Rückkehr und Wiedereingliederung afghanischer Flüchtlinge

Artikel, 10.05.2012

Langfristige Lösungen für die afghanischen Flüchtlinge zu finden, war das Ziel der «Internationalen Konferenz zur afghanischen Vertreibung», die am 2. und 3. Mai 2012 in Genf stattfand. Die neu verabschiedete Strategie setzt Schwerpunkte bei der freiwilligen Rückkehr, der langfristigen Wiedereingliederung und der Unterstützung der Gastländer. Die Konferenz ist als Erfolg zu werten, sowohl für Afghanistan, Iran und Pakistan, denen die internationale Gemeinschaft Unterstützung zugesagt hat, als auch für die Schweiz als Gastgeberin und Fazilitatorin bei der Lancierung der neuen Strategie.

«Es hat sich gezeigt, dass die afghanischen Flüchtlinge in grosser Zahl zurückkehren können, wenn die Bedingungen für eine Rückkehr günstig sind. Sie haben sich immer gewünscht, in ihr Land zurückzukehren. Deshalb tragen wir gemeinsam eine Verantwortung dafür, ihnen zu helfen und ihre legitimen Anliegen aufzunehmen». Mit diesen Worten richtete sich António Guterres, UNO-Hochkommissar für Flüchtlinge, an die internationale Gemeinschaft, die sich kürzlich in Genf traf, um über das Problem der afghanischen Flüchtlinge zu diskutieren.

Die im Hinblick auf die «Internationale Konferenz zur afghanischen Vertreibung» erarbeitete Strategie verfolgt zwei Ziele: Asylmöglichkeiten für die afghanischen Flüchtlinge in den Nachbarländern für mindestens drei Jahre zu sichern und eine langfristige Wiedereingliederung für Flüchtlinge zu finanzieren, die in ihre Heimat zurückkehren wollen.

In der gemeinsamen Mitteilung, die zum Schluss der Konferenz verabschiedet wurde, legt Afghanistan den Schwerpunkt auf die Wiedereingliederung der Flüchtlinge und Vertriebenen. Die afghanische Bevölkerung soll nicht mehr gezwungen sein, das Land auf der Suche nach einem Auskommen zu verlassen, sondern es gilt, langfristig überlebensfähige Gemeinschaften aufzubauen. Deshalb betonten die Teilnehmenden der Konferenz, dass es wichtig sei, das Entwicklungs- und Wiedereingliederungspotenzial der Gemeinschaften zu stärken, die in Afghanistan zurückkehrende Flüchtlinge aufnehmen.

In der Islamischen Republik Iran stehen die Unterstützung für eine Rückkehr von Flüchtlingen nach Afghanistan und Hilfe bei der langfristigen Existenzsicherung nach der Rückkehr im Zentrum. Pakistan wird sich stärker auf die freiwillige Rückkehr und Hilfe an die Gastgemeinschaften konzentrieren. Die internationale Gemeinschaft ist sich der wirtschaftlichen und sozialen Kosten sowie der ökologischen Auswirkungen dieser seit Langem bestehenden Situation für Iran und Pakistan bewusst und hat bekräftigt, dass die internationale Gemeinschaft diese Belastung mittragen muss. In der Mitteilung sichert sie diesen Ländern zu, dass sie die humanitären Bedürfnisse der afghanischen Flüchtlinge und der Gemeinschaften, die solche Flüchtlinge aufnehmen, decken will.

Intelligente Lösungen für eine komplexe Situation
Die gemeinsam vom UNO-Hochkommissariat für Flüchtlinge (UNHCR) und der Schweiz präsidierte Konferenz empfing Delegationen der drei am stärksten von der Frage der afghanischen Flüchtlinge betroffenen Staaten Afghanistan, Iran und Pakistan. Zudem diskutierten Vertreterinnen und Vertreter von über 40 Ländern darüber, mit welcher Strategie sich diese seit langem bestehende und auch global gesehen äusserst komplexe Flüchtlingsproblematik bewältigen lässt.

Die verschiedenen Kriege, die Afghanistan seit 1978 destabilisiert haben, bewirkten einen massiven Exodus der Bevölkerung, namentlich in die Nachbarländer. Heute beherbergt Pakistan rund 1,7Millionen afghanische Flüchtlinge, Iran fast 1Million. Das UNHCR schätzt zudem, dass sich weitere 2,5Millionen afghanische Flüchtlinge in Pakistan und Iran aufhalten, die nicht registriert sind.

Seit 2002 sind mehr als 5,7 Millionen afghanische Flüchtlinge in ihr Heimatland zurückgekehrt. Viele davon leben aber in einer sehr prekären Situation als Vertriebene im eigenen Land. Sie wohnen in Zelten oder provisorischen Unterkünften, und es fehlt ihnen an Lebensmitteln und Wasser. Häufig haben sie keinen ausreichenden Zugang zu Arbeit, Bildung und medizinischer Versorgung.

Bundesrat Didier Burkhalter, Vorsteher des Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten, betonte in seiner Eröffnungsrede an der Konferenz: «Die vorgeschlagene Strategie (…) setzt auf einen langfristig ausgerichteten Prozess in den drei betroffenen Staaten. Sie geht die Frage der vertriebenen Bevölkerung umfassend und intelligent an und sieht konkrete Massnahmen für ein höchst komplexes Umfeld vor. Dazu gehört beispielsweise die Förderung einer freiwilligen Rückkehr durch Investitionen in den Rückkehrgebieten oder der Erhalt der Asylmöglichkeiten in den Gaststaaten durch eine verstärkte Unterstützung für die Länder, die Flüchtlinge aufnehmen. Der einzige aussichtsreiche Ansatz besteht darin, nachhaltig zu handeln: Die internationale Gemeinschaft muss sich bei dieser umfassenden Strategie langfristig engagieren. Es ist entscheidend, die drei Regierungen in der Region, das UNHCR, die Gebergemeinschaft und die übrigen Akteure über einen längeren Zeitraum in den Bereichen humanitäre Hilfe und Entwicklung zu mobilisieren.»