25.06.2015

Berna, 25.06.2015 – Allocuzione del Consigliere federale Didier Burkhalter in occasione della nona giornata dell’industria Swissmem- Fa stato la versione orale

Oratore: Didier Burkhalter

Meine Damen und Herren,

Als Vertreter der Maschinen-, Elektro- und Metallindustrie spielen Sie eine wichtige Rolle in den Beziehungen der Schweiz mit der Europäischen Union. Sie vertreten hier 330'000 Beschäftigte und bestreiten mit Exporten im Wert von 66 Milliarden Franken knapp ein Drittel aller Güterausfuhren aus der Schweiz. Somit kennen Sie alle aus Ihrem täglichen Umgang damit die Bedeutung der bilateralen Verträge.

Sie nehmen aktiv Teil an den intensiven Handelsbeziehungen der Schweiz mit der EU, deren Volumen pro Werktag fast eine Milliarde Franken erreicht. Sie wissen, wie wichtig eine funktionierende, stabile und offene Beziehung der Schweiz zur EU ist, für ihre Wirtschaft und ihre Gesellschaft, für Ihre Entwicklung und ihren Wohlstand. Sie wissen auch, wie wichtig Ihre Rolle und wie gross Ihre Verantwortung ist, damit die Beschäftigung in der Schweiz hoch bleibt. Damit sich alle Menschen, die in diesem Land leben, durch ihre Arbeit integrieren können. Damit die Jugendlichen weiterhin eine gute Berufsausbildung erhalten. Damit jeder in diesem Land eine Chance kriegt. Und damit eine offene Beziehungen zur EU nicht als Risiko, sondern als Chance für unser Land wahrgenommen wird. 

Ich möchte mit Ihnen drei Fragen in Bezug auf unsere Beziehungen zur EU behandeln: Erstens, wo stehen wir heute? Zweitens, wohin gehen wir? Und drittens, wie erreichen wir dieses Ziel?

1. Wo stehen wir? Eine Partnerschaft für Wohlstand, Unabhängigkeit und Sicherheit

Meine Damen und Herren,

Nebst der geografischen Lage teilen wir mit der EU gemeinsame kulturelle und geschichtliche Werte. Drei der vier Schweizer Landessprachen werden auch in den EU-Mitgliedstaaten gesprochen. Wir teilen eine Vorstellung der Freiheit. Wir teilen grundlegende Wertvorstellungen in Sachen Menschenrechte, Friedensförderung, nachhaltige Entwicklung oder Armutsbekämpfung. Aber auch das aktive Engagement der Schweiz im Europarat  ist ein starker Ausdruck für gemeinsame Wertvorstellungen, welche die Schweiz mit allen europäischen Ländern teilt. Das verbindet; genauso wie auch die engen wirtschaftlichen Bande, die wir, die Sie, mit der EU und mit unseren Nachbarregionen pflegen.

Heute Mittag bin ich mit meinem slowakischen Kollegen, Aussenminister Miroslav Lajčák, zusammengetroffen. Ich habe in den letzten Wochen und Monaten zahlreiche Aussenminister von EU-Staaten getroffen – so zum Beispiel meine Kollegen aus Polen, Italien, Luxemburg Deutschland, der Tschechischen Republik oder Irland.

Die Schweiz pflegt namentlich sehr gute Kontakte zu den vorsitzenden, rotierenden EU-Ratspräsidenten – aktuell ist dies der lettische Aussenminister Rinkevics, der im Januar als erster amtierender Ratspräsident die Schweiz besucht hat. Der Luxemburgische Aussenminister, der ab Juli den Vorsitz übernimmt, hat mich anfangs Mai in Luxemburg empfangen. Der slowakische Aussenminister, den ich heute gesehen habe, übernimmt den EU-Ratsvorsitz im zweiten Semester 2016. Wir haben uns über die bilateralen Beziehungen unserer Länder ausgetauscht, aber natürlich auch über die aktuellen Herausforderungen in der Beziehung zwischen der Schweiz und der EU. Beziehungen, die sowohl geografisch als auch historisch und menschlich selbstverständlich sind. Herr Lajčák zum Beispiel beschreibt die Schweiz als „nächsten Nachbar (der EU), kulturell, historisch und geografisch“.

