Interview mit der Schweizer Ballerina Céline Janou Weder

Artikel, 20.03.2019

Die in Frauenfeld geborene Tänzerin Céline Janou Weder ist seit 2008 Ensemblemitglied des Wiener Staatsballetts. Ob klassisches Ballett oder contemporary dance, sie beherrscht das Genre Tanz auf höchstem Niveau. Wir haben sie getroffen und sie gefragt, wie es ihr als Schweizerin in Österreich geht und wie es ihr gelingt, auf Schweizer Käse und Schokolade zu verzichten.

Céline Janou Weder
Céline Janou Weder © EDA/RAS

Liebe Céline, woher aus der Schweiz stammst du ursprünglich?
Das ist gar nicht so einfach zu beantworten, denn meine Familie ist nomadengleich umhergezogen. Die Leidenschaft meines Vaters waren Pferde, und so hat es sich ergeben, dass wir uns immer an anderen Orten niedergelassen haben. So habe ich schon als Kind viele Orte der Schweiz kennengelernt.
Aber um es kurz zu machen: geboren wurde ich in Frauenfeld, aufgewachsen bin ich in Aargau und Solothurn. Zwischendurch haben wir ein paar Jahre in Deutschland gelebt. Dort ist meiner Mutter aufgefallen, dass ich als vierjähriges Mädchen einen ausgeprägten Bewegungsdrang entwickelt hatte. So begann ich mit vier Jahren, Ballett zu tanzen. Zurück in der Schweiz tanzte ich als Siebenjährige in einer Ballettschule in Aarau, gewohnt haben wir damals in Kölliken.
In Aarau habe ich auch begonnen, an Wettbewerben teilzunehmen. Dadurch bin ich auf eine Schule und Lehrerin in Solothurn gestossen, wo ich dann mit Ballett weitergemacht und mich zusehends auf den klassischen Tanz konzentriert habe. Ich war unschlüssig, ob ich für die Teilnahme an Wettbewerben weiterhin ausreichend motiviert war. Denn mein Schultag zu dieser Zeit dauerte länger als der einer normalen Schülerin. Ich musste nach der Schule direkt ins Ballett zum Training. Der zusätzliche Druck durch die Wettbewerbe kam mir da nicht besonders gelegen.
Mein letzter Schweizer Wohnsitz war in Aarburg, bevor mich mein beruflicher Werdegang nach Wien bringen sollte…

Hast du deine Tanzausbildung in der Schweiz absolviert oder bereits in Österreich?
Meine Ballettlehrerin in Solothurn erkannte mein Talent und sie meinte damals, ich könne das Ballett zu meinem Beruf machen. Daraufhin habe ich einen Berufsabklärungstag absolviert und man kam zum gleichen Ergebnis: ich eignete mich zur professionellen Balletttänzerin. Mein Weg führte mich darauf hin nach Zürich, zur SBBS. Die Schweizerische Berufsballettschule SBBS ist die einzige öffentlich unterstützte Ausbildungsstätte für Berufstänzerinnen und Berufstänzer in der Schweiz. Ich hatte an einer open class teilgenommen und mir wurde ein Vertrag angeboten. Der Direktor damals war Heinz Spoerli. Unter ihm tanzte schon Martin Schläpfer, der bald in Wien die Nachfolge von Manuel Légris als Direktor des Wiener Staatsballetts antreten wird. Das Jahr in Zürich war hart und ich wechselte dann nach München an die Ballettakademie der Heinz-Bosl-Stiftung. Nach zwei Jahren in München ging ich wieder zurück nach Zürich, wo ich mein erstes Engagement bekommen habe.
Im Alter von 20 bis 23 Jahren war ich Teil des Ballettensembles des Theaters Basel unter Richard Wherlock. Rückblickend muss ich feststellen, dass ich in all den Ensembles, selbst in den Ballettschulen in der Schweiz, immer die einzige Schweizerin war. Die meisten Ensemblemitglieder stammten aus Russland, Japan und den USA.
Ich habe immer fleissig trainiert und meine Fähigkeiten verbessert. Schliesslich habe ich den Tanzwettbewerb des Migros-Kulturprozent gewonnen… aus dieser Zeit kenne ich auch Martin Schläpfer, der als Jurymitglied fungierte.

