31.05.2017

Eröffnungsrede Manuel Sager, DEZA Direktor

Es gilt das gesprochene Wort 

Rednerin/Redner: Manuel Sager

Sehr geehrte Parlamentarierinnen und Parlamentarier,
Sehr geehrte Damen und Herren,
Liebe Kolleginnen und Kollegen, 

Ich freue mich ausserordentlich, Sie heute zur Lancierung der DEZA Bildungsstrategie begrüssen zu dürfen und danke Ihnen für Ihr zahlreiches Erscheinen – dies zeigt, dass wir mit unserer Prioritätensetzung richtig liegen.   

Bildung ist ein Thema, das mir ganz besonders am Herzen liegt. Es ist auch ein Bereich, in dem die Schweiz international eine führende Rolle spielt und im Rahmen ihrer internationalen Zusammenarbeit einen grossen Mehrwert bieten kann. Bildung gehört deshalb auch zum Herzstück unserer neuen Botschaft 2017 – 2020. 

In den nächsten vier Jahren wird die DEZA  50 Prozent mehr Mittel für die Grundbildung und für die Berufsbildung einsetzen. Dies wurde vom Parlament so gutgeheissen.  Das heisst konkret 200 Millionen Franken mehr – mehr für die Ausbildung von Lehrern und Berufsbildnern, mehr für Schulbildung und Berufskurse für Migranten und Flüchtlinge und mehr für partnerschaftliche Initiativen, welche die nachhaltige Stärkung der Bildungssysteme unserer Partnerländer als Ganzes im Hinblick auf eine solide Grundbildung und relevante Berufsbildungsmöglichkeiten zum Ziel haben.  [Anm. evtl. mögliche kurze Anekdote einer persönlichen Erfahrung/Dienstreise] 

Die Direktion der DEZA hat ebenfalls entschieden, dass allfällige Budgetkürzungen unsere Arbeit im Bildungsbereich nur zweitranging betreffen werden. Die neue Bildungsstrategie soll daher unser Engagement  noch stärker auf die Bedürfnisse unserer Partnerländer ausrichten und die Mittel noch effektiver einsetzen,  im Sinne eines „lebenslangen Lernens“, das sowohl Grundkompetenzen wie auch Fachkompetenzen fördert. 

Das gilt insbesondere in fragilen Kontexten, die uns vor besonders schwierige Herausforderungen stellen und uns dazu auffordern, etablierte Ansätze zu überdenken und flexibel zu sein. Ein Beispiel zeigt sich in Niger, wo viele Lehren und ein grosser Erfahrungsschatz dazu geführt haben, dass wir unser bestehendes Grundbildungsprogramm der Lehrerausbildung an die Krise von Boko Haram angepasst haben: Dank schnellem Handeln haben wir 10‘000 geflüchteten Kindern ermöglicht, trotz Flucht die Schule weiter zu besuchen.  Unsere etablierten guten Beziehungen mit den Bildungsbehörden vor Ort haben dies ermöglicht, aber auch unser pragmatischer Ansatz, auf die lokalen Verhältnisse zu reagieren und Gräben zwischen Entwicklungszusammenarbeit und humanitärer Hilfe zu überwinden.   

Die neue Bildungsstrategie dient uns als Rahmen und zur Orientierung unserer Aktionen in den kommenden Jahren und hilft uns im Monitoring der Umsetzung der Botschaft. Zusammen mit dem SECO, welche sich mit der Stärkung von Fachkompetenzen komplementär an unsere Seite stellt, erreicht die internationale Zusammenarbeit der Schweiz im Bereich der Grundbildung und der Berufsbildung  im Süden und Osten somit noch mehr Länder und Menschen – für weniger Armut, mehr wirtschaftliche Entwicklung, sowie für erweiterte Perspektiven und Schutz in Krisensituationen. 

Meine Damen und Herren, 

Als Entwicklungsakteure haben wir guten Grund, uns noch stärker für Bildung einzusetzen. Denn das Problem von Armut hat nicht nur, aber zu einem entscheidenden Teil mit Bildung zu tun. Viele der DEZA Partnerländer sind diesbezüglich mit enormen Herausforderungen konfrontiert  – lassen Sie mich nur einige davon aufzeigen: 

  1. Eine junge Bevölkerung, die explosionsartig wächst  und zugleich eine zunehmende Mobilität – gerade in Afrika. Die Bevölkerung in Entwicklungsländern wird sich bis 2050 verdoppeln. In Niger, dem Land mit der weltweit höchsten Geburtenrate, ist sogar mit einer Verdreifachung zu rechnen. All diese jungen Menschen brauchen eine Chance, ihr Leben in die Hand zu nehmen. Dafür  müssen Sie in die Schule gehen, einen Beruf erlernen können, Perspektiven haben und einen Job finden.  

