Austritt des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union (Brexit) und «Mind the gap»-Strategie des Bundesrates

Brexit
© European Commission

Das Vereinigte Königreich (UK) ist am 31. Januar 2020 aus der Europäischen Union (EU) ausgetreten. Mit dem Austritt des UKs begann eine verlängerbare Übergangsphase bis am 31. Dezember 2020, während welcher die bilateralen Verträge zwischen der Schweiz und der EU weiterhin auf das UK anwendbar blieben. Mit dem Ende der Übergangsphase verloren die bilateralen Verträge Schweiz–EU ihre Gültigkeit in Bezug auf das UK. An ihrer Stelle werden ab dem 1. Januar 2021 eine Reihe von Nachfolgeabkommen angewendet, welche die Schweiz im Rahmen ihrer «Mind the gap»-Strategie (inklusive «Mind the gap Plus») mit dem UK ausgehandelt hat. Der Grossteil der geltenden Rechte und Pflichten zwischen den beiden Staaten bleibt damit erhalten.

Insgesamt hat der Bundesrat sieben Abkommen mit der britischen Regierung ausgehandelt:

  • Das Luftverkehrsabkommen (unterzeichnet am 17. Dezember 2018) garantiert die lückenlose Weiterführung der bestehenden Regelungen für die Luftfahrt und sichert damit den Fluggesellschaften die geltenden Verkehrsrechte. Das Abkommen trat am 1. Januar 2021 in Kraft.
  • Das Strassenverkehrsabkommen (unterzeichnet am 25. Januar 2019) bestimmt, dass im Güterverkehr auf eine Bewilligungspflicht verzichtet und der gegenseitige Zugang für Güter- und Personentransporte weitergeführt werden kann. Es trat am 1. Januar 2021 in Kraft.
  • Das Versicherungsabkommen (unterzeichnet am 25. Januar 2019) erlaubt es schweizerischen Versicherungsunternehmen im direkten Schadensversicherungsgeschäft, im UK Zweigniederlassungen zu gründen und zu betreiben (und umgekehrt). Es trat am 1. Januar 2021 in Kraft.
  • Das Handelsabkommen (unterzeichnet am 11. Februar 2019) überführt mehrere einschlägige Abkommen mit der EU ins Verhältnis Schweiz–UK, darunter das Freihandelsabkommen (1972), das Abkommen über das öffentliche Beschaffungswesen (1999), das Abkommen über die gegenseitige Anerkennung von Konformitätsbewertungen (1999), das Landwirtschaftsabkommen (1999) und das Betrugsbekämpfungsabkommen (2004). Das Handelsabkommen trat am 1. Januar 2021 in Kraft.
  • Das Abkommen über die Rechte der Bürgerinnen und Bürger (unterzeichnet am 25. Februar 2019) schützt die Rechte von Schweizerinnen und Schweizern im UK, die diese gemäss dem Freizügigkeitsabkommen (FZA) erworben haben (namentlich Aufenthaltsrechte, Sozialversicherungsansprüche und die Anerkennung von Berufsqualifikationen). Dasselbe gilt für britische Staatsangehörige in der Schweiz. Das Abkommen wird ab dem 1. Januar 2021 vorläufig angewendet.  Ergänzt wird es im Bereich der sozialen Sicherheit durch einen Beschluss des Gemischten Ausschusses Schweiz–EU des FZA, der den Schutz der Rechte auf Staatsangehörige von EU-Mitgliedstaaten ausweitet.
  • Das Abkommen zur Mobilität von Dienstleistungserbringern (unterzeichnet am 14. Dezember 2020) betrifft die kurzfristige grenzüberschreitende Dienstleistungserbringung durch natürliche Personen. Das Abkommen ist vorerst auf zwei Jahre befristet und wird ab dem 1. Januar 2021 vorläufig angewendet.
  • Das Polizeikooperationsabkommen (unterzeichnet am 15. Dezember 2020) stärkt und vertieft die Zusammenarbeit mit den britischen Polizeibehörden insbesondere in der Kriminalitäts- und der Terrorbekämpfung. Damit werden die innere Sicherheit beider Länder gestärkt und die Beziehungen zum UK weiter ausgebaut. («Mind the gap Plus»). Das Abkommen soll im zweiten Halbjahr 2021 in Kraft treten. 

Auch über diese sieben Abkommen hinaus haben die Schweiz und das UK an der Gestaltung ihrer künftigen Beziehungen gearbeitet. Eine gemeinsame Erklärung vom 30. Juni 2020 etwa sieht eine engere Kooperation auf dem Gebiet der Finanzdienstleistungen vor. Mit einer weiteren Erklärung vom 21. Dezember 2020 beabsichtigen die Schweiz und das UK, Wege zur Stärkung der Zusammenarbeit im Migrationsbereich zu erkunden. Im Handelsabkommen ist zudem vorgesehen, dass die beiden Länder Gespräche über eine Weiterentwicklung und Vertiefung der Wirtschafts- und Handelsbeziehungen aufnehmen.

Chronologie

  • 01.01.2021: Inkrafttreten oder vorläufige Anwendung der Nachfolgeabkommen Schweiz-UK
  • 31.12.2020: Ende der Übergangsfrist
  • 31.01.2020: Austritt des UK aus der EU
  • 31.10.2019: Unterzeichnung eines befristeten Abkommens über die Koordination der Sozialversicherungen
  • 10.07.2019: Unterzeichnung eines befristeten Abkommens über die gegenseitige Zulassung zum Arbeitsmarkt und einer Absichtserklärung zur Polizeikooperation
  • 25.02.2019: Unterzeichnung des Abkommens über die Rechte der Bürgerinnen und Bürger 
  • 11.02.2019: Unterzeichnung des Handelsabkommens
  • 25.01.2019: Unterzeichnung des Versicherungs- und des Strassenverkehrsabkommens
  • 17.12.2018: Unterzeichnung des Luftverkehrsabkommens
  • 29.03.2017: Einleitung Austrittsverfahren gemäss Art. 50 des Vertrags über die Europäische Union (EUV) durch das UK (ursprünglich festgelegtes Austrittsdatum: 29.03.2019)
  • 19.10.2016:  Verabschiedung «Mind the gap»-Strategie durch den Bundesrat
  • 23.06.2016: Entscheid der britischen Bevölkerung, aus der EU auszutreten («Leave» 51,9%)

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