Alle europäischen Aussenminister, die ich treffe, sind sich dabei einig: die Beziehung Schweiz-EU ist für beide Seiten wichtig – für die Schweiz und für die EU. Und alle sehen ein, dass es wünschenswert wäre, politische Lösungen für die offenen Fragen zu finden. So wie man es unter Nachbarn macht, die eine so intensive und lebendige Partnerschaft pflegen.

Vorläufig bleibt offen, ob genug Übereinstimmung vorhanden ist, um dort partnerschaftlichen Lösung zu finden, wo unsere Positionen noch weit auseinander liegen. Aber die Bereitschaft, zusammen danach zu suchen, ist ein wichtiger erster Schritt. 

Aus Sicht des Bundesrats trägt die Partnerschaft mit der EU massgeblich zum Erreichen der drei verfassungsmässigen Ziele der Aussenpolitik der Schweiz bei: den Wohlstand, die Unabhängigkeit und die Sicherheit der Schweiz und ihrer Bevölkerung zu sichern.
Mit anderen Worten: Wohlstand, Unabhängigkeit und Sicherheit sind  untrennbar mit dem bilateralen Weg verbunden.

1.1 Wohlstand

Zuerst zum Wohlstand: Der bilaterale Weg ist heute ein tragender Pfeiler unserer Prosperität. Für Sie als Vertreter der Schweizer Maschinen-, Elektro- und Metallindustrie ist dies evident. Die Studie des Instituts BAK Basel, die heute Morgen den Medien vorgestellt wurde, untermauert dies: 59 Prozent der Exporte der Maschinen-, Elektro- und Metallindustrie gehen in den EU-Raum; diese verdient jeden zweiten Franken im Austausch mit der EU. Jeder zweite Arbeitsplatz ist direkt oder indirekt von den Beziehungen mit der EU abhängig. 

Eine Art bilateraler Weg zur Sicherung des Wohlstands in der Schweiz wurde gewissermassen schon in den 50er Jahren eingeschlagen, nach der Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl: zuerst durch sektorielle Abkommen, die ausgebaut und zu Beginn des 21. Jahrhunderts um weitere Dimensionen verstärkt und weiterentwickelt wurden – zu dem, was man den bilateralen Weg nennt.

Die über hundert bilateralen Abkommen sind Ausdruck der vielfältigen Beziehungen unseres Landes zur EU. Diese Beziehung war nie statisch, sondern immer dynamisch und an die sich verändernden Bedürfnisse und Rahmenbedingungen angepasst. Denn die EU ist eine dynamische Konstruktion, und auch der EU-Binnenmarkt entwickelt sich laufend.

Wenn diese Anpassungen ausblieben, waren die wirtschaftlichen Konsequenzen sofort spürbar – wie in den 1990er-Jahren. Dieses Jahrzehnt ist einigen von Ihnen bestimmt noch in Erinnerung, denn es stand nicht gut um die Schweizer Wirtschaft. Von allen vergleichbaren Industriestaaten der OECD stellte die Schweiz betreffend Wachstum in den 1990er Jahren das Schlusslicht dar. Erst mit den Bilateralen I konnte die Schweiz allmählich zu den Nachbarländern aufschliessen und 2004 sogar die Eurozone insgesamt hinter sich lassen. Von 2007 bis 2013 war die Schweiz dann richtig erfolgreich mit einem durchschnittlichen jährlichen Wachstum des Bruttoinlandproduktes um 1,7 Prozent. Deutschland brachte es als Exportweltmeister in derselben Periode nur auf knapp über 1 Prozent.

Der EU-Raum ist zentral für die Schweizer Exportwirtschaft – und umgekehrt ist die Schweiz auch eine wichtige Handelspartnerin der EU:

- Rund ein Drittel der Exporte der Schweiz gehen in unsere Nachbarländer: diese Handelsströme erhalten unsere Industrie am Leben und schaffen Arbeitsplätze für hunderttausende Personen.

- Gut die Hälfte der Importe in die Schweiz stammt aus den vier grossen Nachbarländern. Importe, die für das Leben und die Lebensqualität in unserem Land nötig sind.

