Seit 2004 nutzten in Serbien über 15 000 Roma-Kinder ein auf sie zugeschnittenes Unterrichtsangebot. Ihre Präsenz im ersten Primarschuljahr stieg in der Folge um 25%. Dieses erfreuliche Ergebnis ist auf das Engagement der DEZA für eine bessere Schulintegration von Kindern aus sogenannt benachteiligten Bevölkerungsgruppen zurückzuführen.
Die Idee dahinter ist einfach: Je früher diese Kinder den Anschluss in der Primar- bzw. Vorschule finden, desto besser sind später ihre Erfolgsaussichten im Leben. Die DEZA setzt alles daran, diese Botschaft den lokalen Behörden und den Verantwortlichen des serbischen Schulsystems zu vermitteln. Denn schliesslich hängt die erfolgreiche Schulintegration von Kindern aus sozialen Randgruppen oder mit einer Behinderung vom Goodwill der Entscheidungsträger ab.
80'000 Roma-Kinder ohne Bildung
Die Lage der Roma in Serbien ist besonders beunruhigend. Zwei Drittel dieser Bevölkerungsgruppe haben keine Grundschulbildung, 80% können weder lesen noch schreiben. Zahlreiche Eltern sind folglich nicht in der Lage, ihren Kindern elementarste Kenntnisse zu vermitteln. Letztere werden zwangsläufig an den Rand der Gesellschaft gedrängt, wenn sie keinen Anschluss an die Schule finden. Rund 80'000 Roma-Kinder über sechs Jahren sind davon betroffen – sie sind ganz einfach noch nie zur Schule gegangen.
Fokus auf Vorschulen
Um dieser De-facto-Ausgrenzung entgegenzuwirken, führt die DEZA in Zusammenarbeit mit dem serbischen Roten Kreuz, UNICEF und dem Bildungsministerium Serbiens etliche Pilotprojekte zur Einschulung von Roma-Kindern durch. Insgesamt beteiligen sich landesweit 85 Gemeinden (d. h. jede zweite) an der Initiative.
Im Zentrum steht der Ausbau des Vorschulangebots für Kinder im Alter von drei bis fünfeinhalb Jahren. In Serbien besuchen lediglich 40% der Kinder eine Vorschuleinrichtung, bei den Roma-Kindern sind es nur gerade 10%. Neben den primär am Projekt beteiligten Vorschulen und Gemeindezentren testen auch 2636 Primarschulen die neu entwickelten Lehrpläne.
Dem Lehrpersonal wird aufgezeigt, dass es neue pädagogische Aktivitäten braucht, um den Bedürfnissen von Schülern mit sehr unterschiedlichem Hintergrund Rechnung zu tragen. Je nach Situation werden zusätzliche Lehrkräfte eingestellt, die Gebäulichkeiten angepasst und die Eltern der Schülerinnen und Schüler zur Mitsprache eingeladen. Der Unterricht beschäftigt sich mit Toleranz und Respekt vor der Andersartigkeit. Mit den zehn- bis zwölfjährigen Schülern werden Themen wie Frühehe sowie Diskriminierung von Jugendlichen aus benachteiligten Bevölkerungsgruppen besprochen.
Neues Unterrichtsmodell wird zur Norm
Ein weiterer positiver Effekt des Projekts ist, dass sich Hunderte Psychologinnen und Psychologen, Pädagoginnen und Pädagogen sowie angehende Lehrkräfte von den Erfahrungen und den Schlussfolgerungen auf lokaler Ebene inspirieren lassen. Um den Gedankenaustausch zu fördern, werden Studienreisen unterstützt.
Die DEZA will so bis 2017, wenn das Projekt ausläuft, für möglichst grosse Fortschritte bei der Erarbeitung, Verbreitung und Standardisierung neuer integrativer Unterrichtsmethoden sorgen. Mehrere Entscheidungsgremien im Bildungswesen (Ministerium, Nationaler Bildungsrat, Institut für Bildungsevaluation und Schulqualität, Hochschulinstitute usw.) sind unmittelbar in den Änderungsprozess involviert.
Die DEZA unterstützt diese Gremien bei der Einführung von Systemen der strategischen Planung und des Monitorings im Bereich der Bildungsbeteiligung (bzw. des vorzeitigen Schulabgangs), der Bildungsqualität sowie der Bedürfnisse im Kleinkindalter. Das erworbene Wissen dient als Basis für die öffentliche Debatte und die Gesetzesreform in Serbien. Ein konkretes Ergebnis ist z. B. das 2010 vom serbischen Parlament verabschiedete Gesetz über Integration im Bildungswesen, das europaweit als besonders fortschrittlich gilt.