Die Schweiz hilft den Menschen in der Ukraine durch den Winter

Gezielte Angriffe auf die Energieinfrastruktur und die Grundversorgungssysteme haben die Situation für die Zivilbevölkerung in der Ukraine verschärft. Seit September hat die DEZA einen Aktionsplan ausgearbeitet, um die ukrainische Bevölkerung während des harten Winters zu unterstützen. Dieser Plan beinhaltet Hilfe im Wert von 100 Millionen Franken und umfasst die Neuprogrammierung der von der DEZA bis anhin unterstützten Aktivitäten, die Lieferung von Winterausrüstung und die Instandsetzung von Wohnungen und der Energieinfrastruktur.

24.01.2023
Eine Mutter trägt ihr Kind auf dem Arm und schaut in die Kamera.

Ein Überwinterungsprojekt von Caritas Ukraine, unterstützt durch Caritas Schweiz, hilft Menschen, die finanziellen Mittel zu erhalten, die sie zur Deckung ihrer Bedürfnisse dringend benötigen. © Caritas

Rund 18 Millionen Menschen in der Ukraine – etwa 40 Prozent der Bevölkerung – sind aufgrund des Krieges auf Hilfe angewiesen. Der Winter verschlimmert diese Situation weiter, da über 30 Prozent der Energieinfrastruktur beschädigt wurde. Die gezielten Angriffe auf die zivile Infrastruktur haben dazu geführt, dass es vielerorts keinen Zugang zu Trinkwasser gibt und die Stromversorgung und die Telekommunikation unterbrochen sind.

Bereits im September hatte die DEZA mit der Ausarbeitung eines Aktionsplans für die Winterhilfe begonnen. Dieser beinhaltet die Neuprogrammierung der von der DEZA bis anhin unterstützten Aktivitäten, um den neuen Bedürfnissen gerecht zu werden, die Lieferung von Winterausrüstung (Generatoren, Heizungsanlagen etc.) und die rasche Wiederherstellung von Wohnungen und der Energieinfrastruktur. Im Folgenden finden Sie einige Projekte, welche durch die DEZA unterstützt und den Bedürfnissen des Winters angepasst wurden.

Nach dem achten Raketenangriff innerhalb von acht Wochen sind schätzungsweise 50 Prozent der Energieinfrastruktur der Ukraine beschädigt. Angesichts des Kälteeinbruchs und der extremen Wetterbedingungen leiden Millionen von Zivilisten unter dem anhaltenden Mangel an Wärme, Strom und Wasser.
Lukáš Voborský, Direktor der Ukraine Crisis Response

Bargeld und Winterhilfe

Zahllose Menschen in der Ukraine sind von den Schrecken des Krieges traumatisiert und schätzungsweise 6,5 Millionen Menschen sind auf der Flucht. «Nach dem achten Raketenangriff innerhalb von acht Wochen sind schätzungsweise 50 Prozent der Energieinfrastruktur der Ukraine beschädigt. Angesichts des Kälteeinbruchs und der extremen Wetterbedingungen leiden Millionen von Zivilisten unter dem anhaltenden Mangel an Wärme, Strom und Wasser», sagt Lukáš Voborský, Direktor der Ukraine Crisis Response.

Ein Mann steht neben einem Lastwagen, der Holz ablädt.
Caritas bietet finanzielle Unterstützung, damit betroffene Personen ihre Grundbedürfnisse stillen können. © Caritas Ukraine

Aus diesem Grund führt die Caritas Ukraine, unterstützt durch Caritas Schweiz, ein spezielles Projekt durch, welches Menschen hilft, durch den harten Winter zu kommen. Das Programm wird von der DEZA finanziert und nutzt in erster Linie die Modalität der Bargeldhilfe. Dadurch erhalten die Betroffenen schnell und unkompliziert die finanziellen Mittel, die sie brauchen, um ihre Grundbedürfnisse zu decken. So können sie zum Beispiel die hohen Kosten für Brennstoff und Versorgungsleistungen bezahlen. Caritas unterstützt auch die Sanierung von Sammelunterkünften, in denen die Vertriebenen vorübergehend leben. Sie bietet zudem psychologische Unterstützung für Menschen an, die entlang der Frontlinie leben.

