Syrien: humanitäre Hilfe unabhängig von Konfliktlinien

Gemeinsam mit Botschafterin Maya Tissafi hat DEZA-Direktorin Patricia Danzi Jordanien, Syrien und Libanon besucht. Im Fokus des Besuchs stand die humanitäre Arbeit der Schweiz.

Mädchenschule in Syrien: Unter anderem sieht man DEZA-Direktorin Patricia Danzi und Botschafterin Maya Tissafi vor einer Wandtafel stehen, während sie sich mit Schülerinnen unterhalten.

DEZA-Direktorin Patricia Danzi und Botschafterin Maya Tissafi zu Besuch in einer Mädchenschule in Syrien. © DEZA

Die mediale Öffentlichkeit hat sich zu grossen Teilen von Syrien abgewandt. An Dringlichkeit verloren haben die Bedürfnisse der Bevölkerung in der Region aber nicht. Nach wie vor leiden unzählige Menschen unter den gravierenden Folgen der bewaffneten Auseinandersetzungen sowie unter den damit verbundenen schweren Verstössen gegen das humanitäre Völkerrecht und die Menschenrechte. Im September 2022 waren in Syrien laut der UNO 14,6 Millionen Menschen auf humanitäre Hilfe angewiesen. Die Nachbarländer Libanon und Jordanien weisen im Vergleich zur Wohnbevölkerung die weltweit höchsten Flüchtlingsraten auf.

Die Schweiz ist in Syrien mit einem ihrer grössten humanitären Programmen aktiv.
Patricia Danzi, DEZA-Direktorin

In diesem Kontext hat DEZA-Direktorin Patricia Danzi gemeinsam mit Botschafterin Maya Tissafi, Leiterin der Abteilung MENA (Mittlerer Osten und Nordafrika) des EDA, die Länder Jordanien, Syrien und Libanon besucht. «Die Schweiz ist in Syrien mit einem ihrer grössten humanitären Programmen aktiv. Es war mir wichtig, die Arbeit vor Ort persönlich zu sehen», sagt Patricia Danzi.

Humanitäre Hilfe im Fokus

In Jordanien besuchten Patricia Danzi und Maya Tissafi ein von der DEZA unterstütztes Sozialhilfeprojekt der NGO Medair in Sahab. «Jordanien ist damit konfrontiert, die komplexen Bedürfnisse von Geflüchteten, Migrantinnen und Migranten aber auch vulnerablen Gruppen aus Jordanien selbst unter einen Hut zu bringen», erklärt Patricia Danzi.

Die Schweiz unterstützt mit dem Projekt in Sahab deshalb einen Ansatz, bei dem in Zusammenarbeit mit Organisationen der lokalen Zivilgesellschaft ganzheitliche Lösungen entstehen. Im Zuge der Syrienkrise habe sich die Arbeit von kurzfristiger finanzieller Hilfe hin zu Unterstützung in Bereichen wie Lebensunterhalt und Unterkunft, aber auch psychische und soziale Fragen sowie dem Kapazitätsaufbau von lokalen Akteurinnen und Akteuren gewandelt.

Ein weiteres von der Schweiz unterstütztes Projekt besuchten Patricia Danzi und Maya Tissafi in Rural Damaskus in Ost Ghouta, Syrien. Die Schweiz stärkt dort durch Interventionen im Bereich Wasser- und Sanitärversorgung (WASH) sowie Existenzsicherung (Livelihood) die Resilienz der konfliktbetroffenen Bevölkerung. Die Schweizer Delegation besuchte eine Schule, deren Sanitärinstallationen durch den NGO-Partner Oxfam wiederhergestellt wurden. «Die Schweiz leistet humanitäre Hilfe in allen Regionen von Syrien unabhängig von Konfliktlinien und basierend auf humanitären Bedürfnissen», sagt Patricia Danzi.