Was hat dich dazu bewogen, nach Wien zu kommen?
Wenn man sich mit allen Facetten des klassischen Tanzes befassen will, muss man viele Akademien, Klassen und Lehrer kennenlernen. Deswegen habe ich häufig die Ballettschule gewechselt, was letztlich der Verbreiterung meines Repertoires sehr zuträglich war. Die Stile, die an den einzelnen Akademien unterrichtet werden, sind oft sehr unterschiedlich. In Zürich wurde klassisch getanzt, mit Spitzenschuhen. Basel hingegen war modern angelegt, dort habe ich contemporary dance kennengelernt und niemals Spitzenschuhe getragen. Ich wollte trotzdem klassisch weitermachen. Doch dann kam mit eine Hüftverletzung dazwischen…
Ich musste eine lange Pause einlegen, und ich hatte Zeit, über meine Zukunft nachzudenken. Ich wollte weg aus der Schweiz, ich machte viele auditions, und ich hatte Wien immer in meinem Hinterkopf präsent. Dann machte ich meine erste geplante audition nach der Hüftverletzung. Zufälligerweise genau in Wien. Diese auditions sind immer sehr anspruchsvoll, was den Körper und den Geist betrifft. In Wien haben in diesem Jahr über 200 Tänzerinnen und Tänzer vorgetanzt, um in das berühmte Wiener Staatsballett aufgenommen zu werden. Ich war hochmotiviert, denn ich wollte in eine grosse klassische Kompagnie. Nach mehreren Runden des Vortanzens hat es dann geklappt: ich wurde in Wien angenommen!
Meine Familie war damals sehr glücklich, da Wien nicht so weit weg von der Schweiz ist. Und so ganz fremd sind uns die Österreicherinnen und Österreicher ja auch nicht. Als 23jährige war das Nachbarland genau das richtige für mich. Ich war sehr glücklich, von nun an in Wien tanzen zu können.

Du bist nun schon seit einigen Jahren am Wiener Staatsballett engagiert. Wie geht es dir als einzige Schweizerin in dem sehr internationalen Ensemble?
Die einzige Schweizerin zu sein - dieses Gefühl war mir nicht fremd. In allen bisherigen Ensembles war ich schliesslich auch die einzige. Ich kann aber sehr von meiner Swissness profitieren. Im Wiener Staatsballett ist die Unterrichtssprache englisch oder deutsch, viele meiner Kolleginnen und Kollegen sprechen jedoch französisch. Es hilft mir sehr, all diese Sprachen zu beherrschen und ich kann manchmal Missverständnisse sprachlicher Herkunft ausräumen. Als Schweizerin bin ich es gewohnt, mit interkulturellen Unterschieden umzugehen. Ich begegne unterschiedlichen Kulturen sehr offen und immer positiv. In unserer Kompagnie gibt es eine sehr gute Mischung, wir sind sehr vielfältig und wir schätzen diese Vielfalt. Wir sind wie eine grosse Familie und unterstützen einander so gut es geht.
Und dann kommt noch hinzu, dass ich als korrekte und gewissenhafte Schweizerin natürlich immer versuche, mir möglichst alle Informationen zu beschaffen. So kann ich objektiv und detailgetreu meine Kolleginnen und Kollegen bestmöglich in Kenntnis setzen. In der Zwischenzeit bin ich zur Betriebsrätin innerhalb der Kompagnie gewählt worden. Auch in dieser Funktion versuche ich, unsere Anliegen bestmöglich zu vertreten und immer auf dem Laufenden zu sein, wenn wichtige Entscheidungen anstehen.


