«Die Pionierrolle der Schweiz ist international anerkannt»
Die Schweiz hat ein Restitutionsabkommen mit Peru und Luxemburg unterzeichnet. Auf Schweizer Seite werden 16,3 Millionen Dollar an die peruanischen Behörden zurückgeführt. Dabei handelt es sich um illegale Vermögenswerte, die Vladimiro Montesinos in der Schweiz angelegt hatte, als er Chef des peruanischen Geheimdienstes war. Corinne Cicéron Bühler, Direktorin der Direktion für Völkerrecht (DV), erklärt, warum dieses Abkommen wichtig ist.
Corinne Cicéron Bühler ist seit dem 9. Mai 2018 Direktorin der Direktion für Völkerrecht des EDA. © Keystone
Der Bund restituiert mehr als 16 Millionen Dollar nach Peru. Ist dies eine gängige Praxis in der jüngeren Geschichte der Schweiz und anderswo auf der Welt?
Die Schweiz verfolgt schon lange eine proaktive Politik im Umgang mit illegalen Geldern von ausländischen politisch exponierten Personen (PEP) – dies sowohl als bedeutender internationaler Finanzplatz ebenso wie als engagierte Akteurin in der Korruptionsbekämpfung. Seit dem Fall des ehemaligen philippinischen Präsidenten Marcos im Jahre 1986 entwickelte die Schweiz ihr Dispositiv zur Abwehr, zur Sperrung und zur Rückführung von illegalen PEP-Geldern kontinuierlich weiter. Das Thema liegt mir besonders am Herzen, weil ich es seit Ende der 1990er Jahre, als ich als junge Mitarbeiterin bei der DV begonnen hatte, bis heute als Direktorin aktiv verfolge. Die Schweizer Praxis ist innovativ und hat uns ermöglicht, in den vergangenen 30 Jahren über 2 Milliarden Dollar an die Herkunftsstaaten zurückzuführen. Die Pionierrolle der Schweiz im Bereich der Rückführung von illegalen Geldern von PEP ist international anerkannt.
Warum sind Restitutionsverfahren oft langwierig und komplex?
Wie der Fall Montesinos zeigt, handelt es sich bei Restitutionsfällen um Korruptionsfälle mit internationaler Dimension, an denen PEP beteiligt sind. Diese Fälle sind komplex, weil die Straftaten im Ausland begangen wurden und sich die Beweise und Zeugen daher oft auch im Ausland befinden. Der Erfolg bei dieser Art von Verfahren hängt also nicht allein von der Schweiz ab. Er hängt vor allem von der guten Zusammenarbeit zwischen den ausländischen und den Schweizer Behörden ab. In diesem Zusammenhang unterstützt die Schweiz das in Basel ansässige International Centre for Asset Recovery (ICAR). ICAR bietet Herkunftsländern technische Unterstützung an. ICAR hat eine langjährige technische Zusammenarbeit mit den peruanischen Justizbehörden entwickelt und massgeblich dazu beigetragen, dass Peru die im Hinblick auf eine Restitution notwendigen Justizentscheide fällen konnte.
Im Weitern gilt, dass Justizverfahren die Prinzipien der Rechtsstaatlichkeit respektieren müssen. Das bedeutet, dass die an den Verfahren beteiligten PEP das Recht haben, gegen die verschiedenen richterlichen Entscheidungen Beschwerde zu erheben. Dies nimmt entsprechend Zeit in Anspruch. Um Gerechtigkeit wiederherzustellen, ist es wichtig, dass einer PEP, die sich unrechtmässig bereichert hat, dieses Geld in einem rechtmässigen und fairen Verfahren entzogen wird. Veruntreute Gelder können darum nicht einfach über Nacht zurückgegeben werden.
Die Schweiz und ein Drittstaat restituieren gemeinsam Vermögenswerte an einen Herkunftsstaat. Warum ist das so wichtig?
Es ist tatsächlich so, dass die Schweiz das Restitutionsabkommen nicht nur mit dem Herkunftsstaat von veruntreuten Geldern, sondern auch mit einem Drittstaat, in diesem Fall Luxemburg, unterzeichnet. Diese tripartite Konstellation ergab sich aus der Tatsache, dass Luxemburg auf der Grundlage eigener Verfahren ebenfalls Gelder des Montesinos-Clans einziehen und an Peru zurückführen konnte. Um Synergien zu nutzen, haben wir uns – also alle drei Staaten – geeinigt, die Restitution gemeinsam zu koordinieren. Die Schweiz hat ein Interesse daran, dass sich die grossen internationalen Finanzplätze verstärkt untereinander koordinieren und die Rückführung gestohlener Gelder gemeinsam angehen. Die Zusammenarbeit mit Luxemburg ist ein konkreter Erfolg in dieser Richtung.
Wo konkret fliessen die Restitutionsgeldern hin und wie sind die drei Staaten zur vorliegenden Restitutionslösung gelangt?
Die Restitutionsgelder aus der Schweiz und Luxemburg (insgesamt rund 26 Mio. Dollar) fliessen in drei peruanische Projekte zur Stärkung des peruanischen Gerichtswesens (Poder Judicial), der Staatsanwaltschaft (Ministerio Público) und des Justizministeriums (Ministerio de la Justicia y Derechos Humanos). Die Projekte konzentrieren sich explizit auf die Bekämpfung der Korruption und der organisierten Kriminalität. Dies bspw. indem die Kapazitäten des Personals in den betroffenen Institutionen gestärkt, interne Abläufe digitalisiert und harmonisiert sowie die Umsetzung der neuen peruanischen Strafprozessordnung beschleunigt wird. Auf diese Weise stärkt die Restitutionslösung die Rechtsstaatlichkeit in Peru und kommt gleichsam der peruanischen Bevölkerung zugute. Die Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) hat Peru bei der Ausarbeitung der erwähnten Projektkonzepte mit Expertise unterstützt. Dadurch konnten die drei Projekte strategisch geschärft und methodisch vereinheitlicht werden.
Die Schweiz wird international anerkannt für ihr Engagement im Bereich der Restitution illegaler PEP-Gelder. Worauf stützt sich diese Glaubwürdigkeit?
Die Schweiz kann sich auf ihre Praxis und auf konkrete Fälle stützen, in denen sie tatsächlich Restitutionen durchgeführt hat. Die Schweiz kann ihre Haltung also auf konkrete Taten stützen und nicht nur auf Wunschdenken. Dies verleiht der Schweiz eine besondere und international anerkannte Glaubwürdigkeit. Auf der Grundlage dieser Glaubwürdigkeit setzt sich die Schweiz in internationalen Foren – und insbesondere im Rahmen der Vereinten Nationen – für die Etablierung von Standards und guten Praktiken im Bereich der Restitution illegaler PEP-Gelder ein.