Häuser und Energieinfrastruktur reparieren

Seit September 2022 arbeitet die DEZA mit Partnerorganisationen daran, zerstörte Häuser und Wohnungen wieder bewohnbar zu machen. Dazu gehört der Austausch von Fenstern, Türen und Sanitärrohren. Auch die Isolierung der Gebäude wird verbessert. Darüber hinaus unterstützt die DEZA die Renovierung und Instandhaltung von Zentren für Menschen, die gezwungen wurden, ihre Häuser zu verlassen. Ziel ist es, diese Wohnungen so rasch wie möglich wintertauglich zu machen. Spezialisten des Schweizerischen Korps für humanitäre Hilfe (SKH), die von der DEZA eingesetzt werden, sind vor Ort, um diese Arbeiten zu koordinieren. Sie können bei der Durchführung all dieser Aktivitäten auf die Solidarität und die Mitarbeit der ukrainischen Bevölkerung zählen.

Die Schweiz unterstützt zudem Projekte zur raschen Wiederherstellung der Energieinfrastruktur der Ukraine. Sie hilft auch ukrainischen Energieunternehmen bei der Beschaffung von Energiequellen und Ersatzteilen. Und die Schweiz trägt zur Reparatur von Schienenbefestigungssystemen bei, die für den Transport von schweren Gütern wie beispielsweise Getreide von hoher Bedeutung sind.

Finanzielle Unterstützung der Schweiz seit dem 24. Februar 2022

Die Schweiz hat ihre Beiträge für die humanitäre Hilfe und die internationale Zusammenarbeit in der Ukraine und der Region im vergangenen Jahr deutlich erhöht.

Internationale Zusammenarbeit (CHF 50 Millionen jährlich 2023/2024)

Das Budget des bilateralen Programms der internationalen Zusammenarbeit der Schweiz in der Ukraine wurde für 2022 und 2023 verdoppelt, wobei die Projekte angesichts der aktuellen Lage entsprechend angepasst wurden.

Nachtragskredit I Humanitäre Hilfe (CHF 80 Millionen)

Soforthilfe für die vom Konflikt betroffene Bevölkerung in der Ukraine und den Nachbarländern.

Zusatzkredit II Winterhilfe (CHF 100 Millionen)

Winterplan für die dringende Sanierung der Energieinfrastruktur und der Grundversorgungssysteme der Ukraine, einschliesslich einer Unterstützung für Moldawien (CHF 6 Millionen

Frieden und Menschenrechte (CHF 1,5 Millionen)

Projekte im Bereich Frieden und Menschenrechte, mit Schwerpunkt auf der Rechenschaftspflicht und dem Schutz der Zivilbevölkerung.

Schutz von Kulturgütern (CHF 0,5 Millionen)

Schutz von Kulturgütern durch Akteure der Schweizer Zivilgesellschaft und das UNESCO-Kulturerbe.

Wirtschaftshilfe

  • CHF 23 Millionen wurden 2022 vom SECO über die Weltbank und die EBRD bereitgestellt, um die nicht-militärischen Funktionen des ukrainischen Staates aufrechtzuerhalten, Wirtschaftsreformen und KMU zu unterstützen und die Schadens- und Bedarfsanalyse umzusetzen.
  • CHF 15 Millionen werden über SIFEM in den ukrainischen Fonds HORIZON investiert, der Technologie-Start-ups unterstützt.
  • CHF 20 Millionen (geplant) werden als Garantie für ukrainische Flüchtlinge mit S-Schutzstatus im Rahmen des Währungshilfegesetzes beantragt

Nachtragskredit II Migration in die Schweiz (CHF 1100 Millionen)

Unterkunft, Sozialhilfe und Gesundheitsdienste sowie kostenlose öffentliche Verkehrsmittel für ukrainische Flüchtlinge in der Schweiz. Die Schweiz hat im März 2022 den S-Schutzstatus für ukrainische Flüchtlinge eingeführt, um ihnen Schutz und Zugang zum Arbeitsmarkt und zur Schulbildung zu gewähren. Mehr als 70’000 ukrainische Flüchtlinge haben den S-Schutzstatus erhalten.

