch Steuererhebung), private Investitionen, nachhaltige Finanzanlagen (z.B. für Pensionskassengelder), öffentlich-private Mischfinanzierungen, die Unterbindung von Korruption und unlauteren Finanzflüssen usw. Das Geld ist vorhanden! Es müssen aber noch vermehrt Anreize geschaffen werden, um es in die richtigen Bahnen zu lenken und die nachhaltige Entwicklung zu fördern.

5.   Ein gutes Zusammenspiel aller relevanten Akteure: Die Agenda 2030 und die SDGs sprechen nicht nur die Regierungen an. Die privatwirtschaftlichen Akteure, die Zivilgesellschaft, die Wissenschaft, Parlamente usw. sind ebenfalls gefragt, sich im Rahmen einer neuen globalen Partnerschaft bzw. im Rahmen verschiedenster Multi-stakeholder-Partnerschaften für die Umsetzung zu engagieren.

Sie haben es sicher gesehen: Wir werden diese Diskussion zu Partnerschaften in der Schweiz bereits mit einer Veranstaltung am 24. November im Kursaal Bern lancieren. Sie sind herzlich eingeladen, am Start dieses nationalen „Dialogs 2030“ teilzunehmen.

Meine Damen und Herren

Die Agenda 2030 bietet eine Vielzahl von Herausforderungen, aber auch Chancen. Wenn wir alle das Potenzial der SDGs sowie dieser fünf Erfolgsfaktoren ernst nehmen, kann die Transformation zu einer nachhaltigen Entwicklung gelingen, die wirtschaftliche, ökologische und gesellschaftliche Anliegen miteinander vereint. Wir haben heute meiner Meinung nach also genügend Grund, etwas zu feiern. Nicht nur um den Erfolg des Abkommens und des Schweizer Engagements zu würdigen, sondern auch um den Aufbruch in eine neue, (hoffentlich) nachhaltige Ära einzuläuten.

Ich freue mich auf eine anregende Veranstaltung, an der (wie immer) auch Sie Ihre Ideen und Meinungen einbringen sollen. Ich wiederhole: Ohne Ihre Beiträge und Anliegen wäre auch der Schweizer Verhandlungserfolg nicht möglich gewesen. Die gemeinsam mit Ihnen erarbeitete Schweizer Position, hat unser Verhandlungsengagement in den vergangenen drei Jahren erfolgreich geleitet. Aber darüber wird nun Michael Gerber weiter ausführen.

Ich wünsche Ihnen nun eine spannende Veranstaltung zum Abschluss dieses nationalen Prozesses und freue mich bereits auf den nächsten betreffend die Umsetzung der Agenda 2030.

Vielen Dank!


Letzte Aktualisierung 29.01.2022

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