Keine nachhaltige Entwicklung ohne Bildung

Seit 2008 unterstützt die Schweiz die Globale Bildungspartnerschaft, den grössten globalen Fonds zur Stärkung der Bildung in einkommensschwachen Ländern. Wie engagiert sich die Schweiz hier im Rahmen der internationalen Zusammenarbeit? Antwort geben eine Expertin und ein Experte der DEZA, die in Afghanistan und in Benin Bildungsprojekte für Kinder betreuen. Für sie ist der Zugang zu einer qualitativ guten Bildung eine der grossen Herausforderungen für Millionen von Kindern.

 Schülerinnen und Schüler in einer Schule in Benin sitzen an Holztischen und werden von einem Lehrer unterrichtet. Das Dach des Klassenzimmers wird von Holzpfählen gestützt.

Die Globale Bildungspartnerschaft unterstützt vorrangig konkrete Massnahmen wie die Unterstützung von Einschulungskampagnen oder die Abgabe von Kits mit Schulutensilien. © DEZA Bénin

«Ohne Bildung gibt es keine Gleichberechtigung, keinen Wohlstand, keine nachhaltige Entwicklung», betonte Patricia Danzi am Globalen Bildungsgipfel, der Ende Juli 2021 in London stattfand. Die Schweiz kündigte für den Zeitraum 2021–2025 einen neuen Beitrag über 52 Millionen Franken an die Globale Bildungspartnerschaft (GPE) an. In ihrer Strategie der internationalen Zusammenarbeit hält die Schweiz fest, dass Bildung ein massgebender Faktor bei der Reduktion von Armut ist und dass sie ausserdem die Basis für Geschlechtergleichstellung, gleichberechtigte Teilhabe am sozialen und politischen Leben und wirtschaftlichen Fortschritt bildet.

Sustainable Development goals Agenda 2030
© EDA

Auf diese Grundlagen stützt sich das Engagement der DEZA für die multilaterale Partnerschaft, die eine zentrale Rolle bei der Umsetzung des Bildungsziels der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung spielt. «In Partnerschaft mit der GPE unterstützt die Schweiz Regierungen bei der Umsetzung systemischer Veränderungen, die darauf ausgerichtet sind, die Bildung der am stärksten marginalisierten Kinder sicherzustellen, die Lernergebnisse zu verbessern, die Krisenresilienz der Systeme zu entwickeln und sich den neuen Herausforderungen zu stellen», sagte die Geschäftsführerin der GPE Alice Albright. Eine dieser Herausforderungen ist die Covid-19-Pandemie. «Schätzungen zufolge besuchten auf dem Höhepunkt der Schulschliessungen 1,6 Milliarden Kinder keine Schule. Die GPE ruft die Entscheidungsträger der führenden Länder dazu auf, «die Hand zu heben» («Raise Your Hand») und sich zu verpflichten, in den nächsten fünf Jahren mindestens fünf Milliarden US-Dollar zur Verfügung zu stellen, um uns bei der Transformation der Bildungssysteme in 90 Ländern und Gebieten zu helfen.» 

Über die Hälfte der GPE-Partnerländer sind Schwerpunktländer der DEZA, die über Kooperationsbüros vor Ort verfügt. In Afghanistan und in Benin beteiligt sich die Schweiz an mehreren Projekten für die Grundbildung, abgestimmt sowohl auf die nationalen Rahmenbedingungen als auch auf die GPE-Beiträge. Die Schweiz handelt im Kern nach dem Grundsatz «leave no one behind» (niemanden zurücklassen). Erste Etappe: Kabul. 

Zugang zu Bildung und Bildungsqualität sind zentrale Anliegen

Gemäss den Vereinten Nationen haben auch heute noch 258 Millionen Kinder und Jugendliche keinen Zugang zu einer hochwertigen Primar- und Sekundarschulbildung. 127 Millionen dieser Kinder leben in Krisen- oder Konfliktgebieten. Das ist in Afghanistan der Fall. Die Schweiz ist seit 2002 in Kabul mit einem Kooperationsbüro vertreten, das die afghanische Bevölkerung mit einem weitreichenden Entwicklungsprogramm unterstützt. Vor Ort ist der Programmverantwortliche Zirak Abdhul Wahid für die Bildungsprojekte verantwortlich, namentlich für jene mit der Unterstützung der GPE. «Der Zugang zu Bildung bleibt in Afghanistan für Millionen von Kindern und insbesondere Mädchen eine Herausforderung. Die Unterstützung anderer Staaten und externe Finanzierungen können im Leben dieser Kinder vieles bewirken», erklärt Zirak Abdhul Wahid. Bereits vor der Covid-19-Pandemie hatten 3,7 Millionen Kinder in Afghanistan keinen Zugang zu Schulbildung.

Die Schweiz beteiligt sich vor Ort an den Mechanismen, die für die landesweite Koordination und die Umsetzung der GPE-finanzierten Projekte verantwortlich sind, womit die Schweiz in Partnerschaft mit dem Bildungsministerium den institutionellen Rahmen des afghanischen Bildungssystems festigt. «Afghanistan erhält seit 2012 Subventionen der GPE. Die Subventionen helfen dem Bildungsministerium, die Planung und Definition der politischen Programme und Strategien effizienter und wirksamer zu gestalten, was den politischen Dialog im Bildungsbereich fördert.» Die Qualität der Bildung von Mädchen und ihre Inklusion sind eine Priorität. «Die GPE setzt sich dafür ein, dass die Gemeinden stärker in die Gestaltung und Umsetzung der Schulsysteme eingebunden werden. Denn dadurch sind Lösungen möglich, die sich an den lokalen Gegebenheiten orientieren. So kann die Bildung der Kinder verbessert werden. Und in Gebieten, in denen nur wenige Mädchen in die Schule gehen, kann die Zahl gut qualifizierter Lehrerinnen erhöht werden», erklärt der Experte.

