Im ewigen Eis die Zukunft der Kulturpflanzen sichern

Artikel, 30.06.2017

Auf der Insel Spitzbergen in Norwegen steht ein besonderes Gebäude. Der Bunker im arktischen Permafrost sichert einen Schatz: Saatgut aus der ganzen Welt.

Ein Bunker in einer arktischen Landschaft
Der Saatgutbunker auf Spitzbergen, in dem bis zu 4.5 Millionen Samenproben eingelagert werden können. © DEZA / Simon Zbinden

Die DEZA setzt sich nicht nur für genügend Nahrung für alle ein, sondern auch für eine ausgewogene und gesunde Ernährung. Dazu ist die Erhaltung der Biodiversität zentral. Auf globaler Ebene beteiligt die DEZA sich an der Erhaltung der am häufigsten verwendeten Nutzpflanzen wie Mais, Reis oder Kartoffeln. Sie finanziert Saatgutbanken, um Saatgut in Entwicklungsländern fachgerecht zu lagern.

Weltweit werden immer weniger unterschiedliche Sorten von Nutzpflanzen angebaut. Damit Getreide oder Reis aber zukünftigen Herausforderungen gerecht werden kann, ist eine genetische Vielfalt überaus wichtig. So können etwa alte mit neuen Sorten gekreuzt werden, um den Auswirkungen des Klimawandels zu begegnen.

Porträt von Simon Zbinden
Simon Zbinden ist Co-Leiter des Globalprogramms Ernährungssicherheit der DEZA. Die DEZA unterstützt den Welttreuhandfonds für Kulturpflanzenvielfalt. © DEZA

Simon Zbinden, auf Spitzbergen können bis zu 4.5 Millionen Samenproben eingelagert werden. Warum brauchen wir so viele Pflanzensorten? Zum Beispiel gibt es Samen von 120‘000 Sorten Weizen, aber das wird doch nie benötigt?

Die biologische Vielfalt bei Kulturpflanzen, auch Agrobiodiversität genannt, ist das Ergebnis einer Jahrtausende langen Entwicklung.

Auf der ganzen Welt wird Saatgut in rund 1700 Saatgutbanken aufbewahrt, damit es zur Verfügung steht und insbesondere die Ernährungssicherheit der Bauern in Entwicklungsländern verbessert. Auf Spitzbergen sind zur Absicherung Kopien des Saatgutes aus diesen Banken eingelagert. Denn diese können gefährdet sein: So wurde etwa die Saatgutbank in Aleppo (Syrien) während des Bürgerkriegs zerstört. Dank dem «Back-up» auf Spitzbergen konnte die Bank wieder alimentiert werden und führt ihre Arbeit heute im Libanon und in Marokko fort. Doch es braucht nicht einmal solche Extremsituationen: Schon eine defekte Kühlanlage kann den ganzen Bestand einer Samenbank zerstören.

In einem alten Kohlestollen auf Spitzbergen ist das Saatgut sicher eingelagert. Die Temperatur wird auf -18 Grad Celsius gehalten und sorgt so für optimale Lagerungsbedingungen. Doch auch wenn eine Kühlanlage ausfallen sollte, bietet der arktische Permafrost noch ausreichenden Schutz.

Kürzlich hat sich jedoch gezeigt, dass trotz aller Massnahmen nicht von einer absoluten Sicherheit ausgegangen werden kann: Die immer höheren Temperaturen in der Folge des Klimawandels gefährden sogar den Permafrost: Da der Boden aufgetaut ist, trat Tauwasser in den Zugangsstollen ein. Die Samen waren zwar nie gefährdet, doch zeigte sich hier sehr klar, dass der Klimawandel und seine Auswirkungen auf den Permafrost das ganze Projekt gefährden könnten. Jetzt werden bauliche Massnahmen geplant, um die ganze Konstruktion noch besser zu schützen.

Im Bunker können 4,5 Millionen Samenproben eingelagert werden. Diese gehören den jeweiligen Genbanken, und werden nur auf deren Wunsch wieder herausgegeben. Die Samen selbst werden luftdicht abgeschlossen in Plastikfolie aufbewahrt, und dann in Kisten gepackt. Je nach Pflanzenart behalten sie ihre Keimfähigkeit damit jahrzehnte- oder jahrhundertelang.

Der Saatgutbunker wird vom Welttreuhandfonds für Kulturpflanzenvielfalt (Global Crop Diversity Trust, GCDT) verwaltet, der ein Gemeinschaftsunternehmen der UNO-Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation (FAO) und der «Consultative Group on International Agricultural Research» (CGIAR) ist. Der Fonds wird von verschiedenen Stiftungen, Firmen und Ländern unterstützt, darunter auch der Schweiz.