- Über 40 Prozent des Aussenhandelsvolumens der Schweiz stammen aus den vier Nachbarländern. Diese Zahl alleine zeigt das riesige Netzwerk an alltäglichen, intensiven Beziehungen zwischen der Schweiz und ihren Nachbarn und vor allem mit den Grenzregionen. Der Austausch überwindet nationale Grenzen, und es entstehen Lebens- und Handelsräume. Aus den Grenzen werden – ich sage es auf Französisch – „des coutures plutôt que des coupures“ – also Nähte anstatt Risse. Allein das Volumen des Handels der Schweiz mit dem Bundesland Baden-Württemberg ist gleich hoch wie das Handelsvolumen der Schweiz mit den USA.

- Die Schweiz trägt in gewaltigem Ausmasse zur Beschäftigung und zum Wohlstand in der EU bei – beinahe 300'000 Grenzgänger leben in der EU und finden in der Schweiz ein Einkommen. Es sind Männer und Frauen, die diese Beziehungen bereichern und die dazu beitragen, dass die Nachbarregionen gegenseitig von geteilten menschlichen und wirtschaftlichen Ressourcen profitieren. Natürlich bringt diese Nähe auch gewisse Herausforderungen, denen wir uns stellen müssen und für die wir Lösungen finden müssen.

- Ein Zehntel der europaweiten Personenfreizügigkeit entfällt auf die Schweiz. 1,3 Millionen Staatsbürger aus EU / EFTA-Ländern wohnen in der Schweiz.

Das sind 1.3 Millionen Leben, Köpfe, Herzen und doppelt so viele Hände, die zum Erfolg der Schweiz beitragen: Nicht zuletzt dank ihnen ist sie ein Erfolgsmodell und eines der reichsten und wettbewerbsfähigsten Länder der Welt mit einem Gesundheitssystem von hoher Qualität, exzellenter Infrastruktur, sehr guten Schulen und einem der höchsten Lebensstandards.

- Die Qualität der Forschung in der Schweiz und in Europa, die der Gesellschaft und der Wirtschaft zugutekommt, hängt direkt vom offenen Austausch zwischen Instituten und Forschenden ab – unabhängig von Landesgrenzen. Die Schweiz bringt dem Forschungsplatz Europa viel. Zum Beispiel bei den sogenannten „Flagship-Projekten“. Die europäische Kommission will damit grosse, ambitiöse und visionäre Forschungsinitiativen mit grossen Geldsummen fördern. Bei der letzten Vergabe 2013 standen sechs Projekte in der engeren Auswahl; drei davon wurden von einem in der Schweiz tätigen Forschenden geführt, bei zwei weiteren waren Schweizer Forschende an vorderster Front dabei.
 
Abkommen, die im Bereich der Innovation und Forschung den Austausch zwischen der Schweiz und der EU fördern – von Erasmus bis „Horizon 2020“ – leisten einen zentralen Beitrag dazu, den Spitzenplatz der Schweizer Forschung zu sichern.

- Schliesslich erinnern wir die EU regelmässig daran, dass sie in diesem regen Austausch einen Handelsbilanzüberschuss erzielt – 2014 betrug er über 44 Milliarden Euro. Im Vergleich macht die EU im Handel mit China ein Defizit von 138 Milliarden Euro. Die Schweiz ist also eine zuverlässige Wirtschaftspartnerin der EU und folglich ist es nur normal, regelmässig die Qualität der Beziehungen mit ihr zu pflegen.
Alle diese Fakten und die vielfältigen menschlichen Kontakte im Alltag unterstreichen die Intensität der Beziehung und deren Wichtigkeit für beide Seiten.

Die bilateralen Verträge beflügeln auch die Schweizer Wirtschaft, indem sie ihren Unternehmen einen vereinfachten Zugang zu verschiedenen Aspekten des Binnenmarktes gewähren. Das Abkommen über den Abbau technischer Handelshemmnisse zum Beispiel oder jenes über landwirtschaftliche Verarbeitungsprodukte schaffen einen geeigneten, massgeschneiderten Rahmen, um den Wohlstand in unserem Land zu sichern.

1.2 Unabhängigkeit

Zweitens: die bilateralen Verträge sichern unsere Unabhängigkeit. Die Globalisierung ist heute weit fortgeschritten. Für kein Land auf der Welt ist es heutzutage noch möglich, völlig eigenmächtig und ohne Rücksicht auf andere Entscheide zu fällen.

