Ein Bauwerk im Dienste Europas – Die Eröffnung des Gotthard-Basistunnels 2016

Artikel, 16.03.2016

Am 1. Juni 2016 wurde der längste Eisenbahntunnel der Welt eingeweiht: Der Gotthard-Basistunnel. Mit seinen 57,1 km bildet er das Herzstück des europäischen Rhein-Alpen-Korridors für den Güterverkehr und ist Teil der Neuen Eisenbahn-Alpentransversale (NEAT) der Schweiz. Dieses Jahrhundertbauwerk ist ein substantieller Beitrag der Schweiz an die europäische Verkehrsinfrastruktur und ein Symbol von Schweizer Werten wie Innovation, Präzision und Zuverlässigkeit. Die Schweizerischen Bundesbahnen (SBB) haben am 11. Dezember 2016 den kommerziellen Betrieb aufgenommen.

Blick auf das Nordportal des Gotthardtunnels bei Erstfeld im Kanton Uri.
Portal Nord Erstfeld © AlpTransit Gotthard AG

Der Rhein-Alpen-Korridor

Der Schienenkorridor Rotterdam/Antwerpen-Genua ist vom Volumen her die wichtigste Achse für den Güterverkehr in Europa. Er führt dem Rhein entlang durch das industrielle Herzen Europas und verbindet dynamisch wachsende Wirtschaftszentren wie Rotterdam, Amsterdam, Antwerpen, Köln, Frankfurt am Main, Basel, Zürich, Mailand und Genua. Laut Prognosen wird das Frachtvolumen auf dieser Bahnlinie weiter zunehmen. Die EU stuft den Rhein-Alpen-Korridor als prioritär ein und wird in dessen Ausbau in den nächsten Jahren rund 25 Milliarden Euro investieren. Der Korridor ist in die europäische Politik zur Entwicklung der transeuropäischen Verkehrsnetze (TEN-T) eingebettet und nimmt dabei eine Vorreiterrolle ein.

Das Schweizer Volk sagt Ja zu einer nachhaltigen Verkehrspolitik

Seit den 1980er Jahren verfolgt die Schweiz eine nachhaltige Verkehrspolitik, in deren Zentrum die Verlagerungen von alpenquerendem Verkehr von der Strasse auf der Schiene steht. Die Schweizer Bevölkerung hat diese Politik in mehreren Volksabstimmungen bestätigt. Das Konzept der NEAT ist am 27. September 1992 und das entsprechenden Finanzierungsmodell am 29. November 1998 mit deutlichen Mehrheiten (jeweils 64%) vom schweizerischen Stimmvolk angenommen worden. Dieses Grossprojekt ist somit direktdemokratisch legitimiert.

Die NEAT als Jahrhundertbauwerk

Die NEAT ist das grösste Bauprojekt, das die Schweiz in ihrer Geschichte an die Hand genommen hat, bestehend aus drei neuen Basistunnels (Lötschberg 34,6 km, Gotthard 57,1 km, Ceneri 15,4 km) und dem Ausbau der Zufahrtsstrecken. Der Lötschberg-Basistunnel ist seit 2007 in Betrieb und der Ceneri-Basistunnel wird voraussichtlich 2020 eröffnet. In den Bau der NEAT investiert die Schweiz rund 23,5 Milliarden CHF (rund 21,5 Milliarden Euro), das entspricht etwa 3,5 Prozent des Schweizer Bruttoinlandprodukts (BIP).

Nach Abschluss der Arbeiten am Ceneri und den Zufahrtsstrecken werden die Züge ohne grössere Steigungen die Alpen bewältigen können. Somit wird die Fahrzeit für den Personenverkehr zwischen Zürich und Lugano rund 45 Minuten verkürzt und eine grössere Anzahl Güterzüge können schneller und mit weniger Lokomotiven durch die Alpen fahren. Die Effizienz und Zuverlässigkeit im Schienenverkehr steigt, damit wird die Schiene konkurrenzfähiger und der EU-Binnenmarkt gestärkt. Wirtschaftlicher Nutzen wird somit mit dem Schutz der Alpenwelt in Einklang gebracht.

Der Gotthard-Basistunnel: ein Rekordwerk

Die ersten Entwürfe für einen Basistunnel zwischen Amsteg und Bodio wurden bereits 1947 gezeichnet. Knapp 70 Jahre später und nach 17 Jahren Bauzeit löst der Gotthard-Basistunnel mit seinen 57,1km Länge den Seikan-Tunnel (53,9km) in Japan als längsten Eisenbahntunnel der Welt ab. Der Durchschlag erfolgte im Oktober 2010. Der Gotthard-Basistunnel kostete rund 12,5 Milliarden CHF (rund 11,5 Milliarden Euro) und verbindet Bodio im Kanton Tessin mit Erstfeld im Kanton Uri.

Die Strecke durch den Gotthard-Basistunnel ist rund 30 Kilometer kürzer als der heutige Weg über die Bergstrecke. Dank des neuen Tunnels werden die Kapazitäten erhöht: künftig können bis zu 250 Güterzüge sowie 65 Personenzüge pro Tag eingesetzt werden. Auf der historischen Gotthard Bergstrecke waren es maximal 180 Güterzüge. Personenzüge werden mit bis zu 200km/h durch den Tunnel rollen, möglich sind künftig sogar Geschwindigkeiten bis zu 250km/h.

Die Schweiz investiert für Europa

Dank kürzerer Fahrzeiten rücken sowohl die Landesteile der Schweiz als auch Deutschland und Italien näher zusammen. Mehr als 20 Millionen Menschen allein im Einzugsgebiet zwischen Süddeutschland und Norditalien werden vom Gotthard-Basistunnel profitieren können. Mit dem Gotthard-Basistunnel leistet die Schweiz einen substantiellen Beitrag an die europäische Verkehrspolitik und bringt Europa enger zusammen.

Der Gotthard-Basistunnel ist sowohl  «an idea born in Switzerland», welche die Schweiz selber finanziert, als auch das Ergebnis einer engen internationalen Zusammenarbeit. Firmen und Arbeiter aus rund 15 Nationen waren zum Beispiel am Bau beteiligt. So stammen beispielsweise die Tunnelbohrmaschinen aus Deutschland, die Schachtbauspezialistin aus Südafrika und viele Ingenieure oder Mineure aus Italien, Österreich oder den Balkanstaaten.