Die Schweiz will die Zukunft Afrikas aktiv mitgestalten

Die vom Bundesrat verabschiedete Afrika-Strategie 2025–2028 gründet auf einer langjährigen Partnerschaft zwischen der Schweiz und Afrika. Die Dynamiken auf dem Kontinent wirken sich unmittelbar auf Europa und die Schweiz aus. Die Schweiz hat das wirtschaftliche Potenzial verschiedener afrikanischer Länder erkannt und ist bereit, bei Bedarf ihre Guten Dienste anzubieten oder als Brückenbauerin zu wirken.

20.12.2024
EDA
 Ein Bild einer afrikanischen Hauptstadt, die in der Nacht beleuchtet wird.

Afrika ist ein Kontinent der Gegensätze, was sich an den wachsenden wirtschaftlichen Perspektiven, dem Reichtum an natürlichen Ressourcen, aber auch an den grossen politischen und sicherheitspolitischen Herausforderungen zeigt. © Shutterstock

«Ein prosperierendes Afrika ist von grossem Interesse für die Schweiz und Europa, nicht nur aus wirtschaftlicher Sicht, sondern auch im Hinblick auf die globale Sicherheit und Stabilität», betont Bundesrat Ignazio Cassis. Der Bundesrat hat die neue Afrika-Strategie verabschiedet. Afrika ist ein Kontinent der Gegensätze, was sich an den wachsenden wirtschaftlichen Perspektiven, dem Reichtum an natürlichen Ressourcen, aber auch an den grossen politischen und sicherheitspolitischen Herausforderungen zeigt. Der Kontinent weist zwar ein starkes Wirtschaftswachstum auf und verfügt über eine junge und dynamische Bevölkerung. Er wird aber gleichzeitig durch politische Instabilität, fragile Länder und mehrere regionale Konflikte, wie zurzeit in der Sahelzone, geschwächt. Vor diesem Hintergrund muss die Schweiz Strategien entwickeln, um diese Instabilität nicht nur humanitär zu bewältigen, sondern auch präventiv zu handeln und dabei die Eigenverantwortung der afrikanischen Staaten zu stärken.

Ein prosperierendes Afrika ist von grossem Interesse für die Schweiz und Europa, nicht nur aus wirtschaftlicher Sicht, sondern auch im Hinblick auf die globale Sicherheit und Stabilität.
Ignazio Cassis, Bundesrat

Der Bundesrat hat in seiner Strategie vier thematische Schwerpunkte und fünf geografische Regionen definiert. Die Afrika-Strategie folgt auf die Subsahara-Afrika-Strategie 2021–2024 und ergänzt die noch gültige MENA-Strategie. Im Sinne einer kohärenten Aussenpolitik gegenüber Afrika wurden die Regionen des Kontinents in einer Strategie zusammengefasst.

Die vier Schwerpunkte der Schweiz

Die Afrika-Strategie 2025–2028 folgt den vier Schwerpunkten, die in der Aussenpolitischen Strategie 2024–2027 definiert wurden: Frieden und Sicherheit, Wohlstand und Wettbewerbsfähigkeit, Umwelt sowie Demokratie und Gouvernanz.

Frieden und Sicherheit

Die Förderung von Frieden und Stabilität auf dem afrikanischen Kontinent stellt ein wichtiges Interesse der Schweiz im Zusammenhang mit der Wahrung der eigenen Sicherheit dar. In Fortführung ihrer bisherigen Politik spielt die Schweiz als glaubwürdige Vermittlerin eine Rolle bei der Prävention, Bewältigung und Lösung von Konflikten.

Viele afrikanische Länder, insbesondere südlich der Sahara, leiden unter politischer Instabilität, die durch bewaffnete Konflikte und gewalttätigen Extremismus noch verschärft wird. Diese Herausforderungen führen zusammen mit anderen Faktoren wie schwachen staatlichen Institutionen und ethnischer Diskriminierung zu einer politischen und regionalen Fragilität. Die Folge sind schwere humanitäre Krisen. Die Zivilbevölkerung gerät regelmässig zwischen die Fronten und leidet unter den direkten und indirekten Folgen der Konflikte.

Im Bereich der zivilen Friedensförderung setzt die Schweiz auf ihre Unparteilichkeit, ihre langjährige Erfahrung und ihre anerkannte Expertise. Sie gestaltet ihre Friedenspolitik flexibel und im Einklang mit ihren Interessen und Werten. Die humanitäre Hilfe stellt einen zentralen Pfeiler der Schweizer Aktivitäten in Afrika dar.