Du warst schon auf den Bühnen der Staatsoper und Volksoper zu sehen, in zahlreichen unterschiedlichen Rollen. Gibt es eine Rolle, die du besonders gerne hattest?
Ja, es gab eine Inszenierung, die mich von der ersten Sekunde an gepackt hatte: «Skew Whiff» von Sol Leòn und Paul Lightfoot. Es ist ein Stück für drei Tänzer und eine Tänzerin und wusste sofort, dass ich das tanzen möchte. Es ist ein modernes, provokantes Stück mit viel verstecktem Humor. Ich habe die audition in Wien gemacht und wurde genommen. Das hat mir sehr viel bedeutet.
Dann gab es noch ein Stück, das ich nicht vergessen kann: «Contra Clockwise Witness». In der performance von Natalia Horecna geht es um eine verzweifelte Frau, die sich das Leben nimmt. Ich sollte in einer Szene überraschenderweise zu Boden fallen und in einer Versenkung im Bühnenboden verschwinden. Für das Publikum sollte der Eindruck entstehen, ich würde in ein Loch fallen. Was in vielen Vorstellungen zuvor ein gelungener Effekt war, wurde mir an diesem einen Abend zum Verhängnis. Hätte ich wie sonst immer auf einer Matratze landen sollen, so fiel ich dieses Mal ins Leere und landete unsanft auf dem harten Boden. Ich war im Schockzustand. Doch wie durch ein Wunder konnte ich weitertanzen. Am Ende der Vorstellung kamen dann die Wehwehchen zum Vorschein… Ich war über diesen Unfall deswegen so traurig, weil ich dieses Stück sehr gerne getanzt habe und ich nun für einige Zeit ausgefallen war. Trotzdem hatte ich Glück; es hätte viel schlimmer ausgehen können.

Als Ballerina musst du natürlich immer besonders auf deine Figur achten. Darfst du überhaupt Käsefondue und Schweizer Schokolade essen?
Ja, darf ich! Erstens habe ich gute Gene, zweitens verbrenne ich ja viele Kalorien während des Trainings. Wobei ich definitiv das Raclette der Schokolade vorziehe. Ich liebe Schweizer Käse!!!

Wie sieht es mit deinen Plänen für die Zukunft aus? Wirst du in Wien bleiben? Oder ziehst du sogar in Erwägung, in die Schweizer Heimat zurückzukehren?
Also so genau weiss ich das noch nicht. Ich bin kürzlich auf eine sehr interessante postgraduelle Ausbildung in Bern gestossen, ein Master of Dance Science. Das würde bedeuten, dass ich ein Studium in der Schweiz beginne, allerdings berufsbegleitend. Ich werde also jedenfalls weitertanzen solange meine Beine mich tragen.

Gibt es momentan auf dem Spielplan der Staatsoper eine Inszenierung, die du besonders empfehlen kannst?
Wer wissen will, was Ballett ist, sollte natürlich mit Schwanensee beginnen. Die Choreographie von Rudolf Nurejew ist immer wieder auf dem Spielplan der Staatsoper zu finden.
Am 14. April haben wir eine Ballett-Premiere an der Staatsoper mit «Forsythe | van Manen | Kylián». Dieses Ballett kann ich getrost jedem ans Herz legen, der das Ballett liebt, denn es versammelt die Werke dreier grosser zeitgenössischer Choreographen.
Prinzipiell erfreut sich der klassische Tanz wie auch der moderne Tanz in Wien einer grossen Beliebtheit. Was auf den Bühnen geboten wird, ist durchwegs von sehr hoher Qualität. Besonders interessant wird es aber, wenn man den Publikumsraum verlässt und es selbst einmal mit dem Tanzen probiert. Es gibt in Österreich jede Menge Tanzschulen, die auch Anfängerkurse für Erwachsene anbieten. Ich empfehle jedem, sich einmal im Tanz zu versuchen. Denn es gibt nur eines, das schöner ist, als den Tanz auf der Bühne zu erleben: ihn selbst auszuüben.

Vielen Dank, liebe Céline, für das Interview und toi toi toi für deine bevorstehenden Auftritte!

