Eine Karriere in der internationalen Zusammenarbeit: Was bedeutet es, im Feld zu arbeiten

Wenn wir über die berufliche Laufbahn von Séverine Weber und Andrea Inglin sprechen wollen, helfen uns eine Landkarte und Geografiekenntnisse weiter, um ihren Parcours von einem Einsatzland ins nächste zu verfolgen, einem Merkmal der versetzbaren Karrieren im EDA: Alle drei bis vier Jahre steht ein Wechsel des Arbeitsorts an. Am 26. Mai 2023 beginnt der Concours für die drei EDA-Karrieren: Diplomatie, Konsularisches, Betriebsführung und Finanzen (KBF) sowie Internationale Zusammenarbeit. Nachfolgend ein Einblick in letztere.

En Somalie, un groupe de personnes déplacées internes attend, assis par terre.

Séverine Weber hat sich im Laufe ihrer Karriere in der internationalen Zusammenarbeit unter anderem mit dem Thema nachhaltige Lösungen für Vertriebene in Somalia befasst. © EDA

Im EDA gibt es drei versetzbare Karrieren: Diplomatie, Konsularisches, Betriebsführung und Finanzen sowie Internationale Zusammenarbeit. Séverine Weber und Andrea Inglin entschieden sich für die internationale Zusammenarbeit. Während ihres Studiums hätten sie nie gedacht, dass sie eines Tages in Myanmar oder Nicaragua leben würden. Aber beginnen wir von vorn: mit einem Abschied vom Neuenburgersee.

Bei jedem neuen Einsatz ist es, als würde man wieder bei Null anfangen

Séverine Weber auf dem Mount Kenya im Jahr 2019.
Séverine Weber ist derzeit stellvertretende Leiterin der Entwicklungszusammenarbeit in Myanmar. Dieses Bild entstand während ihrer Arbeit am Horn von Afrika, genauer gesagt in Kenia. © EDA

Séverine Weber studierte Literaturwissenschaft an der Universität Neuenburg. Ihr Erasmus-Austausch war wegweisend für ihre Berufswahl. Denn er stärkte ihren Wunsch, in einem multikulturellen Umfeld im Ausland zu arbeiten, und führte zu einem Richtungswechsel: Sie entschied sich für ein Studium in internationaler Politik in Brüssel. Nach einem Hochschulpraktikum bei der Mission der Schweiz bei der EU stand für sie fest, dass sie sich weniger für die Diplomatie als vielmehr für die internationale Zusammenarbeit interessierte, und zwar für die Feldarbeit in Entwicklungsländern. Also brach sie wieder auf, um sich auf die Situation und die Herausforderungen der Arbeit im Feld einzulassen – sich mit anderen Menschen, Geschichten und Kulturen zu verbinden, wie sie diesen Prozess nennt.

Ihre erste berufliche Auslanderfahrung sammelte sie in Kosovo, wo sie als UNO-Volunteer im vom EDA unterstützten UNO-Entwicklungsprogramm (UNDP) arbeitete. «Solche Einsätze eignen sich insbesondere für junge Menschen wie mich, die eher eine Generalistenausbildung haben. Sie bieten einen idealen Einstieg in eine Karriere in diesem Bereich», erklärt sie. Nach ihrem zweijährigen Balkaneinsatz bewarb sie sich erfolgreich für den Concours (früher DEZA-Nachwuchsprogramm bezeichnet). Zuerst wurde sie im Rahmen des UNO-Flüchtlingshochkommissariats nach China und später nach Sri Lanka entsandt. Ihr Einsatz im Norden Sri Lankas kurz nach Kriegsende hat sie besonders berührt und für den Schutz der Zivilbevölkerung nachhaltig sensibilisiert. «Eine traumatisierte Zivilbevölkerung, eine unnachgiebige und wenig kooperative Regierung sowie eine allgegenwärtige Armee prägten unseren Alltag. Wir dokumentierten Missbrauchsfälle und versuchten, weitere zu verhindern», erzählt Séverine Weber.

Séverine Weber spricht mit einer Hirtengemeinschaft in Äthiopien.
Séverine Weber tauscht sich mit einer Hirtengemeinschaft in Äthiopien aus, die wegen der Dürre ihr gesamtes Vieh verloren hat. Die DEZA hatte ein Programm zur Ernährungssicherung vor Ort. © EDA

Es folgte ein Einsatz in Bern als Programmbeauftragte für Westafrika, danach ein vierjähriges Engagement als stellvertretende Regionaldirektorin der DEZA am Horn von Afrika, zu dem Kenia, Somalia und Äthiopien gehören. Sie beschäftigte sich insbesondere mit dem Thema Zwangsvertreibung, das ihr besonders am Herzen liegt. In Somalia gibt es fast drei Millionen Binnenvertriebene. Ihre Situation kann jahrelang anhalten, mit negativen Folgen für die gesamte Bevölkerung. «Wir haben uns für dauerhafte Lösungen für diese Menschen eingesetzt: Wir haben uns mit Regierungen und subnationalen Behörden ausgetauscht, damit diese Menschen als Bürgerinnen und Bürger anerkannt werden, damit sie sich integrieren können und Zugang zu öffentlichen Dienstleistungen erhalten. Wir haben den Privatsektor mobilisiert, um neue Arbeitsplätze zu schaffen», erklärt Séverine Weber.

