Niger – Bundespräsident Cassis vertieft bilaterale Beziehungen und würdigt die Partnerschaft mit dem IKRK
Auf seiner Reise mit Nationalratspräsidentin Irène Kälin und IKRK-Präsident Peter Maurer in das westafrikanische Land Niger machte Bundespräsident Ignazio Cassis unter anderem in der Stadt Agadez Halt. Die Grossregion ist gezeichnet von einer Migrationskrise, weil sie auf der Durchgangsroute für Flüchtlinge und Schutzsuchende in Richtung Europa liegt. Die Schweizer Delegation besuchte in Agadez ein Zentrum für Migranten und ein vom IKRK finanziertes Projekt, das Menschen mit Behinderungen unterstützen soll.
Bundespräsident Ignazio Cassis, Nationalratspräsidentin Irène Kälin und IKRK-Präsident Peter Maurer besuchten in Agadez ein vom IKRK finanziertes Zentrum für Menschen mit Behinderungen. © EDA
Die Region Agadez im Norden von Niger: Zum UNESCO-Weltkulturerbe gehörend war sie mit ihrem kulturellen Reichtum früher ein Tourismus-Juwel. Heute ist Agadez als Durchgangsstätte von Zehntausenden Migrantinnen und Migranten Schauplatz von Menschen-, Drogen- und Waffenhandel. Pro Jahr passieren rund 250'000 Menschen auf der Flucht oder auf der Suche nach besseren Lebensbedingungen den Niger. Ein Gesetz von 2015 verbietet den Durchgang von Migranten und hat die Anzahl der regulären Migranten reduziert. Die irreguläre Migration konnte damit aber nicht gestoppt werden. Gleichzeitig hat das Gesetz die Existenzgrundlage der Lokalbevölkerung, welche seit Jahrhunderten auf dem Handel quer durch die Sahara basiert, zunichte gemacht.
Hundertausende Menschen sind auf humanitäre Hilfe angewiesen
Not und Leid sind in der Region allgegenwärtig, auch die nigrische Gesellschaft ist betroffen. Für die lokalen Behörden ist die Migrationskrise eine grosse Herausforderung. Das soziale Gefüge und die ohnehin schwachen staatlichen Auffangnetze stehen unter Druck, der gesellschaftliche Zusammenhang bröckelt. 103'000 Menschen sind in der Region auf humanitäre Hilfe angewiesen, fast 20 Prozent der Bevölkerung leiden Hunger. Die Schweiz engagiert sich hier für einen besseren Schutz der Migrantinnen und Migranten. Beim Besuch eines Migrationszentrums konnte sich Bundespräsident Cassis ein Bild der Migrationskrise machen und besuchte Projekte humanitärer Organisationen, die die nigrische Regierung beim Schutz von Migranten unterstützen.
Im Rahmen seiner Reise nach Niger besuchte Bundespräsident Ignazio Cassis am 9. Februar 2022 Agadez. Der EDA-Vorsteher machte sich vor Ort ein Bild von der Migrationskrise und von der fruchtbaren Partnerschaft der Schweiz mit dem Internationalen Komitee vom Roten Kreuz (IKRK). «Der Schutz der Schwächsten ist für die Schweiz zentral», sagte Bundespräsident Ignazio Cassis.