Souveränität und Unabhängigkeit bedeuten, dass die Schweizer souverän und unabhängig über ihr Schicksal und – zum Beispiel – auch frei und unabhängig über den europapolitischen Kurs entscheiden.  Die Schweiz entscheidet selbst, wie der bilaterale Weg weitergehen soll; sie entscheidet selbst, „wieviel Europa sie braucht“.

Die Verhandlungen mit der EU basieren immer auf Verhandlungsmandaten, die nach breiter Konsultation bei den Aussenpolitischen Kommissionen, den Kantonen und manchmal auch bei den Sozialpartnern verabschiedet wurden.

Verhandelt wird mit der EU in gegenseitigem Respekt und auf Augenhöhe – denn mit den engen Beziehungen Schweiz-EU wird auch der gegenseitigen Unabhängigkeit beider Seiten Rechnung getragen. Wir sind keine „Rosinenpicker“, wie es manchmal heisst. Die Schweiz als unabhängiger Staat hat Rechte und gerechtfertigte Erwartungen, die sie in die Verhandlungen einbringt; genau wie die Gegenseite. Ist man sich nicht einig, wird kein Vertrag abgeschlossen.

Der bilaterale Weg ist somit die einzige politische Handlungsoption in Bezug auf die EU, die uns gleichzeitig erlaubt, unabhängig zu bleiben und unseren Wohlstand zu sichern.

1.3 Sicherheit

Schliesslich stellen unsere Beziehungen zu Europa auch einen Beitrag zu unserer Sicherheit dar: Die Schweiz – und nicht zuletzt ihre Wirtschaft – hat ein Interesse daran, dass auf dem europäischen Kontinent Stabilität und Sicherheit herrschen. Der europäische Einigungsprozess hat dem über Jahrhunderte hinweg krisengeschüttelten Kontinent einen langjährigen Frieden gebracht. Dafür wurde die EU 2012 mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet.

Frieden und Sicherheit – in wirtschaftlicher, sozialer aber auch materieller Hinsicht – müssen immer wieder aufs Neue gefestigt werden.
Gerade heute, da wir in einer instabilen Welt leben und in vielen Regionen und auf einigen Kontinenten Krisen, Kriege und Elend vorherrschen. Wir sehen gegenwärtig in der Ukraine oder in der arabischen Welt, dass selbst vermeintlich stabile Länder zu Krisenherden werden können. In einer Welt, die unberechenbarer, instabiler und gefährlicher wird, hat die Schweiz ein grosses Interesse daran, sich für Frieden und Stabilität in Europa und darüber hinaus zu engagieren.

Die Schweiz unterstützt ein sicheres, friedliches und stabiles Europa und spielt dabei als Nicht-Mitglied der EU eine besondere und wichtige Rolle, die sowohl den EU-Staaten wie uns selbst dient. Unsere OSZE-Präsidentschaft im letzten Jahr hat dies deutlich unterstrichen: als neutraler Staat ausserhalb der EU konnte die Schweiz in der Ukrainekrise glaubwürdig zwischen den einzelnen Parteien vermitteln und eine Rolle einnehmen, die sowohl von Russland als auch von den grossen europäischen Ländern und den USA respektiert wurde.

Dass dieses Engagement auf die Dauer ausgelegt ist, hat die Schweiz mit dem gestrigen Hilfskonvoi in die Ostukraine gezeigt: 300 Tonnen chemische Produkte zur Wasseraufbereitung wurden von der Schweiz in die Notleidende Region geliefert um 3,5 Millionen Menschen mit Trinkwasser versorgen.  Die Schweiz ist vor Ort präsent, und zwar auf beiden Seiten der Kontaktlinie.

Die Verantwortung für die Sicherheit auf unserem Kontinent und in der Welt zu übernehmen, ist auch das Ziel der Kandidatur der Schweiz für einen Sitz im UNO-Sicherheitsrat. Wir stärken durch dieses Engagement die Glaubwürdigkeit unserer Aussenpolitik.
Aus diesem Grund ist der Beitrag der Schweiz zu Frieden und Sicherheit neben der Pflege und dem Ausbau der Beziehungen zur EU unsere zweite grosse aussenpolitische Priorität.

