Schweiz verurteilt jede Form von Rassismus und Antisemitismus

Die Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit hat in den letzten Jahren Projekte mit Islamic Relief Worldwide umgesetzt. Weil die NGO wegen früherer antisemitischer Äusserungen kritisiert wird, hat das EDA die Situation analysiert. Die Prüfung kommt zum Schluss, dass die Geschäftsleitung des Hilfswerkes schnell reagiert hat und sich von antisemitischen Äusserungen distanziert. Die gemeinsamen Projekte sind operationell abgeschlossen.

Ein Lehrer erklärt jungen Männern in einer Landwirtschaftsschule eine Pflanze.

Um die Perspektiven für junge Menschen vor Ort zu verbessern, hat die DEZA die NGO Islamic Relief beim Berufsbildungsprojekt “Enhancing Youth Employability in the Gaza Strip” unterstützt. © IRPAL

Die Zusammenarbeit mit Partnerorganisationen ist ein wichtiger Pfeiler der Schweizer Aussenpolitik. Nachhaltige Entwicklungszusammenarbeit kann nur gemeinsam mit den Menschen vor Ort umgesetzt werden. Die Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) arbeitet dazu mit verschiedenen Organisationen zusammen; unter anderem mit Islamic Relief Worldwide (IRW).

Die NGO ist eines der führenden islamischen Hilfswerke, spezialisiert auf humanitäre Unterstützung in Krisengebieten. Obwohl sich die Organisation als unpolitisch bezeichnet, wird ihr Nähe zu radikalem Islamismus unterstellt. In den letzten Wochen stand das Hilfswerk zudem wegen antisemitischen Facebook-Kommentaren eines IRW-Kadermitarbeiters aus den Jahren 2014/2015 in der Kritik.

Was sagt das EDA zu den Vorwürfen gegen Islamic Relief?

Die Schweiz verurteilt jede Form von Rassismus, Antisemitismus und Aufruf zu Hass oder Gewalt. Unter diesem Aspekt hat das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) 2017 seine Kontrollmechanismen verstärkt; unter anderem mit einer strikten Antirassismus-Klausel und seit 2018 mit einen aktualisierten Code of Conduct. Diese sehen im Falle von Übergriffen eine genaue Prüfung des betreffenden Vorfalls vor und verpflichten die Partnerorganisationen zu adäquaten Massnahmen.

So auch im Falle Islamic Relief: Weil die NGO wegen früherer antisemitischer Äusserungen kritisiert wird, hat das EDA die Situation analysiert. Die Prüfung kommt zum Schluss, dass die Geschäftsleitung des Hilfswerkes schnell reagiert hat und sich von antisemitischen Äusserungen distanziert. Die gemeinsamen Projekte sind operationell abgeschlossen.

Welche Rolle spielt Islamic Relief als internationales Hilfswerk?

Islamic Relief hat sich internationalen als kompetentes humanitäres Hilfswerk islamischer Prägung mit anerkannten Qualitäts- und Managementstandards etabliert. In Zahlreichen schwierigen Arbeitskontexten zeichnen sich Islamic Relief durch eine hohe lokale Akzeptanz aus, was die Organisation zu einem glaubwürdigen und soliden Umsetzungspartner macht.

Diese Kontextkenntnisse und der Zugang waren auch bei der Umsetzung der Projekte der DEZA zentrale Erfolgsfaktoren. Zudem geniesst die Organisation bei internationalen Gebern einen guten Ruf. Islamic Relief wird unter anderem von der EU, von Schweden, den USA und dem Vereinigten Königreich unterstützt.

Was für Projekte setzt das EDA mit Islamic Relief um?

Aktuell laufen keine gemeinsamen Projekte. Die vergangenen Projekte sind operationell abgeschlossen.

Zusammenarbeit am Beispiel von Somalia und dem Sudan

Im Rahmen des Projekts Somalia Health wurde Hilfe bei der medizinischen Grundversorgung von Binnenvertriebenen geleistet und mobile Kliniken in der Region bereitgestellt. Die Gesamtzahl der erreichten Patienten betrug 42’568. Islamic Relief verfügte aufgrund ihrer langjährigen Präsenz in Somalia (seit 1996) über grosse Erfahrung in der Region und war vor Ort gut verankert, mit Büros im ganzen Laden und erfahrenen Mitarbeitenden vor Ort. Bei den humanitären Projekten im Sudan war Islamic Relief eine der wenigen internationalen NGO, welche die Erlaubnis hatten, in Darfur sowie der Jebel Marra Region zu arbeiten.

