Bulgarien und Rumänien: Bilanz nach fünf Jahren Engagement

Artikel, 08.12.2014

Im Dezember 2014 schliesst die Schweiz die erste Phase ihrer Unterstützung an Bulgarien und Rumänien im Rahmen des Erweiterungsbeitrags an die neuen EU-Mitgliedstaaten ab. In der Periode 2009–2014 konnten klare Ziele für diese beiden Staaten festgelegt werden. Zu deren Umsetzung hat die Schweiz 28 Projekte und 13 Thematische Fonds mit zahlreichen Einzelprojekten ausgewählt. Die Projekte müssen bis 2019 umgesetzt werden. Ihre Umsetzung wird auf Schweizer Seite von der DEZA und vom Staatssekretariat für Wirtschaft begleitet.

Ein Mann steht vor einer Maschine und bedient eine Fernbedienung.
Im Rahmen des KMU-Projekts in Rumänien hat ein Unternehmen mit 20 Mitarbeitenden ein Darlehen von 79'000 CHF für den Erwerb einer Maschine erhalten, die automatisch 3D-Werbeprodukte zuschneidet. Die Anschaffung ermöglicht die Beschäftigung von drei neuen Mitarbeitenden. ADI.STOICOVICIU:2014

Am 7. Dezember 2014 geht die erste Phase der Unterstützung der Schweiz für Bulgarien und Rumänien im Rahmen des Schweizer Erweiterungsbeitrags  an die neuen EU-Mitgliedstaaten zu Ende. Zwischen 2009 und 2014 hat sich die Schweiz klare Ziele für ihr Engagement in diesen beiden Ländern gesetzt. Sie hat 28 Projekte sowie 13 Thematische Fonds ausgewählt, um die Ziele zu erreichen. Die Thematischen Fonds umfassen zahlreiche Einzelprojekte in den sieben Bereichen Sicherheit, Zivilgesellschaft, Partnerschaften, Integration von Roma, Gesundheit, Forschung und Stipendien.

Die Projekte wurden von Bulgarien und Rumänien vorgeschlagen und von der Schweiz genau geprüft. Sie sind konkret und zielgerichtet und sollen bis Dezember 2019 abgeschlossen sein. Ihre Umsetzung wird auf Schweizer Seite von der DEZA und dem Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) begleitet. Sie haben zu diesem Zweck 2010 ein Büro in Bukarest und 2012 eines in Sofia eröffnet.

Mit den 28 Projekten und den 13 Thematischen Fonds verfolgt die Schweiz folgende fünf Ziele:

1. Wirtschaftswachstum fördern und Arbeitsbedingungen verbessern

In Rumänien werden mehrere Projekte zur Förderung der Wirtschaft umgesetzt. Damit werden z.B. die Schaffung eines Investitionsfonds für kleinere und mittlere Unternehmen (KMU) sowie Ausbildungsangebote und Zertifizierungsmassnahmen unterstützt, um rumänische Exporte zu fördern und den Finanzsektor zu professionalisieren. Hinzu kommen die Unterstützung von Berufsberatungsangeboten für Jugendliche und die Vergabe von Stipendien.

In Bulgarien werden mit den ausgewählten Projekten das duale Berufsbildungssystem gefördert und die öffentlichen Beschaffungsprozesse verbessert. Neben ökonomischen sollen vermehrt auch Aspekte der ökologischen und sozialen Nachhaltigkeit berücksichtigt werden. Ein klar strukturiertes öffentliches Beschaffungswesen wirkt überdies Korruptionsrisiken entgegen.

2. Soziale Sicherheit erhöhen

Die Projekte im Bereich der sozialen Sicherheit zielen z. B. auf die allgemeine Verbesserung der Lebensbedingungen der Roma und anderer Minderheiten ab, umfassen aber auch die Verbesserung der medizinischen Grundversorgung und  ein spitalexternes Pflegesystem.

3. Umwelt schützen

Die Schweiz unterstützt in Rumänien die Einführung des Labels Energiestadt, ein bewährtes Managementkonzept für Gemeinden, die eine nachhaltige Energiepolitik umsetzen wollen. Sie beteiligt sich an der Finanzierung von neun prioritären Infrastrukturprojekten (Fernheizung, öffentlicher Verkehr, Beleuchtung und Sanierung von öffentlichen Gebäuden) in vier Pilotstädten. Zudem unterstützt sie die Institutionalisierung des Labels auf nationaler Ebene.