Mobile psychosoziale Teams in Lviv, Vinnytsia, Kirovohrad und Dnipropetrovsk

Aufgrund der militärischen Aggression Russlands gegen die Ukraine sind allein in Winnyzja fast fünftausend Kinder zu Binnenvertriebenen geworden. Heute leiden viele von ihnen unter psychologischen Problemen: Albträume, Schwierigkeiten, ihre Gedanken auszudrücken, Angst vor lauten Geräuschen und Zittern. People in Need (PIN) ist eine mitteleuropäische Nichtregierungsorganisation, die humanitäre Hilfe leistet, auf Bildung setzt und Menschen hilft, die in sozialer Ausgrenzung leben. In der Ukraine hat PIN vier mobile Teams eingerichtet, die vor allem Binnenvertriebenen psychosoziale Unterstützung bieten. 

Ein Junge sitzt in einem Raum und schreibt auf ein Blatt Papier, das auf dem Stuhl vor ihm liegt. Um ihn herum lernen andere Kinder in einem ähnlichen Setup.
Yehor träumt davon, Übersetzer zu werden. Deshalb lernt er nicht nur in der Schule Englisch, sondern sucht auch in seiner Freizeit ständig nach zusätzlichen Materialien im Internet, um die Sprache auf eigene Faust zu entdecken. © People in Need

Seit September 2022 haben diese Teams in sieben Siedlungen in den Gebieten Lviv, Vinnytsia, Kirovohrad und Dnipropetrovsk gearbeitet und bis anhin 580 Personen betreut (178 Männer und 402 Frauen bis November).

Psychologen von PIN sagen, dass viele vom Krieg betroffene Kinder die Motivation verloren haben, nach ihren Zielen zu streben. «Was soll ich mit meinem Leben anfangen, wenn ich nicht einmal für meine eigene Sicherheit sorgen kann?», fragt ein Junge. Nach mehreren Gruppensitzungen mit einem Psychologen geht es den Kindern besser. Sie haben neue Wünsche und Ziele. Einige von ihnen wollen jetzt Berufe ergreifen, die mit der Rettung von Menschen in Krisen zu tun haben.

Mobile Schutzteams und Winterhilfe für die Bevölkerung in Sumy und Tschernihiw

Die Nichtregierungsorganisation Right to Protection (R2P) hilft Menschen in Sumy und Tschernihiw, den Winter zu überstehen. Beide Regionen haben unter den Kämpfen gelitten und wurden teilweise besetzt. Viele Dörfer und Kleinstädte sind stark zerstört, einschliesslich der Heizungssysteme und der öffentlichen Verkehrsmittel. Die Menschen dort leben ohne Zugang zu den grundlegenden Dienstleistungen.

Zwei ältere Frauen nehmen sich in den Arm und schauen in die Kamera.
Rogova Nina, 71 Jahre alt, stammt aus dem Dorf Halyavyn in der Provinz Tschernihiw. © Right to Protection

In Zusammenarbeit mit der DEZA versorgt das Team von R2P bedürftige Bürger mit elektrischen Heizgeräten und Brennstoffbriketts, um den Winter zu überstehen. Die Heizmaterialien werden an viertausend Haushalte verteilt. Tetyana und ihre 12 Jahre alte Enkelin sind einer von ihnen. Sie leben im Dorf Mnyov in der Gemeinde Tschernihiw und haben elektrische Heizgeräte für diesen schwierigen Winter erhalten. R2P bietet auch psychologische Unterstützung für das 12-jährige Mädchen, dessen Vater in Gefangenschaft ist und dessen Mutter im Atomkraftwerk arbeitet, weit weg von zu Hause. Nina ist ein weiteres Beispiel. Die 71-jährige Frau aus dem Dorf Halyavyn in der Gemeinde Tschernihiw blieb während der Besatzung in ihrem Dorf. Sie erlitt einen furchtbaren Schock, als eine Mine in der Nähe ihres Hauses explodierte und alle Fensterscheiben zerbrach. Nina überlebte nur, weil sie sich in einem Keller versteckte. Sie erhielt eine Heizung, um ihr Haus zu wärmen und den Winter zu überstehen.