Artikel, 20.03.2019

Die in Frauenfeld geborene Tänzerin Céline Janou Weder ist seit 2008 Ensemblemitglied des Wiener Staatsballetts. Ob klassisches Ballett oder contemporary dance, sie beherrscht das Genre Tanz auf höchstem Niveau. Wir haben sie getroffen und sie gefragt, wie es ihr als Schweizerin in Österreich geht und wie es ihr gelingt, auf Schweizer Käse und Schokolade zu verzichten.

Céline Janou Weder
Céline Janou Weder © EDA/RAS

Liebe Céline, woher aus der Schweiz stammst du ursprünglich?
Das ist gar nicht so einfach zu beantworten, denn meine Familie ist nomadengleich umhergezogen. Die Leidenschaft meines Vaters waren Pferde, und so hat es sich ergeben, dass wir uns immer an anderen Orten niedergelassen haben. So habe ich schon als Kind viele Orte der Schweiz kennengelernt.
Aber um es kurz zu machen: geboren wurde ich in Frauenfeld, aufgewachsen bin ich in Aargau und Solothurn. Zwischendurch haben wir ein paar Jahre in Deutschland gelebt. Dort ist meiner Mutter aufgefallen, dass ich als vierjähriges Mädchen einen ausgeprägten Bewegungsdrang entwickelt hatte. So begann ich mit vier Jahren, Ballett zu tanzen. Zurück in der Schweiz tanzte ich als Siebenjährige in einer Ballettschule in Aarau, gewohnt haben wir damals in Kölliken.
In Aarau habe ich auch begonnen, an Wettbewerben teilzunehmen. Dadurch bin ich auf eine Schule und Lehrerin in Solothurn gestossen, wo ich dann mit Ballett weitergemacht und mich zusehends auf den klassischen Tanz konzentriert habe. Ich war unschlüssig, ob ich für die Teilnahme an Wettbewerben weiterhin ausreichend motiviert war. Denn mein Schultag zu dieser Zeit dauerte länger als der einer normalen Schülerin. Ich musste nach der Schule direkt ins Ballett zum Training. Der zusätzliche Druck durch die Wettbewerbe kam mir da nicht besonders gelegen.
Mein letzter Schweizer Wohnsitz war in Aarburg, bevor mich mein beruflicher Werdegang nach Wien bringen sollte…

Hast du deine Tanzausbildung in der Schweiz absolviert oder bereits in Österreich?
Meine Ballettlehrerin in Solothurn erkannte mein Talent und sie meinte damals, ich könne das Ballett zu meinem Beruf machen. Daraufhin habe ich einen Berufsabklärungstag absolviert und man kam zum gleichen Ergebnis: ich eignete mich zur professionellen Balletttänzerin. Mein Weg führte mich darauf hin nach Zürich, zur SBBS. Die Schweizerische Berufsballettschule SBBS ist die einzige öffentlich unterstützte Ausbildungsstätte für Berufstänzerinnen und Berufstänzer in der Schweiz. Ich hatte an einer open class teilgenommen und mir wurde ein Vertrag angeboten. Der Direktor damals war Heinz Spoerli. Unter ihm tanzte schon Martin Schläpfer, der bald in Wien die Nachfolge von Manuel Légris als Direktor des Wiener Staatsballetts antreten wird. Das Jahr in Zürich war hart und ich wechselte dann nach München an die Ballettakademie der Heinz-Bosl-Stiftung. Nach zwei Jahren in München ging ich wieder zurück nach Zürich, wo ich mein erstes Engagement bekommen habe.
Im Alter von 20 bis 23 Jahren war ich Teil des Ballettensembles des Theaters Basel unter Richard Wherlock. Rückblickend muss ich feststellen, dass ich in all den Ensembles, selbst in den Ballettschulen in der Schweiz, immer die einzige Schweizerin war. Die meisten Ensemblemitglieder stammten aus Russland, Japan und den USA.
Ich habe immer fleissig trainiert und meine Fähigkeiten verbessert. Schliesslich habe ich den Tanzwettbewerb des Migros-Kulturprozent gewonnen… aus dieser Zeit kenne ich auch Martin Schläpfer, der als Jurymitglied fungierte.