In Afrika ging es um Migrationsfragen, in Myanmar, wo sie nun als stellvertretende Chefin der internationalen Zusammenarbeit tätig ist, liegt der Fokus auf der Gesundheit. «Was mich an diesem Beruf besonders fasziniert: Bei jedem neuen Einsatz ist es, als würde man wieder bei Null anfangen. Man lernt ein neues Land, neue Themen und ein neues Team kennen», fügt sie bei. Sie wird noch zwei Jahre in Myanmar bleiben. «Das Land erlebt seit dem Militärputsch von 2021 schwierige Zeiten. Den Menschen vor Ort zu helfen, motiviert mich sehr. Wir versuchen, einen kleinen Beitrag zu leisten, damit das Land aus dieser Krise herausfindet», sagt sie.

Multikulturelle und interdisziplinäre Kompetenzen für die Arbeit in schwierigen Kontexten

Portrait von Andrea Inglin.
Andrea Inglin arbeitet derzeit in Bern für die Abteilung Thematische Zusammenarbeit in der Sektion Wirtschaft und Bildung. © EDA

Die Personen, die eine Karriere in der internationalen Zusammenarbeit einschlagen, kommen aus den unterschiedlichsten Bereichen. Welche Eigenschaften man für diese Arbeit mitbringen muss, zeigt u. a. die berufliche Laufbahn von Andrea Inglin, die Wirtschaftswissenschaften studiert hat. So unterschiedliche Auslandeinsätze wie Freiwilligenarbeit in einem Heim für Strassenkinder in Mexiko, ein Praktikum bei der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) in Kirgisistan oder Projektmanagement bei Swissnex in San Francisco überzeugten sie von einer Karriere in der internationalen Zusammenarbeit des EDA. «Es mag banal klingen. Aber was mich nach wie vor motiviert, ist die Tatsache, dass ich mit meiner Arbeit etwas bewirken kann, zum Beispiel Lösungen finden, um Menschen in Armut und in schwierigen Kontexten zu helfen», sagt sie. Bereits während des Studiums interessierte sie sich für Entwicklungsökonomie und entschied sich für einen Master in Entwicklung und Zusammenarbeit an der ETH Zürich. «Ich war die einzige Ökonomin in diesem Studiengang. Es war eine gute Vorbereitung auf meine heutige Arbeit beim EDA, die nicht nur die Fähigkeit erfordert, in interkulturellen, sondern auch interdisziplinären Teams zu arbeiten», meint sie. Nach einem Einsatz in Ghana im Auftrag des Staatssekretariats für Wirtschaft (SECO) betreute sie ab 2015 ein DEZA-Programm in Nicaragua. Bei ihren Einsätzen in verschiedenen Ländern stellte sie fest, dass sie vor allem die Arbeit vor Ort und den Kontakt mit den Menschen schätzte.

Während ihres Einsatzes tauscht sich Andrea Inglin im Rahmen eines Projektbesuchs mit Kakaobauern in Nicaragua aus.
Im Laufe ihrer Karriere hat Andrea Inglin einen Einsatz in Nicaragua absolviert. Im Rahmen eines Projektbesuchs traf sie sich mit Kakaobauern. © EDA

Natürlich sind die Umzüge und Neuanfänge auch stets mit neuen Herausforderungen verbunden: «Man muss im Einsatzland immer wieder neue Netzwerke aufbauen, nicht nur privat, sondern auch beruflich», fährt sie fort. Es braucht also eine grosse Anpassungsfähigkeit, «aber auch viel Geduld, wenn sich die Dinge nicht so schnell verbessern, wie man es gern hätte. Es braucht eine gewisse Bescheidenheit, denn die internationale Zusammenarbeit ist nur ein Teil des Puzzles. Die gewünschten Veränderungen hängen von zahlreichen Faktoren ab», weiss Andrea Inglin. Hinzu kommt das Privatleben: Beruf und Familie zu vereinbaren ist eine grosse Herausforderung. Der Partner oder die Partnerin – oder die Begleitperson im Jargon der versetzbaren Karrieren – sowie die Kinder müssen bereit sein, gewisse Opfer zu bringen und sich in einem sich ständig verändernden Kontext zu behaupten.

Andrea Inglin arbeitet zurzeit in Bern, in der Sektion Wirtschaft und Bildung der Abteilung Thematische Zusammenarbeit. Sie ist für die Privatsektorförderung und die Berufsbildung zuständig. «Ich vertrete die DEZA beim politisch-thematischen Dialog in nationalen und internationalen Fachgremien, bei Veranstaltungen oder im Austausch mit anderen Bundesämtern», erklärt sie. Sie berät auch andere Organisationseinheiten der DEZA in diesen Themenbereichen, zum Beispiel bei der Einführung eines neuen Programms. «Im Feld ist man mit vielen Menschen in Kontakt: nicht nur mit Kolleginnen und Kollegen, sondern auch mit Vertreterinnen und Vertretern internationaler Organisationen oder des Privatsektors, Bäuerinnen und Bauern, Ministerinnen und Ministern, die Projekte besuchen. An der Zentrale in Bern wird anders gearbeitet als im Feld, aber das Ziel bleibt das gleiche: Neue und dauerhafte Lösungen finden, um den Bedürfnissen der Partnerländer und der notleidenden Bevölkerung gerecht zu werden. Dies ist ein Kernelement meiner Arbeit, das mich sowohl im Ausland als auch in Bern nach wie vor motiviert», sagt sie abschliessend.

Concours 2023

Interessieren Sie sich für eine Karriere beim EDA? Dann melden Sie sich bei uns! Die Ausschreibung für die versetzbaren Karrieren Diplomatie – Profil I, Internationale Zusammenarbeit – Profil I und Konsularische Angelegenheiten, Verwaltung und Finanzen dauert vom 26. Mai bis zum 19. Juni 2023. Informieren Sie sich schon jetzt über die Zulassungsbedingungen und -verfahren unter:

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