13.06.2015

Zurigo, 13.06.2015 - Allocuzione del Consigliere federale Didier Burkhalter in occasione del simposio internazionale «Liberalismo – visioni per il nostro futuro!» - Fa stato la versione orale

Meine Damen und Herren, liebe Freunde

Freiheit ist unser höchstes Gut.

Langfristig gibt es Freiheit nur gepaart mit Verantwortung.

Nur wenn es uns gelingt, beide Seiten dieser Medaille – Freiheit und Verantwortung – auf Dauer zum Glänzen zu bringen, können wir die Herausforderungen unserer Zeit in Chancen verwandeln.

Es freut mich, dass Sie hier nach Zürich in die Schweiz gekommen sind, um über dieses Thema zu sprechen und nachzudenken – in eine Stadt und ein Land, deren Geschichte in mehrerer Hinsicht gezeigt hat, wie wichtig dieses Konzept von Freiheit und Verantwortung ist.

Die Schweiz, ein Kleinstaat ohne Rohstoffe, gehört heute zu den wohlhabendsten, wettbewerbsfähigsten, innovativsten und offensten Ländern der Welt. Erreicht hat sie dies vor allem, weil sie es verstand, ihre Freiheit zu bewahren und weiterzuentwickeln.

Diese Freiheit hätte die Schweiz nicht erhalten können, wenn sie nicht auch einen ausgeprägten Sinn für Verantwortung bewiesen hätte. Zentral ist die langjährige, solide Sozialpartnerschaft, dank der viele Fragen zwischen Arbeitgebern und Gewerkschaften gelöst werden, ohne dass der Staat, als Gesetzgeber eingreifen muss.

Ein politischer Entscheidungsträger in einem unserer Nachbarländer hat dies veranschaulicht, indem er das gedruckte Arbeitsgesetz seines eigenen Landes und dasjenige der Schweiz zum Vergleich nebeneinander hielt. Jenes der Schweiz war rund zehnmal dünner.

Ladies and Gentlemen,

One of the best examples of the virtues of responsible freedom can be found in the field of higher education. Switzerland is home to two of the top four universities in Europe.

The Swiss Federal Institutes of Technology in Zurich and Lausanne lead the way in Europe, alongside the Universities of Cambridge and Oxford. Several other Swiss universities are ranked among the top 200 in the world. What accounts for this success? The factors underpinning the success of our higher education institutions are essentially based on the principle of freedom:

- Swiss colleges and universities are largely free to determine their own strategies the state does not do it for them. The state – the federal government in the case of the Federal Institutes of Technology, the cantonal government in the case of universities and the universities of applied sciences – gives them a mandate, a financial package and objectives. It sets a framework and a goal but leaves them largely free to devise and implement the strategies for achieving that goal.

- Furthermore, higher education institutions, whether federal or cantonal, compete among themselves.
They are free to differentiate themselves from their counterparts, to attract researchers, students and teachers on the basis of their individual positioning (which doesn't, of course, prevent them from forming partnerships and clusters in areas where it makes sense to do so, for example where expensive equipment is involved).

- They are also free to cooperate with other institutions in the European Research Area and in the world, and to recruit researchers, teachers and students from these institutions. These freedoms are now coming under pressure in Europe from the referendum of 9 February 2014, in which the Swiss people voted for tighter controls on migration, amid concerns about the sharp rise in immigration over recent years – a subject I shall return to shortly. Opening up to free and competitive cooperation at European and global levels – and through many international cooperation agreements – has helped to drive up standards.

Such approaches emphasise freedom rather than centralised planning, trust in individual intelligence – trust in people, quite simply – and in mechanisms that stimulate this intelligence by means of empowerment, accountability and competition.

Meine Damen und Herren

Dies bringt mich zurück zu meinen einleitenden Worten. Freiheit macht das Leben lebenswert, Freiheit ist der Schlüssel zum Erfolg.

Doch Freiheit hat langfristig nicht Bestand ohne Verantwortung, weil sie dann gesellschaftlich nicht mehr akzeptiert wird.

Dass die Freiheit unserer Hochschulen akzeptiert wird, ist nicht selbstverständlich, denn es ist nicht offensichtlich, sehr viel Geld vom Steuerzahler zu beantragen und andere frei darüber entscheiden zu lassen. Die Versuchung ist gross, diese Beträge an Bedingungen, Aufträge und Auflagen zu knüpfen!

Doch es ist wichtig, diesem Impuls zu widerstehen und Vertrauen zu schenken. Langfristig hat dieses Vertrauen nur Bestand, wenn Gewissheit darüber herrscht, dass die Institution und deren Führung ihren Teil zur gesellschaftlichen Verantwortung beitragen, beispielsweise indem sie sicherstellen, dass ihre Universität für die Studierenden und Mitarbeitenden der Region offen bleibt und indem sie teilnehmen am politischen, wirtschaftlichen, kulturellen und gesellschaftlichen Leben insbesondere auf lokaler Ebene.

