Nachhaltige Perspektiven für junge Menschen in Afrika

Artikel, 09.02.2018

Drei farbenfroh gekleidete junge Malierinnen vor einem Haus
Die Schweiz engagiert sich für bessere Zukunftsperspektiven junger Menschen in Westafrika. Sie ist in den Bereichen Bildung und Zugang zu Entscheidungsgremien aktiv. © DEZA/Dominic Nahr

Zu den Schwerpunktthemen des DEZA-Engagements in Benin, Burkina Faso, Mali, Niger und Tschad gehören die Schaffung von Berufsmöglichkeiten für junge Menschen, die Prävention des gewalttätigen Extremismus, Migration und Rohstoffe. In den nächsten Jahren steht der Aufbau des bürgerlichen Bewusstseins im Zentrum des Engagements. Chantal Nicod, Chefin der Abteilung Westafrika, erläutert die Herausforderungen.

Portrait von Chantal Nicod
Chantal Nicod, Chefin der Abteilung Westafrika der DEZA. © DEZA

Die Schweiz hat ihre Kooperationsstrategien in Benin, Burkina Faso, Mali und im Tschad für weitere vier Jahre erneuert. Wo liegen die Prioritäten? Was ist der gemeinsame Nenner des Engagements der Schweiz?

Die Schweiz legt ein besonderes Augenmerk auf die Jugend, die Prävention des gewalttätigen Extremismus, die Rohstoffe und die Migration. Diese Themen sind in allen drei Handlungsfeldern zu berücksichtigen, die für die Schwerpunktländer der DEZA in Westafrika definiert wurden: ländliche Entwicklung und Ernährungssicherheit, Bildung sowie Gouvernanz. Der Aufbau des bürgerlichen Bewusstseins ist für die Entwicklung eine wichtige Voraussetzung, weil es die Menschen befähigt, ihre Rechte und Pflichten in einer Gesellschaft wahrzunehmen. Es erlaubt die Mitgestaltung des Zusammenlebens und bildet eine wichtige Basis für die Prävention von Konflikten und Gewalt. Hier liegt der gemeinsame Nenner des Engagements der Schweiz in Westafrika.

Was bedeutet «Aufbau des bürgerlichen Bewusstseins» konkret?

Der Aufbau des bürgerlichen Bewusstseins bezweckt, dass die Menschen in einem Land ihre Rechte und Pflichten sowie die Grundregeln für das Funktionieren einer Gesellschaft kennen. Erst dann können sie aktiv am Zusammenleben sowie am politischen, wirtschaftlichen und sozialen Geschehen im Geiste des Dialogs und des Friedens teilnehmen.

Burkina Faso, Mali und der Tschad sind immer wieder Ziel terroristischer Angriffe. Wie beabsichtigt die Schweiz, ihr Engagement in diesem zunehmend instabilen und fragilen Kontext fortzuführen?

Die DEZA muss in der Lage sein, ihre Aktivitäten laufend anhand dreier wichtiger Aspekte dem jeweiligen Kontext anzupassen. Erstens mittels Komplementarität von Entwicklungszusammenarbeit und humanitärer Hilfe, denn diese beiden Interventionen sind oft gleichzeitig erforderlich. Ein Beispiel sind Bildungsprojekte, die der Realität von Migrantinnen und Migranten angepasst sind, indem sie in die Schulen der Empfangsorte integriert werden. Zweitens durch eine systematische Anwendung eines konfliktsensitiven Programmmanagements: Wie können wir mit unseren Aktivitäten zu Frieden oder Konfliktprävention beitragen? Beispielsweise indem wir auf lokaler und nationaler Ebene Dialogmechanismen unterstützen, die helfen, Konflikte auf konstruktive Weise statt mit Gewalt zu lösen. Und drittens mit Flexibilität bei den Modalitäten unserer Aktivitäten, was deren Wirksamkeit gewährleistet und die Sicherheit unseres Personals garantiert. Wenn zum Beispiel die Lage in einer Region kein Monitoring der Programme im Feld zulässt, braucht es einen vertrauenswürdigen Partner, der die Programme durchführen und kontrollieren kann.

Angesichts des raschen Bevölkerungswachstums fehlt es den Jugendlichen in diesen Ländern an Zukunftsperspektiven. Wie geht die DEZA mit dieser Problematik um?

In den westafrikanischen Ländern, in denen die DEZA präsent ist, gelangen jedes Jahr 250’000 bis 400’000 junge Menschen ohne geeignete Ausbildung auf den Arbeitsmarkt. Bildung im Sinne von Grundbildung und Berufsbildung ist also von entscheidender Bedeutung. Doch sie allein genügt nicht. Die Jugendlichen müssen merken, dass sie ihr Umfeld beeinflussen können. Deshalb ist es genauso wichtig, dass sie einen besseren Zugang zu den Entscheidungsinstanzen haben, sowohl zu den öffentlichen (z.B. Lokalregierung) als auch zu den privaten (z.B. im Rahmen von Bauernverbänden). In diesem Zusammenhang ist es jedoch schwierig, Kanäle zu finden, die sich für die Realität der Jugend von heute eignen. Die DEZA wird in Zukunft ihre Partnerschaften ausbauen und beispielsweise Jugendvereine und soziale Bewegungen einbeziehen. Und schliesslich birgt auch Kultur ein grosses Potenzial zur Mobilisierung von Jugendlichen, das wir ausloten wollen.