Was hat dich dazu bewogen, nach Wien zu kommen?
Wenn man sich mit allen Facetten des klassischen Tanzes befassen will, muss man viele Akademien, Klassen und Lehrer kennenlernen. Deswegen habe ich häufig die Ballettschule gewechselt, was letztlich der Verbreiterung meines Repertoires sehr zuträglich war. Die Stile, die an den einzelnen Akademien unterrichtet werden, sind oft sehr unterschiedlich. In Zürich wurde klassisch getanzt, mit Spitzenschuhen. Basel hingegen war modern angelegt, dort habe ich contemporary dance kennengelernt und niemals Spitzenschuhe getragen. Ich wollte trotzdem klassisch weitermachen. Doch dann kam mit eine Hüftverletzung dazwischen…
Ich musste eine lange Pause einlegen, und ich hatte Zeit, über meine Zukunft nachzudenken. Ich wollte weg aus der Schweiz, ich machte viele auditions, und ich hatte Wien immer in meinem Hinterkopf präsent. Dann machte ich meine erste geplante audition nach der Hüftverletzung. Zufälligerweise genau in Wien. Diese auditions sind immer sehr anspruchsvoll, was den Körper und den Geist betrifft. In Wien haben in diesem Jahr über 200 Tänzerinnen und Tänzer vorgetanzt, um in das berühmte Wiener Staatsballett aufgenommen zu werden. Ich war hochmotiviert, denn ich wollte in eine grosse klassische Kompagnie. Nach mehreren Runden des Vortanzens hat es dann geklappt: ich wurde in Wien angenommen!
Meine Familie war damals sehr glücklich, da Wien nicht so weit weg von der Schweiz ist. Und so ganz fremd sind uns die Österreicherinnen und Österreicher ja auch nicht. Als 23jährige war das Nachbarland genau das richtige für mich. Ich war sehr glücklich, von nun an in Wien tanzen zu können.

Du bist nun schon seit einigen Jahren am Wiener Staatsballett engagiert. Wie geht es dir als einzige Schweizerin in dem sehr internationalen Ensemble?
Die einzige Schweizerin zu sein - dieses Gefühl war mir nicht fremd. In allen bisherigen Ensembles war ich schliesslich auch die einzige. Ich kann aber sehr von meiner Swissness profitieren. Im Wiener Staatsballett ist die Unterrichtssprache englisch oder deutsch, viele meiner Kolleginnen und Kollegen sprechen jedoch französisch. Es hilft mir sehr, all diese Sprachen zu beherrschen und ich kann manchmal Missverständnisse sprachlicher Herkunft ausräumen. Als Schweizerin bin ich es gewohnt, mit interkulturellen Unterschieden umzugehen. Ich begegne unterschiedlichen Kulturen sehr offen und immer positiv. In unserer Kompagnie gibt es eine sehr gute Mischung, wir sind sehr vielfältig und wir schätzen diese Vielfalt. Wir sind wie eine grosse Familie und unterstützen einander so gut es geht.
Und dann kommt noch hinzu, dass ich als korrekte und gewissenhafte Schweizerin natürlich immer versuche, mir möglichst alle Informationen zu beschaffen. So kann ich objektiv und detailgetreu meine Kolleginnen und Kollegen bestmöglich in Kenntnis setzen. In der Zwischenzeit bin ich zur Betriebsrätin innerhalb der Kompagnie gewählt worden. Auch in dieser Funktion versuche ich, unsere Anliegen bestmöglich zu vertreten und immer auf dem Laufenden zu sein, wenn wichtige Entscheidungen anstehen.