Diese Haltung, diese Verbindung von Freiheit und Verantwortung, ist zentral für die Bewältigung der grossen Herausforderungen unserer Zeit. Und diese sind vielfältig, immens und essenziell. Wenn wir sie intelligent angehen, bieten sie für die Welt aber auch enorme Chancen. Frieden, Wassersicherheit, Gesundheitsversorgung für alle, Gleichstellung der Geschlechter, Migration, Umwelt, nachhaltige Entwicklung, Ernährungssicherheit, Klima, Energie, Urbanisierung, Wohlstandsverteilung, Demografie, Alterung der Bevölkerung...

Staaten werden weiterhin eine wesentliche Rolle spielen, insbesondere als Gesetzgeber, und die Liberalen haben dies auch nie in Frage gestellt. Doch Staaten sollten nicht den Fehler begehen, alles allein lösen zu wollen, indem sie einfach neue Regeln erlassen. Im Wesentlichen liegt es an der Gesellschaft und der Wirtschaft, konkrete und wirksame Lösungen für diese Herausforderungen zu finden, sei es durch lokale Initiativen, durch technologische Innovationen oder durch gezielte Investitionen und Strategien von privater Seite.

Die Lösung – oder eher die Lösungen – liegen in einer subtilen Mischung aus Regulierung einerseits, die einen Rahmen und Anreize gibt, und Freiheit andererseits, die Raum lässt für kreative, innovative, konkrete Projekte. Genau deshalb drängt die Schweiz darauf, die öffentliche Entwicklungshilfe besser abzustimmen mit privaten Investitionen und Initiativen, im Rahmen von Public Private Partnerships, bei denen alle beteiligten Akteure ihre Rolle behalten und ihre Kräfte bündeln, um eine Hebelwirkung zu erzielen. Genau deshalb ist sie der Ansicht, dass die Ziele für das Klima oder eine nachhaltige Entwicklung nur durch Public und Private Projekte erreicht werden können.

Genau deshalb unterstützt sie mit Überzeugung Initiativen wie den in Genf ansässigen internationalen Fonds «GCERF», der auf einer Public Private Partnership beruht und eine wichtige Rolle in der Prävention spielt, indem er in Ländern wie Mali, Bangladesch oder Nigeria gemeinnützige Projekte unterstützt, die den Jugendlichen Beschäftigungs- und Integrationsperspektiven eröffnen anstatt sie ohne sinnvolle Tätigkeit dem Lockruf gewalttätiger Extremisten zu überlassen.

Mit Freiheit und Verantwortung, und auch mit Solidarität, wollen wir unsere Prioritäten in der Schweizerischen Aussenpolitik im nächsten Jahrzehnt fokussieren: in zwei Worten, Europa und Frieden. Unsere Beziehung zu Europa festigen; den Frieden fördern.

Europa

Die Schweiz liegt in Europa und hat deshalb logischerweise mit ihren Nachbarn den engsten Austausch. Kulturell, gesellschaftlich, wirtschaftlich, wissenschaftlich und menschlich sind die Beziehungen intensiv und Teil unseres Alltags. 1,3 Millionen EU-Bürger leben in der Schweiz. Etwa 300‘000 Personen aus benachbarten Grenzgebieten kommen täglich zum Arbeiten in die Schweiz, die auf unserem Kontinent ein bedeutender Stellenlieferant ist.

Allein der Handel mit dem Bundesland Baden-Württemberg ist so umfangreich wie mit den USA oder den gesamten BRICS-Ländern und mit Norditalien so bedeutend wie mit China. Diese Beziehungen sind vielfältig, fruchtbar und von gegenseitigem Interesse.

Am 9. Februar 2014 haben die Kantone eine Volksinitiative angenommen, die eine bessere Steuerung der Migration verlangt. Die Schweizerinnen und Schweizer haben jedoch am 30. November 2014 bei der Abstimmung über eine noch restriktivere Initiative klar gemacht, dass sie nicht das Land abschotten oder der Freizügigkeit der Arbeitskräfte ein Ende setzen wollen.

Doch sie wollten die Migration etwas besser steuern können und den Markt nicht allein entscheiden lassen. Nicht zuletzt, weil die Schweiz eine sehr dynamische Immigration aufweist, vier Mal mehr als beispielsweise in Vereinigten Königreich. Unser Land trägt massgeblich zum freien Personenverkehr bei, denn rund jede zehnte Person, die in Europa dieses Recht beansprucht, lebt in der Schweiz.

Auch hier begegnen wir dem Spannungsfeld zwischen Freiheit und dem Wunsch nach Regulierung, wenn das Gefühl entsteht, die Freiheit führe eine allzu unausgewogene Situation herbei. In diesem Fall hat die Schweizer Bevölkerung für mehr Kontrolle gestimmt, weil sie die Dynamik als zu stark empfand.