Wohlstand und Wettbewerbsfähigkeit

Die Schweizer Wirtschaft interessiert sich zunehmend für Afrika, trotz der Unterschiede zwischen den fünfzig Ländern des Kontinents. Die Unternehmen, die bereits auf dem Kontinent tätig sind, tragen zu einer positiven Wirtschaftsdynamik bei.

Afrika ist ein Kontinent mit einem grossen Wirtschaftspotenzial. Bemerkenswert sind unter anderem das Bevölkerungswachstum und der Reichtum an natürlichen Ressourcen. Die grossen Volkswirtschaften des Kontinents sind wichtige Akteure der Weltwirtschaft. Gleichzeitig stehen sie weiterhin vor wirtschaftlichen und sozialen Herausforderungen.

Die afrikanischen Gesellschaften werden jünger, grösser, digitaler und urbaner. Afrika weist weltweit das schnellste Bevölkerungswachstum auf. Junge Menschen sind ein potenzieller Motor des Wandels und der Entwicklung. Zudem stellen sie einen wichtigen Absatzmarkt dar.

Umwelt

Afrika ist besonders stark von den Folgen des Klimawandels betroffen. Die Klimaerwärmung liegt über dem weltweiten Durchschnitt, was zu häufigeren und intensiveren extremen Wetterereignissen wie Dürren, Hitzephasen und Überschwemmungen führt. Veränderte Niederschlagsmuster verschärfen die Wasserknappheit und verringern die Produktivität der Landwirtschaft, was zu einer Gefährdung der Lebensgrundlagen und der Ernährungssicherheit führen kann.

Der wachsende Wettbewerb um natürliche Ressourcen in bereits fragilen Kontexten stellt eine grosse Herausforderung für die Stabilität, die Sicherheit und die Lebensbedingungen der Bevölkerung dar. Der

Klimawandel wirkt in dieser Hinsicht als Risikomultiplikator, der bestehende politische, soziale, wirtschaftliche und ökologische Stressfaktoren intensiviert.

Die Erhaltung der Ökosysteme und die Reduzierung von Treibhausgasemissionen sind Teil des Engagements der Schweiz in Afrika. Die Schweiz unterstützt in mehreren Regionen Massnahmen zum Risikomanagement von Naturkatastrophen und zur Förderung erneuerbarer Energien, um die Widerstandsfähigkeit lokaler Gemeinschaften zu stärken.

Demokratie und Gouvernanz

Die Schweiz will ihre Position im Bereich der Demokratieförderung festigen. Zu den übergeordneten Zielen gehören die Stärkung der demokratischen Resilienz sowie die Konsolidierung und der Schutz der demokratischen Werte, Prozesse und Institutionen. Diese bestehen in den afrikanischen Staaten zwar, sind aber gefährdet. Um den gegenseitigen Austausch zu fördern und Zusammenarbeitsmöglichkeiten auszuloten, setzt die Schweiz vermehrt auf bilaterale und multilaterale Dialoge.

Die letzten vier Jahre waren in Afrika von negativen Entwicklungen in Bezug auf Demokratie und Rechtsstaatlichkeit geprägt. Damit verbunden waren eine Reihe verfassungswidriger Machtwechsel, häufig unfaire und intransparente Wahlprozesse sowie mitunter umstrittene Verfassungsänderungen, die der politischen Führung zusätzliche Amtszeiten ermöglichten. In zahlreichen Ländern sind derzeit vermehrt autokratische Tendenzen zu beobachten. Diese Veränderungsprozesse führten vielerorts auch zu einer Verschlechterung der Menschenrechtslage und zu politischer Instabilität.

Eine Karte von Afrika, auf der die fünf Schwerpunktregionen der Afrika-Strategie 2025-2028 ausgewiesen sind.
Bei der Umsetzung der Subsahara-Afrika-Strategie 2021–2024 hat sich gezeigt, dass Subsahara-Afrika nicht ohne Nordafrika gedacht werden kann. © EDA

Die fünf Regionen

Die Afrika-Strategie 2025–2028 des Bundesrates unterscheidet sich von den beiden Vorgängerstrategien. Bei der Umsetzung der Subsahara-Afrika-Strategie 2021–2024 hat sich gezeigt, dass Subsahara-Afrika nicht ohne Nordafrika gedacht werden kann. Das gilt beispielsweise für die wirtschaftlichen Verknüpfungen, die Migrationsrouten, die grenzüberschreitenden Flussläufe, die Zusammenarbeit innerhalb der Afrikanischen Union, die Bemühungen um Frieden und Sicherheit in der Sahelzone und im Sudan oder die Interessenlage im Roten Meer. Eine Strategie für den gesamten Kontinent ermöglicht es, diesen Verbindungen Rechnung zu tragen.

