Besserer Schutz für Arbeitsmigranten im Nahen Osten

Artikel, 18.12.2014

Die Rechte von Migrantinnen und Migranten sind oft ungenügend geschützt. Die DEZA ist daher seit mehreren Jahren mit Projekten in den Herkunfts- und Zielländern der Migrantinnen und Migranten aktiv. Anlässlich des Internationalen Tags der Migranten am 18. Dezember 2014 erklärt Pascal Raess, Programmbeauftragter der DEZA in Jordanien, im Interview das Engagement der DEZA für Arbeitsmigrantinnen und Arbeitsmigranten im Nahen Osten.

Bauarbeiter machen eine Pause auf der Terrasse eines Gebäudes in Dubai. Im Hintergrund sind im Dunst zahlreiche Hochhäuser und das höchste Gebäude der Welt, der Burj Khalifa, zu erkennen. © Piotr Zarobkiewicz
Bauarbeiter in Dubai während einer Pause. Im Hintergrund das höchste Gebäude der Welt, Burj Khalifa. © Piotr Zarobkiewicz

Auf der Suche nach Arbeit und besserem Einkommen ziehen Menschen in andere Länder. Diese Arbeitsmigration ist ein wichtiger Aspekt für die Entwicklung der Herkunftsländer der Migrantinnen und Migranten, z.B. in Süd- und Südostasien: Die Arbeitsmigranten senden grosse Teile ihres Lohns nach Hause zu ihren Familien. In gewissen Ländern sind diese Geldüberweisungen enorm – so machen sie beispielsweise in Sri Lanka den grössten Anteil an Fremdwährungen aus.

Die meisten Migrantinnen und Migranten finden Arbeit in den Golfstaaten (Bahrain, Kuwait, Oman, Katar, Saudi Arabien, Vereinigte Arabische Emirate), Libanon, Jordanien oder Malaysia. Die Möglichkeiten, temporäre Arbeit zu finden, sind in diesen Staaten gross: Katar beispielsweise bereitet sich auf die Fussball-WM 2022 vor und braucht für die zahlreichen Grossbaustellen Arbeitskräfte. Die rechtlichen Rahmenbedingungen dieser temporären Stellen sind jedoch oft prekär. Vor allem wenig qualifizierte Migrantinnen und Migranten können Ausbeutung und Diskriminierung ausgesetzt sein. Migration und Entwicklung ist gemäss der Botschaft über die internationale Zusammenarbeit der Schweiz 2013–2016 ein prioritäres Thema der schweizerischen Entwicklungszusammenarbeit.

Die DEZA engagiert sich seit 2010 sowohl in den Herkunftsländern der Migrantinnen und Migranten in Süd- und Südostasien als auch in ihren Zielländern im Nahen Osten, wo die Schweiz zu den wenigen bilateralen Gebern im Bereich Migration und Entwicklung zählt. Wie genau die DEZA aktiv ist, erklärt Pascal Raess, Programmbeauftragter der DEZA in Amman.

Wie ist die Situation der Arbeitsmigrantinnen und Arbeitsmigranten aus Südasien, die im Nahen Osten arbeiten, und warum engagiert sich die Schweiz für ihren Schutz?

Der Nahe Osten zieht Millionen gering qualifizierter Arbeitskräfte an, hauptsächlich aus Süd- und Südostasien. Rund ein Drittel sind Frauen. Die Menschen verlassen ihre Heimat, weil es dort an Erwerbsmöglichkeiten fehlt. Sie sind auf der Flucht vor Armut und Arbeitslosigkeit, Gewalt oder Missbrauch,  dies gilt insbesondere für Frauen. Es sind starke Beweggründe, um auszuwandern. Obschon viele über die schwierigen Arbeits- und Lebensbedingungen im Nahen Osten Bescheid wissen, emigrieren sie trotzdem.

Angesichts der hohen Zahl schutzbedürftiger Migrantinnen und Migranten im Nahen Osten und der harten Arbeits- und Lebensbedingungen, denen vor allem gering qualifizierte Arbeitnehmende ausgesetzt sind, ist die Feldpräsenz der Schweiz in dieser globalen Migrationsdrehscheibe unerlässlich. Die Präsenz vor Ort ist auch für den Aufbau von Partnerschaften und Kontakten mit innerstaatlichen Ansprechpartnern, zivilgesellschaftlichen Organisationen und weiteren Partnern zentral.

Die DEZA ist auch in den Herkunftsländern wie Bangladesch, Nepal und Sri Lanka präsent. Dies ermöglicht der Schweiz, einen umfassenden und kohärenten Ansatz entlang des gesamten Migrationskorridors zu entwickeln und umzusetzen. Ausserdem kann das Netz der Schweizer Botschaften genutzt werden. Dies ist vor allem in den Golfstaaten wichtig, wo die DEZA nicht auf eine langjährige Feldpräsenz zurückblicken kann.

