
Horn von Afrika: Zwei humanitäre Helfer der DEZA erzählen von ihrer Arbeit
Artikel, 19.08.2016
Die internationale Gemeinschaft begeht am 19. August 2016 den Welttag der humanitären Hilfe. Bei dieser Gelegenheit würdigt die DEZA ihre Mitarbeitenden, die humanitäre Hilfe leisten. Natacha Pugin und Abdi Kunow setzen sich täglich für die Nahrungsmittelhilfe am Horn von Afrika ein.

Im Rahmen der Schweizer Entwicklungszusammenarbeit leisten mehrere Hundert Expertinnen und Experten humanitäre Hilfe. Sei es in Bern oder im Ausland, als Mitglieder des Schweizerischen Korps für humanitäre Hilfe vor Ort oder in Reserve, arbeiten diese Männer und Frauen in den verschiedensten Bereichen in allen Ländern der Welt, wo Hilfe gebraucht wird.
Das Horn von Afrika ist mit einer Vielzahl von Krisen konfrontiert: Naturkatastrophen, Konflikte, extreme Armut. Somalia ist das Epizentrum der humanitären Katastrophen dieser Region und verzeichnet weltweit die höchste Unterernährungsrate. Die UNO geht von 4,7 Millionen Menschen aus, die in Somalia humanitäre Hilfe benötigen, was 40% der Bevölkerung entspricht.
Wer sind die Helferinnen und Helfer, die sich in diesem schwierigen Kontext engagieren? Wie und woran arbeiten sie? Welches ist ihre Motivation? Fokus auf die Arbeit von zwei Experten der DEZA am Grossen Horn von Afrika.

Natacha Pugin
Funktion: Mitglied des Schweizerischen Korps für humanitäre Hilfe, im Einsatz für das Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen in Somalia
Arbeitsort: Nairobi, Kenia. Gelegentliche Reisen nach Somalia
Dauer der Mission: 12 Monate
Ihre Arbeit
Natacha bietet technische Unterstützung bei der Implementierung von Barzahlungsprogrammen und Programmen für elektronische Gutscheine («Cash-Based Transfers»). Sie arbeitet in der Programmabteilung des Welternährungsprogramms der Vereinten Nationen (WFP) in Somalia.
Die Empfänger
Dank einer digitalen Plattform für die Verwaltung Empfängerinnen und Empfänger und die Bargeldüberweisungen (genannt «SCOPE») kann das WFP Nahrungsmittelhilfe für Millionen von Männern, Frauen und Kindern leisten. Bis heute wurden in Somalia die Daten von über 1,2 Millionen Menschen in SCOPE erfasst. Im ersten Halbjahr 2016 erhielten 440’000 notleidende Somalierinnen und Somalier Nahrungsmittelhilfe in Form von elektronischen Gutscheinen.
Ein normaler Arbeitstag
Natacha arbeitet vom Verbindungsbüro Nairobi in Kenia aus. Ihre Mission begann von vier Monaten. Dank der neuen Techniken kann der Grossteil der Arbeit aus der Ferne erbracht werden, wobei eng mit den Teams vor Ort zusammengearbeitet wird. Natacha gewährleistet die Verbindung zwischen den verschiedenen funktionellen und operativen Bereichen des WFP. Sie wirkt an den regelmässigen Analysen der Bargeldzahlungen im Hinblick auf deren Übereinstimmung mit den Marktpreisen mit. Sie trägt auch dazu bei, dass sich alle Kolleginnen und Kollegen sowie die nationalen Partner, die im WFP involviert sind, das System zu eigen machen.
Der Nutzen der Digitalisierung
Dank dem Barzahlungssystem können di Programmempfängerinnen und Programmempfänger ihre Nahrungsmittel bei Einzelhändlern im ganzen Land auswählen und einkaufen. Die Digitalisierung der Daten erlaubt auch die Implementierung von Ernährungsprogrammen, die an die verschiedenen besonders betroffenen Bevölkerungsgruppen, wie Schwangere, Säuglinge, Kinder usw., angepasst sind. Dies vereinfacht auch die Überwachung des Programms. Gemäss der Programmbeauftragten kann dank der Technik eine bedarfsorientierte humanitäre Hilfe geleistet werden, die zuverlässig und flexibel ist und gleichzeitig der lokalen Wirtschaft zugutekommt.