Du warst schon auf den Bühnen der Staatsoper und Volksoper zu sehen, in zahlreichen unterschiedlichen Rollen. Gibt es eine Rolle, die du besonders gerne hattest?
Ja, es gab eine Inszenierung, die mich von der ersten Sekunde an gepackt hatte: «Skew Whiff» von Sol Leòn und Paul Lightfoot. Es ist ein Stück für drei Tänzer und eine Tänzerin und wusste sofort, dass ich das tanzen möchte. Es ist ein modernes, provokantes Stück mit viel verstecktem Humor. Ich habe die audition in Wien gemacht und wurde genommen. Das hat mir sehr viel bedeutet.
Dann gab es noch ein Stück, das ich nicht vergessen kann: «Contra Clockwise Witness». In der performance von Natalia Horecna geht es um eine verzweifelte Frau, die sich das Leben nimmt. Ich sollte in einer Szene überraschenderweise zu Boden fallen und in einer Versenkung im Bühnenboden verschwinden. Für das Publikum sollte der Eindruck entstehen, ich würde in ein Loch fallen. Was in vielen Vorstellungen zuvor ein gelungener Effekt war, wurde mir an diesem einen Abend zum Verhängnis. Hätte ich wie sonst immer auf einer Matratze landen sollen, so fiel ich dieses Mal ins Leere und landete unsanft auf dem harten Boden. Ich war im Schockzustand. Doch wie durch ein Wunder konnte ich weitertanzen. Am Ende der Vorstellung kamen dann die Wehwehchen zum Vorschein… Ich war über diesen Unfall deswegen so traurig, weil ich dieses Stück sehr gerne getanzt habe und ich nun für einige Zeit ausgefallen war. Trotzdem hatte ich Glück; es hätte viel schlimmer ausgehen können.

Als Ballerina musst du natürlich immer besonders auf deine Figur achten. Darfst du überhaupt Käsefondue und Schweizer Schokolade essen?
Ja, darf ich! Erstens habe ich gute Gene, zweitens verbrenne ich ja viele Kalorien während des Trainings. Wobei ich definitiv das Raclette der Schokolade vorziehe. Ich liebe Schweizer Käse!!!

Wie sieht es mit deinen Plänen für die Zukunft aus? Wirst du in Wien bleiben? Oder ziehst du sogar in Erwägung, in die Schweizer Heimat zurückzukehren?
Also so genau weiss ich das noch nicht. Ich bin kürzlich auf eine sehr interessante postgraduelle Ausbildung in Bern gestossen, ein Master of Dance Science. Das würde bedeuten, dass ich ein Studium in der Schweiz beginne, allerdings berufsbegleitend. Ich werde also jedenfalls weitertanzen solange meine Beine mich tragen.

Gibt es momentan auf dem Spielplan der Staatsoper eine Inszenierung, die du besonders empfehlen kannst?
Wer wissen will, was Ballett ist, sollte natürlich mit Schwanensee beginnen. Die Choreographie von Rudolf Nurejew ist immer wieder auf dem Spielplan der Staatsoper zu finden.
Am 14. April haben wir eine Ballett-Premiere an der Staatsoper mit «Forsythe | van Manen | Kylián». Dieses Ballett kann ich getrost jedem ans Herz legen, der das Ballett liebt, denn es versammelt die Werke dreier grosser zeitgenössischer Choreographen.
Prinzipiell erfreut sich der klassische Tanz wie auch der moderne Tanz in Wien einer grossen Beliebtheit. Was auf den Bühnen geboten wird, ist durchwegs von sehr hoher Qualität. Besonders interessant wird es aber, wenn man den Publikumsraum verlässt und es selbst einmal mit dem Tanzen probiert. Es gibt in Österreich jede Menge Tanzschulen, die auch Anfängerkurse für Erwachsene anbieten. Ich empfehle jedem, sich einmal im Tanz zu versuchen. Denn es gibt nur eines, das schöner ist, als den Tanz auf der Bühne zu erleben: ihn selbst auszuüben.

Vielen Dank, liebe Céline, für das Interview und toi toi toi für deine bevorstehenden Auftritte!