In Bulgarien unterstützt die Schweiz die sichere und umweltschonende Entsorgung von Restbeständen von Pestiziden aus den Jahren des kommunistischen Regimes. Zudem fördert sie die Entwicklung eines nationalen Abfallkonzepts, in dem Sortier- und Sammelstellen für gefährliche Haushaltsabfälle in 22 Pilotstädten eingerichtet werden.

4. Öffentliche Sicherheit erhöhen

Ein Teil der von der Schweiz finanzierten Projekte ist darauf ausgerichtet, das Leben der bulgarischen und rumänischen Bevölkerung sicherer zu machen – dies indem der Korruption, dem organisierten Verbrechen und dem Menschenhandel entgegengewirkt wird. Zur Kontrolle der illegalen Einwanderung erhält die rumänische Grenzpolizei z.B. Weiterbildungen und ein System zur automatischen Erkennung von Fingerabdrücken. Die rumänischen Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten können in Kursen die Sprache der Roma erlernen, damit sie die Angehörigen dieser Minderheit besser verstehen.

In Bulgarien hat sich die Schweiz für die Unterstützung von Reformen des Justizsystems entschieden, um gegen Wirtschaftskriminalität vorzugehen und unrechtmässig erworbene Güter zurückzugeben.

5. Zivilgesellschaft stärken

Die Stärkung der Zivilgesellschaft, namentlich im Bereich der sozialen Einrichtungen und des Umweltschutzes, erfolgt über den Wissenstransfer und den Erfahrungsaustausch zwischen Institutionen und Gemeinden der Schweiz, Rumäniens und Bulgariens. In Rumänien finanziert die Schweiz beispielsweise eine Partnerschaft zwischen dem Schweizer Verein zur Unterstützung verlassener Kinder in Rumänien und einer rumänischen NGO. In Bulgarien fördert sie mit der Unterstützung von Schweizer Akteuren den Anbau und Vertrieb von Bioprodukten.

Erste Resultate

Einzelne von der Schweiz unterstützte Projekte sind in der Umsetzungsphase und können  bereits konkrete Resultate vorweisen: In Bulgarien verfügen vier Gemeinden über ein spitalexternes Pflegesystem, und rund 20 Bauernbetriebe können bereits biologisch produzieren und ihre Produkte direkt vermarkten. In Rumänien erhielten 57 KMU Zugang zu einem Investitionsfonds, rund 100 Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte besuchten Sprachkurse in der Sprache der Roma und vier rumänische Städte sind daran, eine nachhaltige Energiepolitik umzusetzen.

Vorteile für die Schweiz

Obwohl die Schweiz nicht Mitglied der EU ist, hat sie grosses Interesse daran, Projekte in den neuen EU-Mitgliedstaaten zu finanzieren. Die EU ist und bleibt ihr wichtigster Handelspartner. Die Grundidee des Erweiterungsbeitrags ist, diesen Ländern zu helfen, die durchschnittliche Wachstumsrate der EU zu erreichen und so die wirtschaftlichen und sozialen Ungleichheiten abzubauen.

 

Chronologie

26. November 2006: Das Schweizer Volk nimmt  das Bundesgesetz über die Zusammenarbeit mit den Staaten Osteuropas an und bekräftigt damit seine Unterstützung der wirtschaftlichen und sozialen Transition in diesen Ländern.

14. Juni 2007: Das Parlament verabschiedet einen Beitrag in der Höhe von einer Milliarde zugunsten der zehn Staaten, die der EU im Jahr 2004 beigetreten sind (EU-10).

2007–2012: Engagement der Schweiz in den EU-10-Ländern. Die Schweiz unterstützt 210 Projekte. Sie werden bis 2017 abgeschlossen sein.

2007: Bulgarien und Rumänien treten der EU bei.

7. Dezember 2009: Das Parlament stimmt einem Erweiterungsbeitrag von 257 Millionen CHF an Bulgarien und Rumänien zu.

2009–2014: Engagement der Schweiz in Bulgarien und Rumänien. 76 Millionen CHF werden für Bulgarien und 181 Millionen CHF für Rumänien vorgesehen. Die Schweiz unterstützt diese beiden neuen EU-Mitgliedstaaten mit 28 Projekten und 13 thematischen Fonds. Die Projekte müssen alle bis 2019 abgeschlossen sein.