Die Schwierigkeiten
Humanitäre Reisen nach Somalia unterliegen strengen Kontrollen. Die Situation vor Ort ist schwierig und unberechenbar. Infolge des sehr instabilen Klimas im Land wurde Natachas erste Mission vor Ort, die im August geplant war, aus Sicherheitsgründen verschoben. Gemäss der Spezialistin besteht die Schwierigkeit bei der Arbeit in einem solchen Umfeld im Wesentlichen darin, das ideale Gleichgewicht zwischen den Bedürfnissen der Bevölkerung, dem Risikomanagement und dem komplexen Umfeld zu finden, in dem die Teams arbeiten. Dies erfordert Demut und Pragmatismus. Für sie ist es zuweilen schwierig, die Diskrepanz zwischen den dringenden Bedürfnissen der Bevölkerung und den verfügbaren Ressourcen der humanitären Organisationen zu akzeptieren.
Ihre Motivation
Natacha fühlt sich privilegiert, eine Arbeit in der humanitären Hilfe zu leisten, die mit ihren Werten übereinstimmt. Für die Programmbeauftragte ist diese Mission beim WFP eine permanente Herausforderung. Es geht darum, unter bestmöglicher Verwendung der Techniken des 21. Jahrhunderts nachhaltige lokale Lösungen zu entwickeln, so dass die Bevölkerung das ganze Jahr über Zugang zu einer angemessenen Ernährung hat und alle Formen der Unterernährung ein Ende nehmen. «Ich arbeite mit Teams zusammen, die hervorragende Arbeit leisten. Mein Engagement wird durch diese Zusammenarbeit noch verstärkt», betont sie.
Ihr Werdegang
Nach Abschluss ihres Studiums der Wirtschafts- und Sozialwissenschaften an der Universität Freiburg arbeitete Natacha mehrere Jahre in der Finanzbranche in Zürich und dann in New York. Danach wurde sie vom IKRK als administrative Koordinatorin für mehrere Länder eingestellt (Äthiopien, Südsudan, Burundi, Südostasien und Zentralasien). Darauf stiess sie zur Fachgruppe «Koordination und Administration» des Schweizerischen Korps für humanitäre Hilfe des EDA. Sie leistete verschiedene Einsätze in Bern, danach in Liberia, im Libanon sowie in Madagaskar und heute in Somalia.

Kunow Abdi
Funktion: Beauftragter des Programms für Ernährungssicherheit für das Horn von Afrika, Schweizer Kooperationsbüro in Kenia
Arbeitsort: Nairobi, Kenia – Reisen am Horn von Afrika (Nordkenia, Somalia)
Seine Arbeit
Abdi arbeitet für die Schweizer Entwicklungszusammenarbeit am Horn von Afrika im Bereich der Ernährungssicherheit und der ländlichen Entwicklung. Seine bevorzugten Gebiete sind die Wasserversorgung der Hirtengemeinschaften und des Viehs, die nachhaltige Nutzung des Weidelandes, die Widerstandsfähigkeit der Menschen, die von einer Ernährungskrise betroffen sind.
Die Empfänger
Abdi beschäftigt sich zurzeit mit zwei Projekten, die Gemeinschaften in Somalia und in Kenia zugutekommen. Das Programm für Somalia («Somalia Resilience Program») unterstützt 420’000 Hirten, Bauern und Einwohnerinnen und Einwohner von städtischen Vororten. Bei diesem Programm geht es darum, die Fähigkeit der Gemeinschaft zur Bewältigung von Ernährungskrisen zu stärken. In den Provinzen im Norden Kenias trägt das Programm «Kenya Resilient Arid Lands Partnership for Integrated Development (Kenya RAPID)» zur Wasserversorgung und einer besseren Wassernutzung in mehreren Regionen bei, was 435’000 Menschen zugutekommt.
Ein normaler Arbeitstag
Der Programmbeauftragte arbeitet von der Schweizer Botschaft in Nairobi in Kenia aus. Da die DEZA einer der Projektpartner und nicht das ausführende Gremium ist, arbeitet Abdi mehrheitlich aus der Ferne, in enger Zusammenarbeit mit den Teams der DEZA vor Ort. Er begibt sich mehrmals pro Jahr vor Ort. Er trifft sich mit den verschiedenen Partnern und stellt die Projektüberwachung, den Informationsaustausch und die Koordination mit anderen Akteuren des Bereichs sicher, um den Interessen der Hirten und der benachteiligten Regionen mehr Gehör zu verschaffen.