2. Wohin gehen wir?

Sehr geehrte Damen und Herren,

Werfen wir einen Blick in die Zukunft: wohin gehen wir? Der Austausch zwischen der Schweiz und der EU trägt zu unserem Wohlstand, zu unserer Unabhängigkeit und zu unserer Sicherheit bei. Damit dies auch in Zukunft so bleibt, ist die Wirtschaft, sind die Unternehmen auf Rechtssicherheit angewiesen. Gerade Rechtssicherheit ist ein wertvolles Gut in der heutigen Welt, das nicht selbstverständlich ist .

Die Politik wie auch die Wirtschaft sind hier in der Pflicht. Wir tragen eine gemeinsame Verantwortung.

Denn wenn die Lage für die Unternehmen zu unsicher ist, werden die Investitionen in der Schweiz ausbleiben, oder sie werden anderswo getätigt. Doch wir wollen auch in Zukunft hochwertige Schweizer Produkte und nicht Jobs oder Firmen exportieren!

Um Wohlstand, Unabhängigkeit und Sicherheit der Schweiz auch für die kommenden Generationen zu sichern, müssen die Rahmenbedingungen des bilateralen Wegs ständig neuen Gegebenheiten und Herausforderungen angepasst werden. Der Wille der Stimmbürger, die Zuwanderung besser zu kontrollieren, stellt eine solche Herausforderung dar.

Denn dieser Wille ist nicht mit dem Personenfreizügigkeitsabkommen mit der EU vereinbar, wie der Bundesrat schon vor der Abstimmung betont hatte.  Trotzdem suchen wir aktiv eine Lösung, um sowohl dem Volkswillen gerecht zu werden als auch den bilateralen Weg zu sichern.  Für die Politik bedeutet dies, geschickt und hartnäckig zu verhandeln und Gesetze zu erlassen, damit das Gleichgewicht gemäss dem Volkswillen erhalten bleibt.

Die Wirtschaft trägt zum Wohlstand der gesamten Gesellschaft bei. Sie bietet Perspektiven für jede und jeden in unserem Land.
Insbesondere bei der Mobilisierung des inländischen Potentials kann sie mit gutem Beispiel voran gehen. Mit dieser bewussten Förderung zeigt sie auch eine Alternative  zum Modell, immer neue ausländische Arbeitskräfte ins Land zu holen.

Ich werde anschliessend Lernende aus der Maschinen-, Elektro- und Metallindustrie treffen. Diese wissen, dass die Fertigkeiten und das Wissen, das sie während ihrer Lehre sammeln, gefragt sind und ihnen Perspektiven eröffnen. Genau deshalb funktionieren bei uns Bildung und Arbeitsmarkt als richtige Integrationsmaschine: Sie geben jedem einzelnen gesellschaftliche und berufliche Verantwortung sowie geistige und materielle  Freiheit.

Wenn ich im Ausland bin, werde ich diesbezüglich immer wieder mit Be- und Verwunderung gefragt, wie es die Schweiz denn mache, um eine so gute Integration zu erreichen und eine tiefe Jugendarbeitslosigkeit zu haben. Die Antwort sitzt hier im Saal: die Integration funktioniert dank Ihnen, meine Damen und Herren, dank den Sozialpartnern, dank dem Verantwortungsbewusstsein der Schweizer Wirtschaft und der Bevölkerung. Dafür gebührt Ihnen ein herzliches Dankeschön!

Der Bundesrat verfolgt ein Ziel auf mehreren Ebenen: Die Migration soll eigenständig und besser gesteuert werden, das Freizügigkeitsabkommen mit der EU soll neu verhandelt werden und der bilaterale Weg soll mit einem institutionellen Abkommen erneuert werden. Deshalb will der Bundesrat eine Lösung erarbeiten, welche die Umsetzung der neuen Verfassungsbestimmungen zur Zuwanderung gewährleistet und den bilateralen Weg sichert.

3. Der Weg in die Zukunft: Institutionelles und Art. 121a BV

Meine Damen und Herren,

Ich habe Ihnen dargelegt, wo wir heute dank der bilateralen Verträge stehen und wo wir in Zukunft stehen wollen. Der Weg in diese Zukunft führt über die Lösung der institutionellen Fragen  und über die Umsetzung des Artikels 121a der Bundesverfassung, der die Zuwanderung besser regeln will.