Westafrika

Westafrika zeichnet sich durch eine grosse kulturelle, sprachliche, ethnische und religiöse Vielfalt aus. Die Interessen der Schweiz in Westafrika sind breit gefächert und eng mit der geografischen Nähe zu Europa verbunden. Die fragile Sicherheitslage und der gewalttätige Extremismus im Sahel stellen auch für Europa ein Risiko dar. Die Schweiz geniesst in der Region eine hohe Glaubwürdigkeit. Seit über 50 Jahren ist sie mit Diplomatie, Entwicklungszusammenarbeit, humanitärer Hilfe und Friedensförderung aktiv und wird als eigenständige, zuverlässige Partnerin geschätzt.

Ostafrika

Ein Grossteil der Länder Ostafrikas befinden sich in einem politischen und wirtschaftlichen Transitionsprozess. Das bietet einerseits Potenzial für eine mittel- bis langfristig bessere Zukunft für die Menschen, kann aber andererseits bestehende Spannungen und Verteilkämpfe weiter erhöhen. Zur Unterstützung des Transitionsprozesses braucht es eine Stärkung von Rechtsstaatlichkeit, Korruptionsbekämpfung sowie einen geeigneten Umgang mit den tief verwurzelten ethnischen Konflikten.

Die strategischen Interessen der Schweiz in Ostafrika sind vielfältig. Für die Schweiz bieten sich zahlreiche Möglichkeiten für die wirtschaftliche und geografische Diversifizierung sowie die Erschliessung neuer Märkte. Die Schweiz ist unmittelbar von der Migration aus und in dieser Region betroffen. Mit einem dichten Vertretungsnetz und einem auf das Horn von Afrika spezialisierten Team verfügt die Schweiz über ein etabliertes Profil vor Ort. Sie positioniert sich als Brückenbauerin und setzt sich für die Einhaltung des humanitären Völkerrechts und für Rechtsstaatlichkeit ein.

Zentralafrika

Zentralafrika ist eine Region geprägt von anhaltenden inner- und zwischenstaatlichen Konflikten, die die wirtschaftliche und soziale Entwicklung hemmen. Der Kampf um natürliche Ressourcen und die schwache Regierungsführung einiger Länder schaffen ein Klima der Unsicherheit. Wirtschaftlich gesehen hat die Region in den vergangenen Jahren zwar ein bemerkenswertes durchschnittliches Wachstum verzeichnet, dessen Auswirkungen auf die Bevölkerung sind jedoch begrenzt. Zahlreiche Ungleichheiten bestehen fort und die Infrastruktur ist nach wie vor unterentwickelt. Ein hohes Mass an Korruption behindert die nachhaltige Entwicklung zusätzlich.

Die Friedensförderung gehört zu den Prioritäten der Schweiz in Zentralafrika, insbesondere in der Region der Grossen Seen. Dank ihrer Unparteilichkeit und ihrer Expertise in der Mediation kann die Schweiz eine Schlüsselrolle bei der Lösung von Konflikten spielen. Die Entwicklungszusammenarbeit und die humanitäre Hilfe sind etablierte Pfeiler des Schweizer Engagements in Zentralafrika. Angesichts wiederkehrender Krisen nimmt sich die Schweiz mit Projekten in den Bereichen Gesundheit, Ernährung und Schutz der Zivilbevölkerung sowie in der Bürgerbeteiligung den Bedürfnissen der Bevölkerung an.

Südliches Afrika

Das südliche Afrika zeigt sich aktuell relativ stabil. Viele Staaten stehen allerdings grossen gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und ökologischen Herausforderungen gegenüber. Die Schweiz setzt sich – unter anderem aufgrund ihrer langjährigen Beziehungen zu den Staaten der Region – für die Stabilität des südlichen Afrikas ein. Dabei legt sie grossen Wert auf nachhaltige, völkerrechts- und menschenrechtskonforme Tätigkeiten. Im Zusammenhang mit ihrem Potenzial hinsichtlich Ressourcen und erneuerbarer Energien bietet die Region Chancen für neue Kooperationsformen. Um die Zusammenarbeit auf soliden Pfeilern aufzubauen, hat die Schweiz ein Interesse an einer funktionierenden Gouvernanz sowie an der Prävention und Bekämpfung von Korruption.