Die Schwierigkeiten
Obwohl Abdi am Horn von Afrika aufgewachsen ist, kann er sich in gewissen Zonen nicht ohne Risiko fortbewegen. In den meisten Regionen Somalias und insbesondere im Süden und im Zentrum wird man von einer bewaffneten Eskorte begleitet. Dazu ist vorgängig eine peinlich genaue Organisation notwendig, betont Abdi. Er selbst wohnt in Nairobi, einer relativ sicheren Stadt. Die eingeschränkte Bewegungsfreiheit und das Gefühl der Unsicherheit, die die Arbeit in dieser Weltregion bisweilen begleiten, sind ebenfalls eine Herausforderung.
Seine Motivation
Abdi hat sehr viel praktische Erfahrung in Somalia, Kenia und Äthiopien. «Dieses fragile und heikle Umfeld kenne ich gut. Ich bin damit aufgewachsen. Mein Platz auf der Welt ist an diesem Ort», sagt er. «Es ist sehr befriedigend, sein Wissen, sein Know-how und seine Erfahrung in Massnahmen umzusetzen, die sich direkt auf das Leben von Tausenden von Personen auswirken.» Abdi spricht mehrere lokale Sprachen und kann deshalb einfacher mit den Gemeinschaften interagieren. Er versteht auch die Bedürfnisse dieser Menschen sehr gut. Somalia ist stärker von der chronischen Ernährungskrise betroffen, die am Horn von Afrika herrscht. Nach beinahe drei Jahrzehnten Krieg, Konflikte und ohne handlungsfähige Regierung sind die somalischen Gemeinschaften nicht mehr in der Lage, Dürren, Hungersnot oder schlechte Ernten zu verkraften, erklärt er. «Die humanitären Bedürfnisse sind riesig. Die DEZA gibt mir die Möglichkeit, am Hilfsprozess teilzunehmen.»
Sein Werdegang
Abdi stammt aus der Provinz Garissa im Nordosten Kenias. Nach einem Veterinärstudium an der Universität Nairobi arbeitete er viele Jahre lang als Programmbeauftragter für verschiedene internationale NGO in Kenia und in Somalia. Danach erwarb er in Grossbritannien einen Master in Ernährungssicherheit und internationaler Entwicklung. Darauf kehrte er ans Horn von Afrika zurück, wo er nunmehr seit mehr als einem Jahr für die Schweizer Entwicklungszusammenarbeit tätig ist.
Links
Humanitäre Hilfe: Leben retten und Leiden lindern, DEZA
Schweizerisches Korps für humanitäre Hilfe
Engagement in fragilen Kontexten und Prävention von Gewaltkonflikten, DEZA
Somalia Resilience Programme, SomReP (en)
Resilience for Pastoralist Communities in Northern Kenya (en)
Barzahlungsprogramme – Empfänger werden zu integralem Teil des humanitären Engagements
Projekte der DEZA am Grossen Horn von Afrika
Horn of Africa: One Health Units for Humans, Environment, Animals and Livelihoods
01.09.2024
- 30.06.2032
The project aims at improving the well-being of targeted pastoral communities challenged with inadequate access to basic health/veterinary services and environmental conditions in Somalia, Ethiopia and Northern Kenya through integrated health service delivery for both pastoralists and their livestock. The project will contribute to stability and vulnerability’s reduction of citizens in the region, thereby reducing their displacement/migration which is in the interest of Switzerland and the international community.
Sustainable Natural Resources Management (NRM) for Enhanced Pastoralist Food Security in the Borana Zone, Ethiopia.
01.10.2022
- 31.12.2027
Natural resources, particularly water and pasture, are among the key determinants of pastoralist livelihoods’ sustainability. The proposed Project contributes to the outcomes of the SDC’s Food Security Domain as stipulated in the Swiss Cooperation Strategy Horn of Africa. It aims at improving pastoralist food security and adaptive capacities in the lowlands of Borana Zone, Southern Ethiopia, through enhancing the sustainable management of natural resources.
KENYA - Strengthening Livestock Sector in Arid and Semi-Arid Lands (ASAL) Counties
01.04.2022
- 31.03.2026
60% of the population in northern Kenya depends on livestock production in an environment of recurrent droughts and natural resource-based conflicts. The programme will contribute to poverty reduction, improved resilience to shocks and enhanced socio-economic inclusion of pastoralist and agro-pastoralist men and women by supporting climate-smart livestock production, improving rangelands management and promoting peaceful coexistence of communities.