Freiheit und Demokratie: Die Schweizer Regierung setzt sich das Ziel, diese Entscheidung für eine bessere Steuerung der Migration umzusetzen und gleichzeitig den bilateralen Weg weiterzugehen und zu stärken. Wir wollen eine Lösung finden, die es ermöglicht, den Volkswillen zu wahren und gleichzeitig das Abkommen über den freien Personenverkehr und den bilateralen Weg weiterzuführen.

Wir wollen auch das Potenzial an Arbeitskräften im Inland ausschöpfen, das heisst allen Personen, die in der Schweiz leben, eine Aussicht auf eine Beschäftigung geben. Und Parallel dazu verhandeln wir auch über ein institutionelles Abkommen, das es ermöglicht, den bilateralen Weg Schweiz- EU weiterzuentwickeln.

Frieden

Friede ist zentral und trägt zur Umsetzung der Ziele bei, die in der Schweizer Verfassung verankert sind: Freiheit, Wohlfahrt und Sicherheit des Landes.

Doch Friede ist nie definitiv, sondern erfordert ständige Anstrengungen, und in der heutigen instabileren und multipolaren Welt ist er an zahlreichen Orten bedroht. Auch hier hält es die Schweiz für wichtig, den Frieden zu fördern, weil er das Fundament bildet für Freiheit, Sicherheit und Wohlstand in diesen Regionen, aber auch bei uns. Auch hier will sie handeln, gemeinsam mit der internationalen Gemeinschaft, weil es in ihrer Verantwortung und ihrem Interesse ist.

Genau deshalb hat sich die Schweiz im vergangenen Jahr an der Spitze der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) mit Nachdruck engagiert, insbesondere im Ukraine-Konflikt, um einen noch heftigeren Flächenbrand zu vermeiden und eine Beruhigung herbeizuführen.

Genau deshalb auch engagiert sie sich weiterhin, namentlich im Sicherheitsdialog zwischen Europa und Asien, den sie in der OSZE in diesem Jahr präsidiert.

Genau deshalb auch reichte sie bereits 2011 eine Bewerbung für einen nicht ständigen Sitz im UNO-Sicherheitsrat ein.

Und genau deshalb will sie die internationale Rolle von Genf stärken, dem wichtigsten Zentrum für globale Gouvernanz.

Ladies and Gentlemen,

Switzerland is fortunate to have one of the highest employment, and in particular youth employment, rates in Europe. Youth employment is an indicator of the health of a society.

For what can be more important than giving opportunities to our children and allowing the future to reach its full potential?

In Switzerland, it is again thanks to an astute mix of freedom and responsibility that this question has been successfully addressed. Many countries are now looking on with interest.

Here, many young people choose not to go down the academic route, opting instead for a dual apprenticeship combining study with workplace experience. Such training allows them to acquire excellent practical and theoretical knowledge of their field and ensures that what they learn is tailored to the needs and technical realities of the economy. After completing an apprenticeship, these young people have a very good chance of finding jobs on the labour market.

Businesses that participate in these training schemes do so voluntarily. They know that they have a responsibility towards society and that it is in their interests to have well-trained and well-educated young professionals. Self-interest and responsibility.

The government – federal and cantonal – also plays its part in this joint project, on the education side, with the young people dividing their week between school and workplace, in varying proportions.

The system is therefore based on both social partnership – again underlining its role as a pillar of Swiss success – and on public-private partnership.

The fact that several heads of large Swiss companies started their careers in apprenticeships shows how effective this system is at promoting social mobility. This lends it credibility within society, particularly among young people and their parents.

Ladies and gentlemen,

As many examples attest, a well-balanced legal framework that promotes freedom and individual responsibility and encourages partnerships often leads to the development of successful models. In response to the huge challenges facing the world and our societies, the knee-jerk and seemingly simple response is often to regulate and legislate. But for regulation to be credible, it has to be enforced, which is not always easy, and its implementation monitored, which is often costly and not necessarily effective. Regulation isn't always the wrong solution, far from it, but before regulations are introduced it always makes sense to ask: would a framework that encourages, entrusts and empowers be more effective? Very often, it would.

This requires will. Essentially, it is easier for lawmakers to… well to make laws! … to legislate and enforce than to provide a framework and show trust. They may think they are giving a swift and comprehensive response, but is that response always more effective? Is it always for the best? Clearly not.

This is also true in an international context, where there are often no uniform standards – or no uniformity in their application, due to the large number of stakeholders.

Given the challenges the world faces, the liberal mainstream – and all liberal-minded people, whose very diversity is a reflection of their liberty! – have a role to play, namely to develop models that address these challenges by pooling strengths and good intentions through partnerships rather than by imposing more and more obligations and checks.

We must act as a spur, ensuring that the right questions are asked. As an incubator, harnessing goodwill to launch projects in partnership. And as a witness, trumpeting far and wide the success of initiatives combining the two key principles of freedom and responsibility.


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Ultima modifica 29.01.2022

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