Die Volksrepublik China ist die zweitgrösste Volkswirtschaft der Welt. Sie ist das einzige grosse Land, das im Zuge der Covid-19-Pandemie nicht in eine Rezession fiel. Das Entwicklungsmodell Chinas und sein disziplinierter Umgang mit Wirtschaftsfragen ermöglichten es mehreren Millionen Menschen, sich aus der Prekarität zu befreien. Das Land zeigt sich bei der Armutsbekämpfung als Vorbild. Angesichts seiner Fortschritte bei den neuen Technologien, von Robotik bis künstlicher Intelligenz, entwickelt sich China allmählich zur technologischen Grossmacht, auch im Bereich der Umwelt.
Die Schweiz blickt auf siebzig Jahre Zusammenarbeit mit der Volksrepublik China zurück. Sie hat 1950 als einer der ersten Staaten Europas die Volksrepublik China anerkannt. Seither entstanden zwischen den beiden Ländern fruchtbare Wechselbeziehungen, aber auch gegenseitiger Respekt vor den unterschiedlichen politischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Systemen. Bisher prägen ein Freihandelsabkommen, eine strategische Partnerschaft und Dutzende Dialoggefässe die Beziehungen zwischen der Schweiz und China. Obwohl sich diese Beziehungen fortlaufend intensivieren, sind sie in den letzten Jahren doch komplizierter geworden. Wertedifferenzen treten immer häufiger und deutlicher zu Tage. Die beiden Länder pflegen seit jeher einen konstruktiv-kritischen Dialog, der heute die Basis für umfangreiche und gefestigte bilaterale Beziehungen bildet.
Kohärenz als allgegenwärtige Herausforderung
Die Frage der Kohärenz stellt die China-Strategie vor eine Herausforderung. China ist der drittwichtigste Handelspartner der Schweiz, der wichtigste in Asien. Das Land hat sich in den letzten Jahren sowohl wirtschaftlich als auch politisch rasant entwickelt und verfolgt weitreichende geopolitische Ambitionen. Doch hinter der Fassade der wirtschaftlichen Supermacht verbergen sich auch problematische Aspekte. Weil in der chinesischen Innenpolitik autoritäre Tendenzen zunehmen, macht sich die Schweiz weiterhin für die Grundwerte der Schweizer Aussenpolitik stark. Für die Schweiz bleibt das Einstehen für Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Menschenrechte sowie eine liberale internationale Ordnung ein zentraler Bestandteil ihrer Aussenpolitik. «Pioniergeist und Pragmatismus, aber auch das Einstehen für die Interessen und Werte der Schweiz prägen die schweizerische China-Politik seit siebzig Jahren. Sie werden dies auch in Zukunft tun», schreibt Bundesrat Ignazio Cassis.
Gerade in ihrer Chinapolitik kann sich die Schweiz mit Zielkonflikten konfrontiert sehen. Zielkonflikte gehören zur Politik und noch mehr zur Aussenpolitik: Sie sind Ausdruck eines pluralistischen Staatswesens und einer engen Verschränkung von Aussen- und Innenpolitik und sollen transparent angegangen und gelöst werden.