Die moderne Geschichte der Schweiz zeigt: Bisher hat es unser Land immer geschafft, erfolgreich mit seinen Nachbarn und den Partnern umzugehen. Diese Fähigkeit muss sich die Schweiz erhalten – in einer zunehmend vernetzten und globalisierten Welt.

Die nächsten zwei Jahre werden gerade bezüglich der Europapolitik zeigen, wie geschickt und souverän die Schweiz diese Vernetzungen auch zu ihren Gunsten nutzen kann.

3.1  Lösung der institutionellen Fragen…

Zuerst der Weg zur Lösung der institutionellen Fragen: Wenn wir den bilateralen Weg erhalten und mit neuen Abkommen wie zum Beispiel zum Strommarkt oder zu Finanzdienstleistungen ergänzen und stärken wollen, dann braucht es einen institutionellen Rahmen. Denn der Weg der bilateralen Vereinbarungen hat nicht ausgedient, im Gegenteil.

Der EU-Rat selbst hat in seinen Schlussfolgerungen vom Dezember 2014 festgehalten, dass der bilaterale Weg eine Zukunft hat, begleitet und gestärkt durch eine  umfassende und ambitionierte Reform – in Form eines  institutionellen Abkommens.

Der Status Quo, der Stillstand, meine Damen und Herren, kann keine Alternative sein. Sie kennen das, wenn man in einem stehenden Zug sitzt und der Zug auf dem Gleis nebenan losfährt. Der eigene Stillstand bedeutet gewissermassen, dass man zurückfällt. Genauso ist es auch beim bilateralen Weg. Deshalb verhandeln wir mit der EU seit mehr als einem Jahr über ein institutionelles Abkommen. Um den bilateralen Abkommen ein Dach zu verpassen.

Die Verhandlungen über das institutionelle Abkommen haben gute Fortschritte erzielt.

Im Bereich der Rechtsübernahme haben wir uns darauf geeinigt, die Rechtssicherheit zu erhöhen, indem wir dynamisch – aber nicht automatisch – relevantes EU-Recht übernehmen können.

Im Bereich der Rechtsauslegung haben sich die zwei Parteien darauf geeinigt, dass die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäische Union EuGH bei der Auslegung des übernommenen EU-Rechts massgeblich sein soll. Damit wird die Rechtssicherheit für die Marktteilnehmer bei der Anwendung der Abkommen in Rechtsverfahren ausgebaut und verbessert.

Für die Schweiz ist hingegen klar, dass der darauf folgende Entscheid politisch bleiben muss und innerhalb des gemischten Ausschusses über die Umsetzung dieser Interpretation entschieden werden muss.

Für die Überwachung haben wir uns darauf geeinigt, dass  die Schweiz ihre Abkommen selbst überwacht und die EU die Abkommen auf ihrem Territorium.

Für den Abschluss der Verhandlungen ist die Lösung der offenen Fragen im Zusammenhang mit dem Streitbeilegungsverfahren entscheidend. Zurzeit sind wir uns dort nicht einig.

Eine Lösung dürfte aber ohne Überwindung der bestehenden Differenz zwischen der Schweiz und der EU im Dossier der Personenfreizügigkeit kaum möglich sein.

3.2 …und Umsetzung Art 121 a BV…

Damit komme ich zur Umsetzung des Zuwanderungsartikels der Bundesverfassung. Der Bundesrat hat gestern die aktuellen Dossiers in der Europapolitik besprochen.

Er tut dies regelmässig, um seine Strategie je nach Bedarf an die jüngsten Entwicklungen anzupassen. Der Bundesrat ist der Verfassung verpflichtet, und er will den Volksentscheid vom 9. Februar 2014 umsetzen. Der Bundesrat ist aber der ganzen Verfassung verpflichtet, die auch die Wahrung der Unabhängigkeit des Landes und die Garantie der Wohlfahrt verlangt.

Deshalb verfolgt er bei der Umsetzung der neuen Verfassungsbestimmungen zur Zuwanderung ein Ziel: Die Zuwanderung in die Schweiz besser und selbständig zu steuern und den bilateralen Weg zu sichern – und das unter Wahrung der Gesamtinteressen unseres Landes.