Building Regional and National capacities for improved Migration Governance in the IGAD Region
01.01.2022
- 31.08.2027
The Horn of Africa is of high interest for Switzerland in terms of migration policy. Swiss support to the Intergovernmental Authority on Development (IGAD) and its Member States will contribute to improve their migration governance capacities so as to enable the organisation to effectively implement regional, continental and global regulatory standards for the protection of refugees and vulnerable migrants in the region.
Single Phase - City-to-City Partnership Hawassa – Lugano
01.01.2022
- 31.12.2026
This contribution supports an innovative Swiss-Ethiopian municipal twinning partnership to enhance capacity at the sub-national level to manage access to drinking water in good quantity and quality according to the Sustainable Development Goal 6.1 and 6.3 in underserved communities. The partnership will be accompanied by a research and education component, involving local and Swiss innovative university partnerships.
RAPID+ The Kenya Arid Lands Partnership for Integrated Development Plus
01.11.2021
- 31.10.2026
Pastoralist communities in the Arid and Semi-Arid Lands (ASAL) have for a very long time adapted to the harsh environments to derive livelihoods (mainly livestock). Communities in the ASALs are facing multiple pressures of climate change, degraded natural resources and conflicts. This program supports the historically marginalised and under-developed pastoralist communities in Northern Kenya to access safe, reliable and affordable Water and manage their rangeland ecosystem sustainably.
Locally-led Governance: the road to legitimate and effective delivery of services
01.11.2021
- 31.12.2022
The Somali population is facing considerable development and state building challenges, with Government institutions still very weak and fragile, particularly at the local level. With the UN Joint Programme for Local Governance and Decentralised Service Delivery (JPLG) as well as local peacebuilding initiatives, SDC contributes to enhanced state legitimacy, more equitable access to public service and well-being for all citizens, leading to more stability in the Horn of Africa.
Strengthening livestock sector in Arid and Semi-Arid Lands (ASAL) Counties of Kenya
01.10.2021
- 30.04.2024
Around 60% of the population in the arid and semi-arid lands of Northern Eastern Kenya Counties live in abject poverty and are almost entirely dependent on livestock production for their livelihoods in an environment that is characterized by droughts and resource based conflicts. This programme will support these Counties to enhance livestock production by strengthening key factors such as fodder production, animal health, etc. and by strengthening the institutions to more effectively deliver relevant services and reduce conflicts.
Financing Durable Solutions Programme for Forcibly Displaced People (FDSI)
01.10.2021
- 31.12.2025
Through an innovative approach, Switzerland will mobilize the private sector and municipalities to contribute to durable solutions for displacement-affected communities in the Horn of Africa. Forcibly displaced persons and their host communities will benefit from enhanced self-reliance and increased socioeconomic inclusion. The initiative operationalises the strategic link between migration policy and international cooperation and further strengthens Switzerland’s profile as a pioneer in the search for durable solutions.
Direct Health Facility Financing

01.09.2021
- 30.06.2026
Together with the Tanzanian Government and development partners, Switzerland’s contribution to the reformed Health Basket Fund builds on positive results achieved so far and pursues to strengthen the health system that benefits 58 million inhabitants. Switzerland’s contribution will further expand effective decentralisation through the Direct Health Facility Financing mechanism to state and non-state primary health care providers, thus accelerating Tanzania’s progress towards universal health coverage and “Leaving no One Behind”.
Community Health Provision in Somalia
01.08.2021
- 30.04.2024
The programme provides maternal and child health services in Somalia. It works with community and district health boards to strengthen health governance at the local levels, while at the same time builds the capacities of health authorities and health workers. It also promotes innovation by incorporating research findings that inform evidence based implementation. All these elements are linked to the Swiss interest of ensuring long term sustainability in the intervention areas through strengthened service delivery at lower governance levels.
Somalia, UNFPA Support to Health, Gender and Data
01.06.2021
- 31.12.2025
This programme will work closely with health workers arid health authorities at the state and federal level to improve access and quality of health services. Focus will be on maternal and child health, and sexual and reproductive health for the youth and adults. At the same time, the programme will address gender issues around gender based violence while also working on collecting data on the general population that can be used for evidence based programming within the health sector.