Was sagt das EDA zu den antisemitischen Äusserungen?

Die antisemitischen Äusserungen eines Kadermitarbeiters aus den Jahren 2014/2015 sind inakzeptabel. Die Geschäftsleitung von Islamic Relief hat schnell reagiert und ein deutliches Zeichen gesetzt: Unmittelbar nach Bekanntwerden der fraglichen Äusserungen hat sich die Geschäftsleitung von ihrem Mitarbeiter und seinen Äusserungen distanziert. Kurze Zeit später ist der Mitarbeiter von all seinen Ämtern zurückgetreten.

Aus Sicht des EDA ist diese Reaktion als positives Zeichen zu werten: Sie zeigt, dass es sich bei den Äusserungen um Fehlleistungen eines Mitarbeiters handeln und nicht der Organisation.

Was sagt das EDA zum Bekanntwerden weiterer antisemitischen Äusserungen?

Es besteht aktuell keine Zusammenarbeit zwischen dem EDA und Islamic Relief. Von den neusten Entwicklungen hat das EDA am 22. August 2020 durch die Kommunikation der Organisation erfahren. Das EDA nimmt mit Bestürzung zur Kenntnis, dass es sich bei den inakzeptablen Äusserungen eines Mitglieds des Stiftungsrats der NGO aus den Jahren 2014/2015 offenbar nicht um einen Einzelfall handelt. Nachdem die Leitung des Hilfswerks am 22. Juli 2020 das betroffene Kadermitglied zum Rücktritt aufgefordert hatte, kam am 17. August 2020 zutage, dass ein weiterer Mitarbeiter sich in den Jahren 2014/15 ebenfalls antisemitisch geäussert hat. Das betroffene Stiftungsratsmitglied hat sich 2017 öffentlich für seine Äusserungen entschuldigt. Die IRW-Geschäftsleitung hat nach Bekanntwerden der ersten Äusserungen in Aussicht gestellt, dass das Prozedere für die Ernennung von Stiftungsratsmitgliedern professionalisiert werde, um solche Fehler in Zukunft zu vermeiden.

Vor diesem Hintergrund ist die jüngste Entwicklung höchst unglücklich – die Reaktion der IRW-Geschäftsleitung, den gesamten Stiftungsrat auszuwechseln, ist die geeignete Massnahme. Da die gemeinsamen Projekte der DEZA operationell abgeschlossen sind, besteht für das EDA aktuell kein Handlungsbedarf.

Trifft das EDA Massnahmen gegen Islamic Relief?

Die Projekte der DEZA in Zusammenarbeit mit Islamic Relief sind operationell abgeschlossen. Es bestehen weder Handlungsbedarf noch Spielraum für administrative oder anderweitige Massnahmen.

Plant das EDA in Zukunft mit Islamic Relief zusammenzuarbeiten?

Das EDA erwartet, dass Islamic Relief geeignete Personalmassnahmen ergreift, die das Vertrauen seiner internationalen Partner als politisch unabhängiges, den humanitären Werten verpflichtetes Hilfswerk wiederherstellen werden. Entscheidend ist, dass sich das Hilfswerk auch in Zukunft von allfälligen diskriminierenden, rassistischen oder antisemitischen Äusserungen sowie von Aufruf zu Gewalt in ihren Reihen klar distanziert. Das EDA verfolgt in dieser Hinsicht eine Null- Toleranz-Politik.

Zudem würden bei einer möglichen zukünftigen Partnerschaft die Auswahl- und Ausschlusskriterien für Partnerschaften mit palästinensischen NGO, welche im Hinblick auf das künftige Kooperationsprogramm «Nahost 2021–2024» vereinbart wurden, zur Anwendung kommen.

Bemerkung: Der Beitrag wurde am 26. August 2020 aktualisiert.

Zum Anfang