Der Bundesrat geht bei der Umsetzung der Initiative verantwortungsbewusst Schritt für Schritt vor. Momentan werden die Ergebnisse der Vernehmlassung zur Revision des Ausländergesetzes zusammengetragen. Auch Ihr Verband hat sich dazu geäussert. Swissmem vertritt – ähnlich wie andere Wirtschaftsverbände – die Auffassung, der vom Bundesrat präsentierte Gesetzesentwurf trage dem Verfassungsauftrag, das gesamtwirtschaftliche Interesse zu berücksichtigen, nur ungenügend Rechnung. Denn jede Verschlechterung des Zugangs zu Europa gehe zulasten des Werkplatzes Schweiz und seiner Arbeitsplätze. Ihr Verband bedauert zudem, dass im Gesetzesentwurf das Schutzklausel-Modell nicht enthalten ist.

Dazu kann ich festhalten, dass der Bundesrat weiterhin verschiedenste Optionen prüft, um im Interesse der Schweiz und der Gesamtwirtschaft die bestmöglichste Lösung zu finden. Im nächsten halben Jahr wird es nun darum gehen, die Botschaft zum Ausländergesetz zu verfassen und zuhanden des Parlaments zu verabschieden.

Gleichzeitig gehen die intensiven Konsultationen zwischen der Schweiz und der EU und ihren Mitgliedstaaten wie gesagt weiter.
Die Bundespräsidentin hat sich in den letzten Stunden mit dem Präsidenten der europäischen Kommission darauf geeinigt, dass es wichtig ist, in den kommenden Monaten verschiedene Optionen zu vertiefen.

Ziel dieser Optionen ist es, den Willen zur besseren Kontrolle der Zuwanderung mit dem Personenfreizügigkeitsabkommen in Einklang zu bringen. Der Bundesrat ist der Ansicht, dass dieser Weg, der vom neuen Verfassungsartikel verlangt wird, weiterverfolgt werden soll. Um dabei seine Erfolgsaussichten zu erhöhen, hat der Bundesrat beschlossen, eine Verhandlungsstruktur zu schaffen, in der ein Chefunterhändler sämtliche Wir werden diesen Sommer die neue Verhandlungsstruktur bestimmen.

Der Bundesrat wird weiterhin regelmässig den Stand der Arbeiten bei der Umsetzung diskutieren und sich mit den verschiedenen Partnern dazu austauschen: Mit den Kommissionen des Parlaments, den Kantonen und den Sozialpartnern.

Wir wollen auch die Kontakte mit den Mitgliedstaaten der EU und den den Nachbarstaaten weiter intensivieren.

Der Bundesrat hat den eingeschlagenen Weg gestern damit bestätigt. Mit dieser Herangehensweise wollen wir Wohlstand und Unabhängigkeit zu sichern, ohne eines zugunsten des anderen opfern zu müssen. Natürlich ist der eingeschlagene Weg steinig und lang. Wie jeder Pfad, der auf hohe Berge führt.

4. Schlussfolgerungen

Meine Damen und Herren,

Die Zukunft unseres Kontinents ist offen. Natürlich gibt es Unsicherheiten: Wird Europa im Konzert der Grossen und der aufstrebenden Erdteile immer mehr an Bedeutung verlieren? Wohin wird der Weg der Europäischen Union führen? Welche europäische Sicherheit wollen wir in Zukunft gemeinsam aufbauen?

Diese Fragen stellen sich heute mehr als vor einigen Jahren. Grenzen werden verschoben, junge Leute aus Europa ziehen in Kriege, nicht nur, aber auch, weil ihnen andere Perspektiven in Europa fehlen. Viele Jugendliche in den südlichen EU-Ländern finden keine Arbeit, haben schlechte Aussichten für das Leben, das vor Ihnen liegt. 

Die Entscheidungen, die wir in den kommenden Jahren treffen müssen, sind von grosser Tragweite für die Zukunft unseres Landes. Diesen Weg müssen wir geeint gehen; die Schweiz muss geeint bleiben; das gehört zu ihrer Identität.

Dank von Herzen für Alles, was Sie für unser Land tun.


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Ultima modifica 29.01.2022

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