«Bewegung bedeutet Freiheit»

Ignazio Cassis nutzt die Gelegenheit des Nationalfeiertages, die Schönheit der Schweiz zu entdecken. Im Interview mit dem Sonntagsblick sagt er, wie er die Sensibilisierung der Bevölkerung während einer globalen Pandemie erlebt, wieso Bewegung und Leidenschaft wichtig sind für unser Land, und warum ein gutes Verhältnis mit den europäischen Ländern in unsicherer Zeiten so wertvoll ist.

Fotomontage mit Ignazio Cassis, der in die Kamera schaut, und zwei Sprechblas-Icons mit Fragezeichen und Antwort zur Darstellung eines Interviews.

Ignazio Cassis spricht im Interview mit dem Sonntagsblick über COVID-19, Bewegungsdrang und Leidenschaft, und darüber, wieso es gute Beziehungen zu schützen gilt. © EDA

Zu Beginn der Coronapandemie in der Schweiz waren alle Augen auf das Tessin gerichtet. Der Heimatkanton von Bundesrat Ignazio Cassis wurde besonders hart getroffen – und das zu einer Zeit, als sich viele in der restlichen Schweiz noch nicht allzu viel unter dem neuen Coronavirus haben vorstellen können.

Heute wissen wir, COVID-19 ist eine globale Krise, eine Krise, die keine Grenzen kennt – weder Kantons- noch Landesgrenzen, und eine Krise, die noch lange Teil unseres Alltages sein dürfte. «Das Tessin war von der Pandemie stark betroffen. Das führte zu einer Sensibilisierung der Bevölkerung. Jetzt, wo die Infektionszahlen wieder steigen, bleiben sie hier vergleichsweise tief, weil die Menschen ihr Verhalten angepasst haben», resümiert Ignazio Cassis.

Für mich steht der 1. August 2020 für die Wiederentdeckung des eigenen Landes. Weil wir nicht in die Ferne reisen können, merken wir, in welch wunderbaren Land wir leben.

Trotz angepasstem Verhalten und einer hohen Sensibilisierung, das Coronavirus hat Einfluss auf unseren Alltag, auf unser gesellschaftliches Leben und unseren sozialen Austausch. Gerade auch an einem Tag wie dem 1. August – ein Tag, den wir gerne mit Freunden feiern.

Und natürlich auf die Sommerferien – eine Zeit, in der sich Schweizerinnen und Schweizer regelmässig aufmachen, die Welt entdecken. «Für mich steht der 1. August 2020 für die Wiederentdeckung des eigenen Landes. Die Schweizerinnen und Schweizer reisen in ihrer Heimat umher und entdecken wunderbare Regionen. Weil wir nicht in die Ferne reisen können, merken wir, in welch wunderbaren Land wir leben», so der Bundesrat.

Diese Jungen stehen für mich für die Ameise und ihre Leistung – und so in gewissem Sinne für den Erfolg der Schweiz.

Auch Ignazio Cassis nutzte die Sommerzeit, um die Schweiz zu Fuss zu entdecken, neue Regionen zu erkunden und die Natur zu geniessen. Am 1. August stattete der Vorsteher des eidgenössischen Departementes für auswärtige Angelegenheiten EDA zudem über 400 Jugendlichen im Nationalen Sportzentrum in Tenero einen Überraschungsbesuch ab.

Eine grosse Freude – für Sportlerinnen und Sportler genauso wie für den Bundesrat, der sich ob der Bewegungsfreude und der Leidenschaft der Jugendlichen begeistert zeigt. «Bewegung bedeutet Freiheit und im Falle dieser Sportler auch Leistung und Vorbereitung. Im Tessin erzählen wir uns die Fabel von der Ameise und der Heuschrecke: Die Ameise sorgt im Sommer vor, die Heuschrecke sonnt sich im Gras und leidet dann im Winter. Diese Jungen stehen für mich für die Ameise und ihre Leistung – und so in gewissem Sinne für den Erfolg der Schweiz.»

Die Welt wird unsicherer. Und in einer immer komplizierten und unsicherer werdenden Welt kann sich die Schweiz ein ungeregeltes Verhältnis zur EU eigentlich nicht leisten.

Für den Bundesrat sind die Jugendlichen aber nicht nur wegen ihrer körperlichen Leistung Vorbild, sondern auch wegen ihres Zusammenhaltes. Gerade in schwierigen Zeiten merke man, wie wichtig gute Beziehungen sind. Als Aussenminister habe er das während der COVID-19-Phase selbst erfahren und den Austausch mit den Nachbarstaaten trotz schwierigem Umfeld sehr geschätzt. «Die Grenzen waren zum Glück nie komplett geschlossen. Die ganze Schweiz und insbesondere auch wir Tessiner haben doch gespürt, wie mühsam es ist, wenn der Grenzverkehr plötzlich so stark eingeschränkt wird. Die Pandemie hat gezeigt, wie wichtig die Bewegungsfreiheit für unsere Gesellschaft und unsere Wirtschaft ist.»

Gerade mit Blick auf die Volksabstimmung am 27. September zur Begrenzungsinitiative (BGI) müsse man sich gut überlegen, ob man die bilateralen Beziehungen mit den europäischen Staaten gefährden will. «Die Welt wird unsicherer. Und in einer immer komplizierteren und unsicherer werdenden Welt kann sich die Schweiz ein ungeregeltes Verhältnis zur EU, mit der sie nicht nur erstklassige Wirtschaftsbeziehungen, sondern auch wichtige, gemeinsame Grundwerte verbinden, eigentlich nicht leisten.»

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