  2. Grundbildungssysteme, die nicht Schritt halten können – Auch wenn in vielen Ländern heute mehr in die Schule gehen als noch vor 15 Jahren, schliessen in Ländern des Südens nur etwa 35 Prozent die obligatorische Schulbildung ab. Über 260 Millionen Kinder weltweit haben noch nie eine Schulbank gedrückt. Die Qualität der Grundbildung ist oft prekär – rund 60 Prozent der Kinder in Subsahara Afrika können auch nach 6 Jahren Primarschule weder Rechnen noch Schreiben oder Lesen. Ähnlich verheerend ist es in Ländern Südasiens. Stellen Sie sich einmal vor, wie ein Elektriker seinen Beruf erlernen und arbeiten soll,  wenn er weder Rechnen noch Lesen kann? Grundkompetenzen  sind entscheidend,  um Fachkompetenzen zu entwickeln einerseits. Andererseits bedeutet Grundbildung auch eine Auseinandersetzung mit Themen, die wichtig sind für unser Zusammenleben, für unser Überleben oder unseren Umgang mit der Natur. Wir müssen ein Bewusstsein für diese Themen kreieren,  unsere Rechte und Pflichten kennen, um verantwortungsvolle und engagierte Bürger zu werden.  Was wir in der Schule lernen, formt unser Leben.  

  3. Eine weitere Herausforderung ist eine Wirtschaft, die nicht floriert, weil es an qualifizierten Fachkräften mangelt und die Bildungswelt die Bedürfnisse der Wirtschaft nicht aufnimmt. Das festgefahrene Missverhältnis zwischen vorhandenen und benötigten Qualifikationen ist in vielen Ländern ein Problem: So finden zum Beispiel im Westbalkan weniger als die Hälfte der Hochschulabgängerinnen und -abgänger einen Job, der ihrem Studium entspricht, während die Wirtschaft händeringend nach Arbeitskräften sucht. Arbeitsmarktorientierte Ausbildungen und eine verstärkte Zusammenarbeit mit dem Privatsektor sind notwendig, um den Jugendlichen den Weg in die Arbeitswelt zu ebnen.     

  4. Und schliesslich stellen zunehmende Fragilität, Konflikte und langanhaltende Krisen eine weitere grosse Herausforderung dar. Die Hälfte aller Kinder und Jugendlichen, die weltweit keine Bildung haben, leben in Konfliktgebieten. Gewalt und Radikalisierung kommen nicht von ungefähr – oft haben sie zu tun mit mangelnden individuellen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Perspektiven und dem Gefühl, von der Gesellschaft nicht akzeptiert zu sein und nicht dazu zu gehören.    

Meine Damen und Herren, 

Die heute zu lancierende Bildungsstrategie ist die erste ihrer Art für die DEZA. Sie verbindet die Stärken der DEZA in Grundbildung und Berufsbildung und baut auf deren Komplementarität und Zusammenspiel auf. Die Strategie ist wegweisend für unser zukünftiges Engagement in Bildung. Sie reagiert auf die Herausforderungen, welche ich Ihnen eingangs erläutert habe und welche Chantal Nicod und Reto Grüninger im weiteren Verlauf der Veranstaltung genauer erläutern werden. 

Ich bin überzeugt, dass es ohne gute und relevante Grundbildung und Berufsbildung keine Entwicklung geben kann. Junge Menschen sind eine zentrale Kraft positiven Wandels in ihren Gesellschaften – sofern man ihnen eine Chance gibt. Die DEZA wird deshalb verstärkt in Bildung für Kinder und Jugendliche investieren, im Rahmen ihrer  Süd- und Ostzusammenarbeit, der humanitären Hilfe sowie in der Globalen Zusammenarbeit. 

Meine Damen und Herren, 

Ich bin stolz, mit Ihnen heute die neue DEZA Bildungsstrategie offiziell zu begehen. Viele von Ihnen hier im Raum werden zu Ihrer Umsetzung einen wesentlichen Beitrag leisten. Dafür danke ich Ihnen schon im Voraus und freue mich auf die Zusammenarbeit.


Dernière mise à jour 29.01.2022

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