Die afghanische Bevölkerung ist von vierzig überaus schweren Jahren mit verschiedenen Konflikten seit den 1980er-Jahren gezeichnet. In diesem fragilen Kontext kombiniert die Schweiz humanitäres Engagement mit langfristiger Entwicklungszusammenarbeit. Das Programm «Back To School» veranschaulicht diesen Nexus: Es zielt darauf ab, die Zahl der Kinder, die von der Schule ausgeschlossen sind, zu reduzieren sowie Lerninhalte und Kenntnisse verpasster Schuljahre aufzufangen. 

Einige Mädchen mit Kopftüchern im Vordergrund. Sie befinden sich in einem Klassenzimmer und lesen Schulbücher.
Die Schweiz hält fest, dass Bildung ein massgebender Faktor bei der Reduktion von Armut ist und dass sie ausserdem die Basis für Geschlechtergleichstellung bildet. © DEZA Afghanistan

Projektkontinuität für eine nachhaltige Wirkung

Die Bildungsqualität stellt auch in Subsahara-Afrika eine Herausforderung dar, wo laut Weltbank rund 60 Prozent der Schülerinnen und Schüler am Ende der Primarschule kaum lesen und schreiben können. Schätzungen zufolge wird bis 2050 die Hälfte der afrikanischen Bevölkerung jünger als 15 Jahre alt sein, weshalb ein rascher Zugang zu qualitativ hochwertiger Bildung für alle umso dringlicher ist. In dieser Region ist Benin seit 1981 ein Schwerpunktland der DEZA. Schon seit mehreren Jahrzehnten unterstützt das Kooperationsbüro vor Ort die Anstrengungen der Regierung und der Gemeinschaften für ein effizientes Bildungssystem.

Elisabeth Pitteloud, Leiterin des Kooperationsbüros, und Barnard Vinagbo Agbangla, Programmverantwortlicher Bildung, betreuen mehrere Bildungsprojekte vor Ort und sind in die Finanzplanung und -verwaltung der GPE-Beiträge involviert. Benin ist seit 2007 ein Partnerland des Fonds. Das Land wurde mit über 100 Millionen US-Dollar bei der Umsetzung seines Entwicklungsplans für den Bildungssektor unterstützt. «Die Unterstützung von Einschulungskampagnen und die Beiträge an den Betrieb von Schulkantinen oder auch die Abgabe von Kits mit Schulutensilien an Schülerinnen und Schüler sind Aktionen, die zu den vorrangigen GPE-geförderten Massnahmen zählen und gute Resultate erzielen: Zwischen 2006 und 2016 stieg die Bruttoeinschulungsrate von 98 auf 115 Prozent», wie die Expertin und der Experte darlegen.

Dank dieser ermutigenden Resultate erhielt Benin zusätzliche Finanzmittel für die Planung weiterer Aktivitäten im Bildungsbereich in den Folgejahren. Die DEZA begleitete die Regierung von Benin bei der Projektentwicklung. «Der Prozess wurde vollumfänglich von den für Bildung zuständigen Behörden getragen, die von diversen Fortbildungsangeboten im Bereich der Planung und Verwaltung des Bildungssystems profitieren konnten. Die Auswahlkriterien der GPE für neue Subventionen an Partnerländer führten in Benin zu einer Stärkung der partizipativen Verwaltung des Bildungssystems, was den Austausch zwischen sämtlichen Beteiligten förderte. Ein solcher Mechanismus begünstigt den politischen Dialog und das Verantwortungsbewusstsein aller», so die Expertin und der Experte der DEZA weiter.

«Projektkontinuität für eine nachhaltige Wirkung» gilt grundsätzlich für sämtliche DEZA-Projekte, die im Rahmen des Sachplans von Benin und der Beiträge der GPE erarbeitet wurden und zur Umsetzung kommen.

Dies zeigt sich auch im DEZA-Programm zur Förderung der Bildung von Kindern und Jugendlichen ohne Zugang zum Bildungssystem (PAEFE). Das 2011 gestartete Programm ist auf alternative Bildungsangebote ausgerichtet, die dem Grundschulzyklus gleichwertig sind und die gesellschaftliche und ökonomische Eingliederung junger Leute mit abgebrochener oder fehlender Schulbildung begünstigen, wobei die Programme über Brückenangebote mit dem formellen Schul- und Bildungssystem verbunden sind. «Das alternative Bildungsangebot wurde von einem wirksamen politischen Dialog begleitet, was den Einbezug des alternativen Schulungsangebots in den neuen Bildungssachplan vereinfacht hat. PAEFE hat den Aufbau und Betrieb von bislang 98 alternativen Bildungszentren (Barak) unterstützt, welche mehrere Tausend Kinder mit abgebrochener oder fehlender Schulbildung im Alter von 9 bis 15 Jahren aufgenommen haben», erklären Elisabeth Pitteloud und Barnard Vinagbo Agbangla. 

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