Anna Meyer: «Überhall»

Samstag, 04.02.2023 – Freitag, 07.04.2023

Ausstellung; Bildende Kunst

Nadelöhr, 2022, Öl auf Leinwand 130 x 200 cm
Nadelöhr, 2022, Öl auf Leinwand 130 x 200 cm © Anna Meyer / Galerie Krobath

Die dystopisch- fantastischen Landschaftsbilder verorten sich in der südlichen Hemisphäre des Globus, wandernde Sanddünen, ausgetrocknete Küsten, verzauberte Pinienwälder bilden die Kulisse der Klimakrise, in der sich seltsam degenerierte Zwitterwesen bewegen, mit Batterien betriebene Schnecken, Klitorisflamingos mit Glashelmen, Helmschildkröten, die an Handgranaten erinnern, Miragestörche, die Überschall fliegen, Roboterkrabben und eine Denkende mit gebeugtem Korallenrücken.

Weinende Steinfelsen an weiten Stränden, eine Alltags-Melancholie, die einerseits beschreibt, anderseits klagt und Lösungen vorgeben will. Kann sie es?

Landschaftsbilder als Folien für die von der Zivilisation gezeichnete Krise, die den Planeten verbrennt.  Modelle als für die Augen begehbare Bilder verstärken ironisch/sarkastisch die vermeintliche Botschaft, die dann vor sich selbst resigniert, weil sie Raubbau betreibt.

Ein roter Faden führt die Ausstellung durch ein Nadelöhr, von Schnecken gezogen über die Tür nach draussen, zurück von Flugzeugstörchen zu den Bildern geflogen. Gedanken verknüpfen Erinnerungen an Lösungen, die drängen würden, dabei als roter Faden ausfaden, lose im Raum hängend. Fauna und Flora geben fluide Entwicklungen vor, Schnecken, Pilze, Fantasiepflanzen wie der in eine queere Pflanze verwandelte Titanwurz, zeichnen eine liquid politische Sicht auf die Überhitzung vor, in der schillernde Doppelbilanzen vorgezeichnet werden, die die erforderlichen Massnahmen leichter scheinen lassen, den Erdball nicht zum Bersten zu bringen. Die Tierhybride stehen für Ecological Thinking, Bionik als mögliche Orientierung an der Natur, um die Katastrophe aufzuhalten.

Die altvordere Landschaftsmalerei wird in die Jetztzeit gedreht, funkelnde Sichten bebildern Lösungen, futurefluid fempolitische Akzente funken mögliche Richtungen vor, obwohl es als zu spät erscheint. Die leicht fatale Stimmung schwenkt uns auf das ein, was bald bevorstehen würde, wenn wir nicht…

Das Entstehen einer intergeschlechtlichen Zeit kann der Klimapolitik Impulse geben, so auch im Sinne des Transplanthumanismus. Plant steht hier für Natur, also in Verbindung und Verschmelzung mit der Natur im Sinne von Donna Haraway.

Luzide gemalte Klimakrisenlandschaftsbilder in Farben die unter den Lidern brennen, können es auch nicht lösen, daher regen sie mindestens eine Art Überlebenswerk am Planeten an.

Sand als Äquivalent zum Schnee, der Schnee/das Eis schmilzt, die Landschaft trocknet aus, versandet. 

All die ambitionierten Sätze, um zu retten könnten versanden, weil wir dann doch nicht wollten. Gruselige Schauer jagen Angstgänse über die Haut, beim Schauen auf das, was als unser trauriges toxisches Werk an der Erde gilt.

Schön ist anders, dennoch ein traurig glänzender Nachhall auf die bange Zukunft.

Die Sonne schmilzt sich unaufhaltsam durch unsere hoch gesetzten Klimaziele. Bald wäre der Blick zurück auf die Erde aus dem losgelösten Weltraumteleskop nur noch ein Schallschatten.

Als Versatzstücke sind die Hybride ineinander verwoben, Pflanzen/Tiere mit Zivilisationsdingen und Humans verschmolzen, verdonnert einen Krieg gegen sich selber zu führen, den sie nicht wollten. Kriege kriegen nie genug. Die Natur gäbe Lösungen vor. Am Horizont schwebt ein Meer-wert voller Hoffnung, fein ziselierten Thesen, die die Welt retten würden.Der Überhall summt eine tiefe Melancholie, die unser Unterbewusstsein eindunkelt.

Die Bilder tauchen in die Untiefen all dieser Übel, suchen Ausflüchte, die wie Gedankenluftblasen an der Oberfläche platzen, bevor sie überhaupt Gestalt annehmen konnten. Unser unwiderrufliches Tun am Planeten scheint ein Wissen zu sein, das wir uns ungern eingestehen, aber ganz klar die grosse Katastrophe in sich birgt. Die Bilder beschreiben eine Zukunft, die bald keine mehr sein kann, sie schauen voraus auf den Hall nach dem Knall. Eher geht ein Kamel durch ein Nadelöhr, als dass Reiche (Menschen) die Klimakrise beheben.

– Anna Meyer 2022

Ausstellungsdauer: 
4. Februar bis 7. April 2023

Ort: Galerie Krobath, Eschenbachgasse 9, 1010 Wien