Nordafrika

Die nordafrikanischen Länder verfügen über ein grosses Potenzial für europäische Märkte und sind für die wirtschaftliche Entwicklung des gesamten Kontinents von strategischer Bedeutung. Viele Schweizer Unternehmen, die ihre Aktivitäten mit dem Subkontinent ausbauen möchten, sind in Nordafrika präsent.

Auch in der Region Nordafrika betreffen die Interessen und der Mehrwert der Schweiz die Themen Frieden und Sicherheit, insbesondere im Zusammenhang mit der angrenzenden Sahelzone. Die Schweiz trägt zur Friedensförderung und Konfliktprävention bei, aber auch zum Schutz der Grundrechte, zur Einhaltung des humanitären Völkerrechts und zur Rechtsstaatlichkeit. Aufgrund ihrer geografischen Lage südlich des Mittelmeers sind die nordafrikanischen Staaten prioritäre Partner für die Schweizer Migrationsaussenpolitik, weshalb in diesem Bereich enge Beziehungen gepflegt werden.

Verstärkung der multilateralen Zusammenarbeit

Afrikanische Institutionen, allen voran die Afrikanische Union (AU), werden für die Entwicklung Afrikas künftig immer wichtiger werden. Die AU hat sich zum Ziel gesetzt, gemäss ihrer Agenda 2063 ein integriertes, wohlhabendes und friedliches Afrika zu schaffen. In den letzten Jahren hat die AU – bzw. mehrere ihrer spezialisierten Agenturen wie die Afrikanische Friedens- und Sicherheitsarchitektur (APSA) oder der Friedens- und Sicherheitsrat (PSC) – neue Initiativen ins Leben gerufen, die auf eine intensivierte Koordination, insbesondere in den Bereichen Gesundheit, Wirtschaft, Klima und humanitäre Angelegenheiten, abzielen.

Die Schweiz ist in Addis Abeba als Beobachterin bei der AU akkreditiert. Die wachsende Bedeutung des afrikanischen Multilateralismus geht unter anderem mit einer geografischen Verbreitung und Vernetzung einher. So tangieren die Initiativen der AU verschiedene aussenpolitische Schwerpunkte der Schweiz. Afrika vereint mehr als ein Viertel der UNO-Mitgliedstaaten, die in gewissen Themen ähnliche Positionen wie die Schweiz vertreten. Zudem nimmt der Einfluss Afrikas in alternativen multilateralen Staatengruppen zu. Zum einen wurden die BRICS-Staaten um Ägypten und Äthiopien erweitert, zum anderen wurde die AU in die G20 aufgenommen. Die Staaten, die sich vermehrt auch prominent zu globalen Entwicklungen einbringen, fordern für Afrika ein erhöhtes Mitspracherecht. Darüber hinaus koordinieren sich zahlreiche afrikanische Staaten verstärkt, beispielsweise im Rahmen der Internationalen Organisation der Frankophonie (OIF) oder der Arabischen Liga.

Agilität und Flexibilität der Afrika-Strategie 2025–2028

Zur Wahrung der grundlegenden Interessen der Schweiz gilt es, in der Anwendung der aussenpolitischen Instrumente flexibel zu bleiben, wo nötig Anpassungen vorzunehmen und die strategische Ausrichtung weiterzuentwickeln. Bei der Umsetzung der Afrika-Strategie 2025–2028 ist Antizipation ein integraler Bestandteil, um dem volatilen Kontext Rechnung zu tragen und das Gleichgewicht zwischen den Interessen der afrikanischen Länder und jenen der Schweiz zu wahren.

Die Schweiz setzt die Afrika-Strategie in einem partnerschaftlichen Sinne um. Sie vertritt ihre Interessen und fördert ihre Werte, indem sie gemäss dem «Whole of Switzerland»-Ansatz mit zahlreichen Schweizer Akteuren zusammenarbeitet. So fördert sie den Aufbau von Partnerschaften und Netzwerken mit Regierungen, Unternehmen, mit der Wissenschaft und mit zivilgesellschaftlichen Organisationen.

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