Eine Frau spricht in einer zur Notunterkunft umgebauten Turnhalle mit ankommenden Menschen.
Psychologin Lidia knüpft Kontakte, um später individuelle Beratungen anzubieten. © Right to Protection

R2P verfügt zudem über mobile Teams, die Menschen in Not in den ländlichen Gebieten der Regionen Sumy und Tschernihiw aufsuchen, um ihnen zu helfen. Zu diesen Teams gehören Anwälte, Sozialarbeiter, Psychologen und Gesundheitsberater, die täglich in der Region unterwegs sind. 

Mobile Schutzteams zur Unterstützung der Bevölkerung in schwer zugänglichen Grenzgebieten

Eine Helferin spricht mit einer Frau, deren Wohnhaus stark beschädigt wurde.
Gespräch mit Tetjana, einer Bewohnerin von Charkiw, deren Wohnhaus schwer beschossen wurde. © Nonviolent Peaceforce

Nonviolent Peaceforce (NP) ist eine internationale NGO, deren Ziel es ist, Zivilisten in Konflikten durch unbewaffnete Strategien zu schützen. In der Ukraine ist NP an der Front und in schwer zugänglichen Gebieten tätig, wo die Zivilbevölkerung die Hilfe am dringendsten benötigt. NP arbeitet in verschiedenen Bereichen in der Ukraine – sie:

  • koordiniert die grösste Zusammenkunft von lokalen und internationalen humanitären Helfern im Süden der Ukraine seit der Eskalation im Februar;
  • begleitet Hunderte von Menschen, die Ausweispapiere benötigen, durch Kontrollpunkte, die sie sonst nicht passieren könnten, um Zugang zu rechtlicher Unterstützung zu erhalten;
  • unterstützt bei der Evakuierung von Hunderten von Zivilisten in den geräumten Gebieten von Charkiw und Cherson;
  • schult lokale Helfer in Sicherheitsfragen und stattet sie mit wichtiger Schutzausrüstung aus (PSA), um den Menschen in Not sicher helfen zu können.

Darüber hinaus liefert die NP durch ihre zeitnahe Analyse und die Berichterstattung vor Ort – wie beispielsweise die Schnellbewertung des Bedarfs in Cherson – der internationalen humanitären Gemeinschaft und den Behörden wichtige Anhaltspunkte darüber, wo welche Hilfe benötigt wird.

Lieferung von Ausrüstung

Anfang Dezember hat die DEZA 30 Generatoren für die Energieerzeugung in die Ukraine geliefert. Darüber hinaus wurden 40 mobile Heizgeräte einschliesslich Zubehör und Generatoren gekauft, die noch vor Ende 2022 an die Ukraine geliefert wurden. Die Lieferung von weiteren Hilfsgütern wird derzeit geprüft.

Impressionen zur Hilfsgüterlieferung in die Ukraine (Video auf Deutsch).

Stärkung der ukrainischen Zivilgesellschaft zum besseren Schutz von Frauen und marginalisierten Gruppen

Seit dem Beginn der russischen Invasion hat auch die ukrainische Zivilgesellschaft eine Reihe von lebenswichtigen Dienstleistungen und Hilfen für die betroffenen Menschen bereitgestellt. Mit finanzieller Unterstützung der DEZA hat die Osteuropastiftung bereits 12 Zuschüsse an ukrainische zivilgesellschaftliche Organisationen für Projekte zur Unterstützung und Integration von Binnenflüchtlingen vergeben. Die Initiativen umfassen Projekte zur Beratung und Unterstützung von Frauen und Kindern, LGBTQ+, gefährdeten Gruppen, die Ausstattung von Unterkünften, psychologische und rechtliche Hilfe und die Bekämpfung geschlechtsspezifischer Gewalt.

Darüber hinaus erhalten zivilgesellschaftliche Organisationen Schulungen und Mentoring-Unterstützung, um ihre Kapazitäten für die weitere Arbeit in der Krise zu stärken. Dazu gehören Finanzmanagement, Projekt- und Teammanagement, Fundraising, Freiwilligenmanagement und Kommunikationsmöglichkeiten.

Zum Anfang