Schweiz reagiert aktiv auf humanitäre Bedürfnisse

Stark betroffen von der Krise in Syrien ist auch die Bekaa-Hochebene im Nachbarland Libanon. Dort leben besonders viele aus Syrien geflüchtete Menschen, zumeist in sogenannten ITS (informellen Zeltsiedlungen). Bis zu 90 Prozent der geflüchteten Bevölkerung in der Hochebene ist von extremer Armut betroffen und hat Schwierigkeiten damit, Nahrungsmittel zu kaufen. Patricia Danzi und Maya Tissafi besuchten gemeinsam mit Ayaki Ito, dem Verantwortlichen des UNHCR in Libanon ein ITS im Dorf Saadnayel. «Das UNHCR in Libanon ist eine zuverlässige Partnerorganisation und die Schweiz schätzt die Zusammenarbeit mit dem UNHCR», sagt Patricia Danzi. Die Schweiz setze sich für alle Bedürftigen im Libanon, den aus Syrien Geflüchteten aber auch vulnerablen Gruppen in Libanon ein.

Die Syrienkrise hat seit 2011 das Leben von mindestens 12 Millionen Menschen beeinträchtigt. Mehr als 5,5 Millionen Syrerinnen und Syrer sind in den Nachbarländern als Flüchtlinge registriert und 6 Millionen gelten als Binnenvertriebene. Die Schweiz hat seither über 610 Millionen Franken für die betroffene Bevölkerung in der Region bereitgestellt. Sie reagiert aktiv auf die enormen humanitären Bedürfnisse und stärkt die Resilienz der Bevölkerung Syriens und der Region. Die Schweiz engagiert sich in den Schwerpunktbereichen: Schutz und Migration, Bildung und Einkommen, Konfliktprävention, Friedensförderung sowie Wasser und sanitäre Anlagen. Zudem leistet sie Nothilfe bei humanitären Krisen.

Nach elf Jahren Bürgerkrieg in Syrien ist das Land weitgehend zerstört. Wie kann die Schweiz in einer anhaltenden Krise wie in Syrien helfen? Dies ist das Thema der zehnten Folge des DEZA-Podcasts «A Plus For Humanity». © YouTube / Swiss Foreign Ministry

Die Schweiz engagiert sich für eine politische Lösung

Die Schweiz setzt sich auf verschiedenen Ebenen für eine friedliche Lösung des Konfliktes in Syrien ein. Unter der Schirmherrschaft der UNO bringt die Schweiz als Gaststaat des Verfassungsausschusses in Genf die verschiedenen Konfliktparteien an einen Tisch, dabei spielt der Einbezug der Zivilgesellschaft eine wichtige Rolle. «Für die Schweiz ist klar, dass es ohne sinnvollen politischen Prozess keinen dauerhaften Frieden und keine Lösung der humanitären Krise in Syrien geben kann», erklärt Maya Tissafi.

Für die Schweiz ist klar, dass es ohne sinnvollen politischen Prozess keinen dauerhaften Frieden und keine Lösung der humanitären Krise in Syrien geben kann.
Maya Tissafi, Leiterin der Abteilung MENA beim EDA

Im UNO-Sicherheitsrat figuriert Syrien mehrmals pro Monat auf der Agenda. «Die Schweiz wird sich künftig auch im Rahmen ihres Mandates als gewähltes Mitglied ab Januar 2023 u.a. dafür einsetzen, dass die lebensnotwendige grenzüberschreitende Hilfe nach Syrien weiterhin geleistet werden kann», fügt Maya Tissafi abschliessend an.

Was ist Cholera und welche Auswirkung hat sie in Syrien?

Cholera ist eine Durchfallerkrankung, verursacht durch das Bakterium Vibrio cholerae. Dieses bildet im Darm ein Gift (Choleratoxin), das Durchfall auslöst und zu grossem Flüssigkeitsverlust führen kann. Die Ansteckung erfolgt meistens durch Trinkwasser, welches mit Fäkalien oder Erbrochenem von erkrankten Personen verschmutzt ist, oder durch den Verzehr verunreinigter Lebensmittel. In Syrien wurden im Spätsommer erste Fälle von Cholera nachgewiesen, im Libanon im Herbst 2022. Insbesondere durch den schlechten Zugang zu Wasser stellt die Krankheit eine grosse Gefahr für die Bevölkerungen dar. Die DEZA reagiert auf den Ausbruch mit einer Verstärkung ihrer Aktivitäten im WASH-Bereich (Wasser, Hygiene und Gesundheit) und plant zusätzliche Unterstützung für mehrere Partnerinnen und Partner in diesem Bereich.

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