Mit dem Abschluss eines Abkommens über den Automatischen Informationsaustausch (AIA) 2015 und der Reform der Unternehmensbesteuerung 2019 wurden wichtige internationale Standards im Steuerbereich zwischen der Schweiz und der EU umgesetzt, was sich positiv auf das Steuerklima ausgewirkt hat. Das AIA-Abkommen zwischen der Schweiz und der EU ist am 1. Januar 2017 in Kraft getreten. Dieses ist im Einklang mit dem OECD-Standard. Am 1. Januar 2020 ist die Reform der Unternehmensbesteuerung in Kraft getreten, mit welcher umstrittene Steuerregimes abgeschafft wurden. Die Schweiz setzt damit die internationalen Steuerstandards um.
Automatischer Informationsaustausch
Seit 2005 hat die Schweiz im Rahmen des Zinsbesteuerungsabkommens mit der EU mehr als drei Milliarden Euro an die Mitgliedstaaten überwiesen. Dieses Abkommen wurde ab 2017 ersetzt durch das 2015 abgeschlossene Abkommen über den automatischen Informationsaustausch in Steuersachen. Es deckt nicht nur Zinsen, sondern auch Dividenden und andere Kapitaleinkünfte ab und erfasst nicht nur Personen mit Bankkonten, sondern auch die beherrschenden Personen von Stiftungen und Trusts. Damit wird der neue globale Standard der OECD umgesetzt. Das AIA-Abkommen ist reziprok ausgestaltet, d.h. die EU-Mitgliedstaaten übernehmen beim Austausch von Kontoinformationen gegenüber der Schweiz die gleichen Verpflichtungen wie umgekehrt. Im September 2018 wurden erstmals automatisch Daten von Bankkonten mit den EU-Mitgliedstaaten ausgetauscht.
Zurzeit setzt sich die Schweiz dafür ein, dass die EU bei der Umsetzung neuer OECD-Standards (namentlich über Meldepflichten von Internetplattformen und bezüglich Kryptowerten) nicht über die international vereinbarten Standards hinausgeht. Die weltweite einheitliche Umsetzung reduziert Kosten nicht nur für die Wirtschaft, sondern auch für die Steuerbehörden. Sie gewährt ein einwandfreies Funktionieren des globalen Informationsaustauschs.
Unternehmensbesteuerung
In den letzten Jahren wurden weltweit zahlreiche Steuerregimes abgeschafft, welche nicht mehr den internationalen Normen entsprachen. Auch im Verhältnis zur EU war das ein Thema. Im Oktober 2014 haben sich die Schweiz und die EU auf die Abschaffung fünf solcher Steuerregimes verständigt. Umgekehrt verzichtete die EU auf Gegenmassnahmen. Nach dem Scheitern der Unternehmenssteuerreform III in der Volksabstimmung vom 12. Februar 2017 hat die Schweizer Regierung rasch eine neue Vorlage präsentiert, welche die umstrittenen Steuerregimes durch Massnahmen ersetzt, die den internationalen Standards entsprechen. Diese wurde von der Schweizer Stimmbevölkerung am 19. Mai 2019 gutgeheissen und ist am 1. Januar 2020 in Kraft getreten.
Die Schweiz setzt die internationalen Standards der OECD um, welche Ende 2014 im Projekt BEPS (Base Erosion and Profit Shifting) beschlossen wurden. Damit soll ungerechtfertigte Steuervermeidung und Gewinnverschiebung multinationaler Unternehmen verhindert werden. Zudem ermöglicht der neue Standard gleich lange Spiesse zwischen den Wirtschaftsstandorten bezüglich der Besteuerungsgrundlagen.
Im Jahr 2021 einigten sich zudem 137 Staaten auf die Eckpunkte einer Lösung für die steuerlichen Herausforderungen der digitalisierten Wirtschaft. Diese Lösung umfasst eine teilweise Umverteilung von Besteuerungsrechten an Staaten mit grossen Absatzmärkten (Säule 1) und eine globale Mindeststeuer für multinationale Unternehmen (Säule 2). Die Schweiz setzte sich in diesem Rahmen für globale und konsensfähige Massnahmen ein. Ende 2022 hat die EU die Richtlinie für die Umsetzung der Mindeststeuer verabschiedet. Die Regeln sollen ab dem Jahr 2024 gelten. Auch die Schweiz hat diesen Zeitplan. Am 18. Juni 2023 stimmte die Schweizer Stimmbevölkerung der Vorlage zur Umsetzung der Mindestbesteuerung zu. Die Schweiz gehört damit zu den ersten Staaten weltweit, welche die Mindeststeuer umsetzen.
Die EU setzt nicht nur internationale Standards um, sondern lanciert auch eigene Steuerprojekte. Auch diese können bedeutende Auswirkungen auf die Schweiz haben. Im Jahr 2021 einigte sich die EU beispielsweise auf eine öffentliche länderbezogene Berichterstattung von multinationalen Unternehmen. Betroffen davon sind auch EU-Niederlassungen von Schweizer Unternehmen. Ein weiteres Beispiel für Massnahmen mit Auswirkungen auf die Schweiz sind die Pläne zur Verhinderung der steuerlich missbräuchlichen Nutzung von sogenannten «Briefkastenfirmen». Die geplanten Massnahmen sollen Briefkastenfirmen in der EU, aber auch weltweit, bekämpfen.
Die EU beobachtet genau, wie Drittstaaten wie die Schweiz die internationalen Steuerstandards einhalten. Dies betrifft insbesondere die Standards im Bereich der Transparenz, der fairen Besteuerung und der Umsetzung der BEPS-Massnahmen. Andernfalls droht eine Einstufung als «nicht-kooperative Steuerjurisdiktion». Die Schweiz wurde im Dezember 2017 auf die sogenannte Beobachtungsliste der EU gesetzt. Nach der Annahme der Reform der Unternehmensbesteuerung beschloss die EU jedoch am 10. Oktober 2019 die Schweiz wieder zu streichen. EU-Mitgliedstaaten kommen übrigens nicht auf die Steuerliste, falls sie die Standards nicht umsetzen. Gegen sie kann die Kommission jedoch Vertragsverletzungsverfahren initiieren.
Betrugsbekämpfungsabkommen
Das Betrugsbekämpfungsabkommen von 2004 verbessert die Zusammenarbeit zwischen der Schweiz und der Europäischen Union (EU) und ihrer Mitgliedstaaten bei der Bekämpfung von Schmuggel sowie anderer Delikte im Bereich indirekter Steuern (z.B. Zollabgaben, Mehrwert- und Verbrauchssteuern). Es ist noch nicht in Kraft, weil Irland es nach wie vor nicht ratifiziert hat, wird aber seit 2009 in den meisten Mitgliedstaaten provisorisch angewendet.