Mit welchen Schwierigkeiten sind Arbeitsmigrantinnen und Arbeitsmigranten in ihren Zielländern konfrontiert?

Die meisten gemeldeten Verstösse betreffen das Einziehen von Ausweispapieren, Vertragssubstitution (dabei wird der vor der Abreise aus dem Herkunftsland unterzeichnete Vertrag bei der Ankunft im Nahen Osten durch einen anderen, für die Arbeitnehmenden in der Regel nachteiligeren Vertrag ersetzt) oder Täuschungen in Bezug auf die Art der Arbeit sowie die Arbeits- und Lebensbedingungen. Weitere gemeldete Praktiken betreffen die Einbehaltung oder Nichtzahlung von Löhnen, überlange Arbeitszeiten, Zwangsüberstunden, Einschränkungen der Kommunikations- und Bewegungsfreiheit, verbale, physische oder sexuelle Gewalt und einen unzureichenden Zugang zur Justiz.

Erschwerend kommen die kulturellen und religiösen Unterschiede hinzu, Sprachbarrieren und das Fehlen eines sozialen Netzes. Ausserdem sind die Zugewanderten häufig hoch verschuldet und können nicht in ihre Heimat zurückkehren, bevor die Schulden abbezahlt sind. Den Arbeitsmigrantinnen und Arbeitsmigranten bleibt deshalb oft nichts anderes übrig, als die Arbeitsbedingungen im Nahen Osten zu akzeptieren.

Wie sieht die Unterstützung der DEZA genau aus?

Die DEZA arbeitet mit verschiedenen Partnern wie Behörden, zivilgesellschaftlichen Organisationen, Universitäten und nationalen Menschenrechtsorganisationen zusammen. Ein konkretes Beispiel ist die Zusammenarbeit der DEZA mit zivilgesellschaftlichen Organisationen in Jordanien. Die DEZA unterstützt die Fortbildung von Anwälten, um diesen die völkerrechtlichen Rahmenbestimmungen und deren mögliche Anwendung in Jordanien nahe zu bringen. Ziel dieser Lehrgänge ist die Stärkung einer innovativen Rechtsprechung, die schrittweise zu einer besseren Umsetzung der Rechtsvorschriften und einem verbesserten Schutz der Rechte von Arbeitsmigrantinnen und Arbeitsmigranten führen soll.

In einer Sonderwirtschaftszone, in der Textilien für den Export produziert werden, lancierte die DEZA ein Programm für Rechtsdienstleistungen, um den Bitten um Rechtsbeistand von Migrantinnen und Migranten aus Sri Lanka, Bangladesch und Myanmar nachzukommen. Diese schrecken häufig davor zurück, in Jordanien rechtliche Schritte einzuleiten.

Was ist die grösste Herausforderung bei Ihrer Arbeit und welches Resultat hat Sie in letzter Zeit besonders gefreut?

Der Nahe Osten war in den vergangenen Jahrzehnten mit enormen Flüchtlingsströmen konfrontiert. Der grosse Zustrom von Flüchtlingen ist weiterhin eine Herausforderung für die lokale Gesellschaft und den lokalen Arbeitsmarkt. Diese Entwicklung gefährdet weitere gesellschaftliche Gruppen, insbesondere schutzbedürftige Mitglieder der Aufnahmegesellschaft, andere Arbeitsmigrantinnen und Arbeitsmigranten und die Flüchtlinge selber.

Die Schweiz erzielte ein sehr positives Ergebnis mit der Unterzeichnung eines Memorandum of Understanding mit dem Nationalen Menschenrechtsausschuss Katars im Sommer 2014. Der Zeitpunkt für diese Zusammenarbeit ist günstig, weil damit eine enge Kooperation zur Gewährleistung eines besseren Sozialschutzes der Arbeitsmigrantinnen und Arbeitsmigranten während der wichtigen Jahre bis zur Fussball-Weltmeisterschaft 2022 in Katar ermöglicht wird.

Weiterführende Informationen

Links

DEZA: Arbeitsmigration

https://www.eda.admin.ch/deza/de/home/themen/migration/arbeitsmigration.html

DEZA: Mehr Rechte und Schutz für Arbeitsmigrantinnen und Arbeitsmigranten in Südasien und im Nahen Osten

https://www.eda.admin.ch/deza/de/home/aktuell/news-medienmitteilungenartikelundreden.html/content/deza/de/meta/news/2013/10/16/rechte-schutz-arbeitsmigranten

Dokumente

Flyer Migration und Entwicklung – ein Globalprogramm der DEZA

https://www.eda.admin.ch/content/dam/deza/de/documents/Themen/resource_de_229271.pdf