Chancen in Afrika nutzen
Wegen dem rasanten gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und politischen Wandel steht Afrika im Zeichen neuer Chancen. So hat auch Niger bei den Präsidentschaftswahlen 2021 den ersten demokratischen Machtwechsel seit der Unabhängigkeit des Landes erlebt. Der Staat zeichnet sich, im Gegensatz zu anderen Staaten in der Sahelzone, durch eine relative politische Stabilität aus. Diese positive Entwicklung würdigte der Bundespräsident während seiner Niger-Reise unter anderem auch bei seinem Treffen mit dem nigrischen Präsidenten Mohamed Bazoum am 7. Februar 2022. Aufgrund bewaffneter Konflikte in den Grenzregionen, Armut, Ungleichheiten und wiederkehrenden Hungerkrisen sind die Herausforderungen aber nach wie vor gross. Seit 1978 lindert die Internationale Zusammenarbeit der Schweiz in Niger Not und Armut und trägt zu einer nachhaltigen Entwicklung im Sinne der Agenda 2030 bei. Die Subsahara-Afrika-Strategie 2021‒2024 der Schweiz ist darauf ausgerichtet, die Chancen, die Afrika bietet, zu nutzen und die Herausforderungen anzugehen. Die Sahelzone ist eine Schwerpunktregion der Strategie, und damit auch Niger.
Soziale Ausgrenzung von Menschen mit Behinderung verringern
Ein Leben mit einer Behinderung bedeutet in Niger, wie auch in vielen anderen Staaten Afrikas, ein Leben in sozialer Ausgrenzung. Trotz Fortschritten in der nigrischen Gesetzgebung, um Menschen mit Behinderung in die Gesellschaft einzugliedern, sind sie noch immer stigmatisiert. Staatliche Mittel zu ihrer Unterstützung fehlen.
In der Region Agadez besuchte die Schweizer Delegation um Bundespräsident Cassis ein vom IKRK finanziertes Zentrum , das Menschen mit einer Behinderung hilft, ihre Mobilität zu verbessern und berufliche Fertigkeiten zu erlernen. Menschen mit Mobilitätseinschränkungen haben die Möglichkeit, Prothesen und Rollstühle zu beziehen. Das eigens dafür eingerichtete Rehabilitationszentrum bietet zudem Ausbildungsmöglichkeiten, unter anderem im Textil- und Metallhandwerk, an. Die Menschen können so wieder Fuss in der Gesellschaft und im Berufsleben fassen.
«Das IKRK ist der wichtigste humanitäre Partner der Schweiz, in Niger und auf der ganzen Welt», sagte Bundespräsident Ignazio Cassis. «Wir schätzen die Partnerschaft mit dem IKRK, die auf gemeinsamen Werten und unserer humanitären Tradition basiert.» Angesichts der vielfältigen Herausforderungen in Niger verfolgt die Schweiz einen breiten Ansatz: Sie verbindet Entwicklungszusammenarbeit, humanitäre Hilfe und Friedensförderung. Damit nutzt die Schweiz das Potenzial der verschiedenen Bereiche und steigert langfristig die Fähigkeit eines Staates und seiner Bevölkerung, Krisen ohne fremde staatliche Hilfe zu bewältigen.
Die Schweiz und das IKRK – eine starke Partnerschaft
Seit 1863 schützt das im internationalen Genf ansässige IKRK weltweit das Leben und die Würde der Opfer von bewaffneten Konflikten und leistet Hilfe. Die neutrale und unabhängige Organisation leitet ihr Handeln aus den Genfer Konventionen von 1949 ab. Sie bilden die Grundlage des humanitären Völkerrechts. Die international anerkannten Genfer Konventionen sind eine der grössten Errungenschaften des Multilateralismus. Jeden Tag retten sie Leben und tragen dazu bei, Leid in bewaffneten Konflikten zu verringern; sie sind ein echtes Instrument für den Frieden.
Die Schweiz und das IKRK teilen dieselben humanitären Ziele und Werte. In einem Memorandum of Understandig 2013 (erneuert 2017) festigte das EDA gemeinsam mit dem IKRK ihre strategische und operative Zusammenarbeit. Die Schweiz ist mit mehr als 150 Millionen Franken pro Jahr der drittgrösste Geldgeber des IKRK.
Das Engagement der Schweiz und jenes des IKRK ergänzen sich häufig. So stellt das EDA dem IKRK auf Anfrage Mitglieder des Schweizerischen Korps für humanitäre Hilfe (SKH) zur Verfügung.