Die Schweiz unterstützt den Kultursektor in ihren Partnerländern wie auch die Vielfalt kultureller Ausdrucksformen für eine nachhaltige Entwicklung. Zudem fördert sie den Zugang von Kulturschaffenden und Kulturproduktionen aus dem Süden und Osten zum Schweizer Publikum und Kulturmarkt.
Kunst und Kultur im Zeichen nachhaltiger Entwicklung
Was Kunst kann
Die junge indische Schauspielerin Mallika Taneja ist Mitglied des «Tadpole Repertory», eines Kollektivs von Theaterschaffenden, und Mitbegründerin des Festivals Lost & Found in Delhi. Sie erhielt den sogenannten «Acknowledgement Prize» der Zürcher Kantonalbank für ihre satirische Performance «Thoda Dhyan Se (Sei vorsichtig)» am jährlich stattfindenden Zürcher Theater Spektakel. In nur 15 Minuten führte sie die gut gemeinten, aber verheerenden Verhaltensregeln ad absurdum, die Frauen vor Vergewaltigung schützen sollen, wie etwa: «Zieht euch anständig an, vermeidet aufreizende Kleidung!».
Mallika, was bedeutet dieser Preis für Sie?
Für mich als freischaffende Künstlerin bedeutet er vor allem finanzielle Sicherheit, und das heisst Zeit für schöpferisches Arbeiten. Ausserdem wertet jede Art von Anerkennung meine Arbeit auf und macht sie bekannt. Ich bin sehr glücklich über diesen Preis.
Was ist Ihnen bei Ihrer Arbeit als Schauspielerin wichtig?
Ich mache gern Dinge, die für die heutige Zeit und für das Publikum relevant sind, ohne dass sie unbedingt eine politische oder gesellschaftliche Botschaft enthalten. Eine gute Performance berührt emotional oder intellektuell, oder sie gibt Energie. Mit einem Wort: Sie inspiriert. Gute Kunst hat Wirkung. Eine starke Performance macht die Zuschauer zu einem Teil dieser Performance, zu einem Teil dieser Erfahrung. Wenn nicht – warum dann das Ganze? Warum überhaupt auf die Bühne gehen? Warum sollten die Leute ihr Haus verlassen und im Theater sitzen, wenn ich nicht versuche, sie zu erreichen? Wir wissen heute, dass künstlerische Darbietungen das Potenzial haben, gesellschaftspolitische Veränderungen in Gang zu setzen. Wenn Menschen zu Menschen sprechen, dann ist das höchst real. Das ist Austausch und Miteinanderteilen von Energie. Kunst macht Perspektivwechsel möglich. Sie kann Einstellungen, Emotionen und alles Mögliche verändern. Der Dialog mit dem Publikum ist mir sehr wichtig. Immer wieder bin ich überrascht und überwältigt von der Unterstützung, die aus dem Publikum kommt.
Und was ist die grösste Herausforderung?
Die grösste Herausforderung ist es, ehrlich zu bleiben. Das ist extrem schwierig, vor allem jetzt, da ich so viele Interviews gebe und so viele hochtrabende Sätze von mir gebe. Ich denke ständig darüber nach, wie ich all dem gerecht werden kann. Wie kann ich dafür sorgen, dass meine Arbeit immer relevant ist und Widerstandsfähigkeit fördert? Es ist sehr schwierig, Wahrheit und Ehrlichkeit zu definieren, zu verstehen und sich an sie zu halten.
Welche Bedeutung haben kulturelle Anlässe für die Gesellschaft?
Wenn wir das Theater in die Quartiere bringen, schaffen wir den Künsten ein alternatives Ökosystem und sprechen ein ganz neues Publikum an. Im Lauf der Jahre wird das die Kultur der Stadt und den Umgang der Menschen miteinander positiv beeinflussen.
Kunstschaffende sensibilisieren für die Probleme der Bergwelt
Das Programm Sustainable Mountain Art (SMArt) wurde 2014 von der Stiftung für die nachhaltige Entwicklung der Bergregionen (FDDM) in Sitten lanciert. Mit Unterstützung der DEZA will SMArt die Behörden und die Bevölkerung mittels Kunst für die Probleme der Bergregionen sensibilisieren. Vier Themen, die sich mit den vier Globalprogrammen der DEZA decken, stehen dabei im Mittelpunkt: Klimawandel, Wasser, Migration und Ernährungssicherheit. Das SMArt-Programm hat eine Laufzeit von fünf Jahren.
Seit dem Herbst 2014 sind dank der Unterstützung des Kantons Wallis vier Fotografinnen und Fotografen aus dem Süden und dem Osten Gäste von Künstlerateliers gewesen. Ausgewählt wurden
sie mithilfe von Kulturakteuren aus verschiedenen Ländern. So kam im Winter 2015 Maralgua Badarch aus der Mongolei in die Schweiz. Für sie, die von dem ihrer Kultur eigenen mystischen Blick auf die Berge geprägt ist, sind die Walliser Alpen Riesen auf tönernen Füssen. Ihre Fotos stellte sie in Brig aus, wo das Publikum zugleich die von der DEZA organisierte Ausstellung «Aaruul und Justistaler: Die Mongolei und die Schweiz in Bildern» sehen konnte. Aschliessend wurden Badarchs Fotos auch in der Mongolei ausgestellt.
Austausch unter Kulturschaffenden
Die FDDM und ihre Partner haben sich verpflichtet, im Rahmen eines jeden Ateliers Ausstellungen in der Schweiz und im Herkunftsland der Künstlerin oder des Künstlers zu organisieren. Sie fördern auch den Austausch mit anderen Kunstschaffenden. So freundeten sich zum Beispiel der ruandische Fotograf Cyril Ndegeya und Fabrice Erba aus Monthey an und entwickelten gemeinsam ein weiteres Fotoprojekt, «La face cachée de l’eau», das in Ruanda sehr viel Anerkennung fand.
Der peruanische Fotograf und Philosoph Alejandro León Cannock zeigte sich seinerseits überrascht von den im Wallis überaus deutlichen Folgen der Erderwärmung: «Wenn die Gletscher eines Tages nicht mehr da sind – woher kommt dann das Wasser für die Suonen, Bäche und Flüsse?» Während seines Aufenthalts in Siders dokumentierte er mit seiner Kamera die sichtbaren Veränderungen der alpinen Landschaft.